DFB-Pokal, Achtelfinale / VfL Bochum 1 BVB 2
Wer gedacht hatte, Borussia Dortmund würde jetzt durch die Rückserie gleiten wie das sprichwörtliche Messer durch weiche Butter, ist heute vielleicht enttäuscht. Alle anderen haben gestern einen Pokal-Fight gesehen, in dem die Schwarz-Gelben nie fahrlässig zurücksteckten und den man so oder so ähnlich in diesem Duell bei den Bochumer Nachbarn erwarten konnte. Gute Stimmung, Kontroverse(n) und ein Tor, das man so nicht so oft zu sehen kriegt – aus neutraler Sicht war es ein lohnendes, typisches Pokalspiel. Aus BVB-Sicht noch mehr, denn die schwarz-gelben Jungs stehen im Viertelfinale.
Der VfL Bochum hatte Erfolg damit, diese Partie zu einem Kampfspiel und der Borussia Stress zu machen – doch die Gäste nahmen die Situation an und gingen alles in allem gut damit um. Lange Ballbesitzphasen und sicheres Passspiel vermisste man bei den Schwarz-Gelben zwar über längere Strecken. Aber sie ließen eben auch nicht locker, holten sich die Bälle gerade in der ersten Halbzeit und nach dem 1:2 oft schnell wieder zurück und versuchten, zügig nach vorne zu spielen. Die für den BVB geringe Passerfolgsquote von 71 Prozent zeigt auf, dass es eine eher hektische Begegnung war. Doch die Gäste fanden sich damit ab und stellten sich darauf ein.
Can kann es
Die besseren Chancen hatte in der ersten Hälfte eindeutig Schwarz-Gelb. Nur schien der Ball eher vom Mond als von der Erde angezogen zu werden, denn fast alle Dortmunder Schüsse gingen über das Tor. Bis Emre Can aus 50 Metern besser zielte. Zugegeben, ohne gegnerischen Torwart im Weg, denn Bochums Manuel Riemann war weit aus seinem Kasten geeilt, um auf der rechten Seite einen Ball zu klären. Der Klärungsversuch landete letztlich im Mittelkreis bei Emre und dessen langer Ball im Tor. Zunächst sah es so aus, als ob Riemann noch dran kommen könnte, aber er ist eben kein Adeyemi.
Die Nachspielzeit der ersten 45 Minuten war ein guter Zeitpunkt, um ein Traumtor zu schießen. Doch wie in dieser Spielzeit und sogar in 2023 schon öfter kamen die Borussen etwas zu verhalten aus der Kabine. Eine Zeit lang gelang es den Bochumern doch, den BVB unter Druck zu setzen und die Abwehr in Unordnung zu bringen. Was auch damit zusammenhing, dass Edin Terzic hinten umstellen musste: Der angeschlagene Marius Wolf ging raus; für ihn rückte Süle nach rechts und Schlotterbeck kam neu ins Zentrum. Nur Gregor Kobel brauchte keine Anpassungszeit: Er war zweimal gegen Bochums Antwi-Adjei zur Stelle.
Drei Minuten für nichts
Dem Spielfluss entsprach es also durchaus, dass der VfL in der 64. Minute ausglich. Der Handelfmeter, der zum Torerfolg führte, war jedoch höchst zweifelhaft. Jamie Bynoe-Gittens war kurz vor der entscheidenden Szene nach einem Schubser mit beiden Händen zu Boden gegangen. Sekunden später sprang er am Strafraumrand hoch und der Ball sprang ihm von hinten an den angelegten Ellbogen. Abgesehen vom Foul dürfte es bei der Bewertung des Handspiels keine Rolle spielen, dass sein anderer Arm im Sprung etwas weiter ausgestreckt war – schließlich wurde er dort ja nicht getroffen. Schiedsrichter Tobias Stieler sah sich die Szene minutenlang auf dem Monitor an und sagte nach der Partie, dass es dabei vor allem darum gegangen sei, ob die Aktion innerhalb des Strafraums war. Dabei wäre eine Fehleinschätzung hierbei noch der verzeihlichste Fehler gewesen. Immerhin: „Die Mutter aller Handelfmeter“ war die Szene laut Stieler auch nicht.
Der VfL traf, doch der BVB antwortete nur sechs Minuten später. Und das ist ein Teil des „neuen BVB“ 2023: Man lässt sich nicht mehr so einfach schocken. Salih Özcan spielte einen starke Steilpass, Jude Bellingham hatte das Auge und den Fuß für einen perfekten Querpass auf den eingewechselten Marco Reus, und der Joker-Kapitän danach wenig Mühe mit dem 1:2. Natürlich drängten danach die Gastgeber, aber die Borussia machte es besser als zu Anfang der zweiten Halbzeit. Hinten standen die Schwarz-Gelben wieder besser und vorne suchten sie weiterhin nach Entlastung und der endgültigen Entscheidung.
Am Ende steht das verdiente Weiterkommen und in der Bilanz eine reife Leistung. Das einzige leistungsmäßige Fragezeichen, das die Partie aufgeworfen hat, ist die nach dem Mittelstürmer. Man sah gestern, dass Sebastien Haller noch nicht bei 100 Prozent ist – und man kann sich fragen, ob Moukoko oder der gestern eingewechselte Modeste derzeit die idealen Alternativen sind. Letztendlich ist diese Frage aber eine Momentaufnahme, die sich schon bald in Wohlgefallen auflösen könnte. Weiter geht es am Samstag um 15.30 Uhr in Bremen.
Die Aufstellung: Kobel – Wolf (50. Schlotterbeck), Süle, Hummels, Ryerson – Can – Bellingham, Özcan – Brandt (90.+5 Reyna), Bynoe-Gittens (67. Reus) – Haller (67. Modeste). Tore: Can, Reus