Wer hätte das gedacht? Berufszyniker und Erfolgsfans werden jetzt vielleicht zufrieden die Hände heben. Ich habe es bis zuletzt für unwahrscheinlich gehalten, dass Jürgen Klopp beim BVB vor Vertragsende aufhört. Klopp selbst hat betont, seine Verträge stets zu erfüllen. Doch heute hat der Erfolgstrainer der letzten Jahre auf einer emotionalen Pressekonferenz bekanntgegeben, dass sich die Wege von ihm und Borussia Dortmund am Saisonende trennen. Am Morgen waren entsprechende Gerüchte von der „Bild“ lanciert worden; der Verein sah sich daraufhin gezwungen, die Öffentlichkeit früher als geplant zu informieren.
Zunächst ergriff Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke das Wort, dem man ansah und –hörte, dass die Entscheidung nicht von ihm kam und er sie so nicht getroffen hätte. Er gab Klopps Weggang offiziell bekannt. Die mit Abstand meiste Redezeit hatte natürlich Kloppo selber. Seine Begründung ist aus seiner Sicht nachzuvollziehen. Er habe das Gefühl gehabt, für die Zukunft nicht mehr der bestmögliche Trainer für die Borussia zu sein. Sicher wird der bisherige Saisonverlauf auch an ihm gezehrt haben, aber nicht so sehr, dass er es nicht mehr ausgehalten hätte.
Zum Nachdenken regt ein Satz von Klopp an, der nicht im Zentrum der PK stand: „Für Entwicklung brauchst du die Möglichkeit, kleine Schritte zu machen.“ Die Erwartungen, sicher auch von Teilen der Fangemeinde und geschürt von den Medien, waren so hoch, dass der Trainer den im Sommer nötigen Neuaufbau in Gefahr sah. Dieser hätte nämlich unter Umständen weitere Geduld vom Umfeld gefordert.
Wenig überzeugend ist die Argumentation, dass dieser Neuaufbau nun gar nicht mehr nötig sei, weil ja der Kopf bald weg ist. Wer wirklich glaubt, dass Klopp das Hauptproblem ist, denkt schlicht unterkomplex. Ob mit oder ohne Klopp: Es braucht keinen radikalen Schnitt, aber eine ehrliche Analyse ohne Rücksicht auf Namen und mit Sicherheit Änderungen in mehreren Mannschaftsteilen.
Aus Übermut über ihren ‚Coup’ hat die „Bild“ gleich mal Thomas Tuchel als Nachfolger ins Spiel gebracht. Es ist ja auch schön nahe liegend, nachdem er anderen Vereinen abgesagt hat. Doch dass eine solche Entscheidung beim BVB nach sieben Jahren Klopp so schnell getroffen wird, ist sehr unwahrscheinlich. Außerdem ist Tuchel in mancher Hinsicht Klopp ähnlich, etwa beim favorisierten Spielstil und dem Verhalten am Spielfeldrand. Es gibt auch taktische und menschliche Unterschiede, aber ob Watzke und Zorc noch mal den Weg nach Mainz gehen? Es sagt auch nicht wirklich etwas über Tuchels Qualitäten aus, dass sich Vereine wie der HSV, der FC Schalke und RB Leipzig um ihn bemüht haben. Nachdenklich machen darüber hinaus Tuchels Abschied von Mainz und die Meinung, die der ausgebootete Ex-Torwart Heinz Müller vom Ex-Trainer hat.
Sieben Jahre sind tatsächlich eine sehr beachtliche Zeit im Fußball. Sie war die großartigste, die ich als Fan erlebt habe, trotz der 90er. Ich habe mich in den letzten Jahren ganz gelegentlich bei dem Gedanken ertappt, wie es wohl ohne Klopp wäre, mit einem etwas gelasseneren Trainer. Richtig gewünscht habe ich mir das nie. Und auch jetzt muss sich erst erweisen, ob es derzeit einen besseren Trainer für diesen Verein gibt. Wir werden weiter diskutieren, wir werden es irgendwann sehen. Ein schöner Tag ist das heute nicht, außer in Portugal. Danke für alles, Jürgen Klopp, jetzt schon mal!