Der Journalist Freddie Röckenhaus, der für die „Süddeutsche Zeitung“ über Borussia Dortmund berichtet – gerne auch mal kritisch – hat für die aktuelle Wochenendausgabe einen exzellenten Artikel zum Verhältnis der TSG Hoffenheim zu ihren Kritikern geschrieben und diesen mit interessanten Zahlen angereichert. Die ausgesprochen dünnhäutigen Reaktionen auf Kritik am Modell Hoffenheim oder den handelnden Personen haben bekanntlich schon Tradition, ebenso das fehlende Verständnis für Mechanismen der Fankultur. Der Artikel führt einem die überzogenen Aussagen aus Reihen der TSG noch einmal vor Augen.
Als der Mainzer Manager Heidel das Modell Hoffenheim kritisierte und es bedauerte, dass so ein Verein einen der Plätze im Profifußball besetzt, reagierte Dietmar Hopp mit einem Protest-Rundschreiben, das nicht nur an den FSV-Präsidenten Strutz, sondern auch an diverse Funktionsträger des deutschen Fußballs gerichtet war. Hopps Erfüllungsgehilfen, Manager Schindelmeiser und Trainer Rangnick, liegen voll auf Linie. Schindelmeiser bezeichnete BVB-Geschäftsführer Watzke nach den Beleidigungen Hopps durch Dortmunder Fans als „Brandstifter“. Rangnick forderte sogar allen Ernstes lebenslange Stadionverbote (sic!) für solche Beleidiger und Punktabzüge für die jeweiligen Vereine. Kein Wort verloren die Hoffenheimer Verantwortlichen meines Wissens darüber, dass Roman Weidenfeller in Sinsheim wiederholt mit Feuerzeugen und Münzen beworfen wurde.
Schindelmeiser schwingt im Fernseh-Interview implizit die „Enke-Keule“, in dem er die Aussagen von Watzke in Kontrast zu dem allseits angemahnten besseren Umgang miteinander setzt. Kritik an Hoffenheim wird somit zur Hetze stilisiert, die die empfindlichen Hoffenheimer Gemüter schädigen könnte. Ich will die größten Entgleisungen der BVB-Fans nicht bagatellisieren, aber wer selber mit rabiatem Vorgehen und Äußerungen gegen Kritiker zu Felde zieht, macht sich unglaubwürdig. Kritik muss erlaubt bleiben, scharfe und zugespitzte Kritik gehört seit jeher zur Fankultur, reine Beleidigungen sollte man natürlich bleiben lassen.
Ich fand die Äußerungen von Watzke auch überflüssig – sowohl die zu Hoffenheim als auch jene zur „Verursachergerechtigkeit“ bei den Fernsehgeldern. Röckenhaus liefert in seinem Artikel unter Berufung auf anonyme Quellen bei SKY die Zahlen zu Watzkes Argumentation. An einem normalen Bundesliga-Spieltag schauen demnach 60-80% der SKY-Zuschauer die Konferenz. Vom Rest sehen 40-50% die Bayern, die andere Hälfte verteilt sich größtenteils auf Schalke, den BVB und den HSV. Aufgrund dieser Faktenlage könnte man Watzke folgen, nur vernachlässigt diese Sichtweise die Belange der kleinen Vereine – nicht nur die von Hoffenheim oder Wolfsburg. Röckenhaus zitiert Mainz-Manager Heidel:
Watzkes Vorschlag ist der Einstieg zum Ausstieg aus der solidarischen, zentralen Vermarktung der Bundesliga-Rechte.
Und da hat Herr Heidel Recht. Eine neue Regelung der Verteilung nach dem Prinzip der „Verursachergerechtigkeit“ wäre eine mildere Form der dezentralen Vermarktung der Fernsehrechte. Die großen, beliebten und erfolgreichen Vereine könnten ihre Stellung weiter ausbauen; kleine Vereine, die weder beliebt noch reich sind, blieben auf der Strecke. Ein sportlich fairer Wettbewerb wäre noch weniger gegeben als heute.
Wer für eine solidarische, zentrale Vermarktung der Fernsehrechte ist, muss diesen Watzke-Vorschlag ablehnen. Das heißt hingegen nicht, dass man nicht über seine Ansätze diskutieren sollte, wie eine Aushöhlung der 50+1-Regelung durch Vereine wie Hoffenheim zu verhindern ist.
(Quelle: Sueddeutsche.de)