Boltons gefallene Wanderer richten sich wieder auf

Ganz aufrecht – um im Bild zu bleiben – geht der englische Zweitligist Bolton Wanderers noch nicht. Doch die ‚Trotters‘ sind dabei, den Beweis anzutreten, wie viel ein Trainerwechsel bewirken kann. Die Daten sind eindeutig: Neil Lennon, bis Mai vier Jahre Trainer bei Celtic, ersetzte Mitte Oktober Dougie Freedman. Damals stand der Klub auf dem 24. und letzten Platz der Championship. Zweieinhalb Monate später ist Bolton um zehn Plätze geklettert und musste in dieser Zeit nur zwei Niederlagen hinnehmen. Die Saison ist zwar noch lang, doch der Punkteabstand zu den Abstiegsrängen ist inzwischen genauso groß wie zu den Play-Off-Plätzen.

Einen weiteren Abstieg hätte der Verein, der noch vor sieben Jahren auf europäischer Ebene die Bayern ärgerte, nur schwer verkraftet. Die Trotters drückt ein Schuldenberg von über 200 Millionen Euro. Zwar ist der Hauptgläubiger gleichzeitig der Besitzer und Bolton-Fan, doch die Financial Fair Play-Regeln dürften dem Klub in der drittklassigen League One noch mehr zu schaffen machen. Mit Lennon kam vermutlich noch rechtzeitig die ideale Verbindung aus Fachkenntnis und Temperament ins Macron Stadium. Schon in der ersten Partie, einem 1:0-Auswärtssieg bei Birmingham City, musste der rothaarige Schotte wegen Protestierens auf die Tribüne. Doch wer jahrelang erfolgreich bei Celtic gearbeitet hat (obwohl es schwierigere Aufgaben im Weltfußball gibt), dem sieht man so manches nach.

Neil Lennon hat den Wanderers Entschlossenheit und Willen zurückgegeben, aber auch mutige Personalentscheidungen getroffen. Anfang des Monats horchte nicht nur die englische Fußball-Welt auf, als der Klub die Verpflichtung des zuvor vereinslosen Eidur Gudjohnsen bekanntgab. Der Vertrag des ehemaligen Chelsea- und Barca-Stars bei Club Brügge war im Sommer ausgelaufen. Der isländische Offensivmann ist inzwischen 36, doch Lennon überzeugte ihn, bis zum Ende der Saison nach Bolton zurückzukehren, wo er Ende des letzten Jahrtausends bereits zwei Jahre spielte.

Doch damit nicht genug: An Heiligabend kam ein weiterer großer Name des englischen Fußballs dazu, bekannt aus der Premier League und der Nationalmannschaft. Emile Heskey wird im Januar bereits 37, doch auch in ihm muss Neil Lennon noch eine mögliche Verstärkung gesehen haben. Nach zwei Jahren im australischen Newcastle wollte Heskey noch einmal in England spielen und überzeugte Boltons Trainer im Probetraining.

Derbysieg mit frischen Altstars

Alles nur fromme Wünsche oder ein bisschen PR? Die ersten Anzeichen sprechen dagegen – und für die sportliche Sinnhaftigkeit von Lennons Coup. Am gestrigen Boxing Day, traditionell ein Fußball-Spieltag in England, stand für Bolton ausgerechnet das Lokalderby gegen die Blackburn Rovers an. Nach einer ersten Hälfte mit allerlei Schnitzern und einem 0:1-Rückstand wechselte Lennon Heskey ein, der fortan knapp vor Gudjohnsen Sturmspitze spielte. Die Kombination sollte sich schon bald auszahlen: Gudjohnsen passte von links scharf in den Strafraum, wo Heskey nur noch zum Ausgleich einschieben musste. Mittelfeldmann Darren Pratley drehte die Partie wenig später mit dem 2:1 ganz. Trainer, Fans und Medien lobten im Anschluss Gudjohnsens Vision ebenso wie Heskeys Präsenz. Eines der besten Wanderers-Blogs, Lions of Vienna Suite, brach in eine wahre Lobeshymne über den Isländer aus:

Eidur Gudjohnsen is on another level. He’s quite easily the most intelligent player I’ve ever seen, you can almost see the quality oozing out of him. (…) It’s a privilege that I can watch this man play for my club, and I can’t thank Neil Lennon enough for letting it happen.

Zu viel der Lorbeeren? Wer weiß. Dass ein Derbysieg nicht zwingend einen Aufschwung einleiten muss, hat am Boxing Day der AFC Sunderland, Subjekt meines letzten Beitrags, erfahren. Die Black Cats verloren in der Premier League zu Hause recht kläglich 1:3 gegen den Tabellenvorletzten Hull City. Die nächste Partie für Bolton findet bereits morgen statt – auswärts beim Neunzehnten, Huddersfield Town.