Das Scheitern war spektakulär: Nur zwei Tage, nachdem zwölf europäische Topvereine die Gründung einer Super League angekündigt hatten, ist das Projekt an einer Mauer des Widerstands zerbrochen. Alle sechs englischen Clubs haben sich zurückgezogen, ebenso Atletico und Inter. Am ehesten stehen noch Real Madrid und Juventus, die Clubs der mutmaßlichen Initiatoren Florentino Perez und Andrea Agnelli, hinter dem Plan. Doch Agnelli hat nun laut Reuters eingeräumt, dass die Super-Liga ohne die englischen Vertreter nicht funktionieren wird. Dass dieser Coup so schnell in sich zusammenfallen würde, hätten wohl nicht mal die kühnsten Optimisten gedacht. Auch ich hatte mit einer monatelangen, auch juristischen Auseinandersetzung gerechnet. Ausschließen kann man inzwischen, dass es sich nur um ein Manöver zur Ablenkung von der Champions League-Reform handelte – aufgrund des Vorgehens der Verschwörer erscheint das heute absurd.
Die wenigsten Fans werden alle Gegner der Super League sympathisch finden. Es war dennoch wichtig, dass sie alle zusammenstanden: Alexander Ceferins UEFA, Gianni Infantinos FIFA, Boris Johnsons Regierung, die nationalen Fußballverbände, darunter der DFB mit Fritz Keller und Rainer Koch, der BVB, FCB und PSG, die eine Einladung zur ESL ausschlugen, viele der betroffenen Spieler sowie natürlich und vor allem die Fans, gerade auch die der beteiligten Clubs. Alle haben eine klare, kompromisslose Botschaft an die Vereinsverantwortlichen der ESL gesendet; niemand ist von der harten Linie abgewichen. Wie lange diese Solidarität gehalten hätte, werden wir nun nicht erfahren – zum Glück. Bei allem, was den normalen Fan von den genannten anderen Akteuren trennt: Es ist gut zu wissen, dass es zumindest einen Minimalkonsens über die Grundwerte des Sports gibt. So bleibt auch ein wenig Hoffnung erhalten, dass Fußball das „beautiful game“ bleiben oder wieder werden wird.
Perez & Co inszenieren sich als Wohltäter
Ihre juristischen Hausaufgaben mag die ESL ja gemacht haben – zumindest glaubten ihre Vertreter das, aber die Wucht der öffentlichen Meinung wurde grandios unterschätzt. Die Solidarisierung ihrer eigenen Spieler und Trainer mit den Gegnern des Projekts, die ganz klaren Drohungen der nationalen wie internationalen Verbände sowie der britischen Regierung und die wütenden Fanproteste haben einen Verein nach dem anderen zum Einknicken gebracht. Als die erste Karte weggezogen wurde, war es nur eine Frage der Zeit, bis das Kartenhaus zusammenstürzte.
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