Die Super League oder das Ende des Fußballs wie wir ihn kennen

Die Dementis kamen prompt: Hans-Joachim Watzke hatte dem Spiegel schon rechtzeitig vor Erscheinen von dessen Enthüllungen zur heimlich geplanten European Super League gesagt, der BVB würde unter seiner Führung nicht aus der Bundesliga aussteigen. Karl-Heinz Rummenigge, dessen Vorgehen vor allem im Jahr 2016 im Artikel des Nachrichtenmagazins als doppelzüngig dargestellt wird, erklärte nun ebenfalls, der FC Bayern stehe unter ihm als Vorstandsvorsitzendem zur Bundesliga wie zu den mit UEFA und ECA (European Club Association) vereinbarten Wettbewerben.

Die Stellungnahmen lassen keine Eindeutigkeit vermissen. Hinter sie kann man nicht so schnell zurück. Es wird also auch weiterhin eine Bundesliga mit dem FCB und dem BVB geben. Doch ist eine europäische Super League seit 2016 wirklich vom Tisch? Damals bauten einige der Topklubs eine glaubhafte Drohkulisse auf, von der KHR als damaliger ECA-Vorsitzender zumindest gewusst haben muss. In der Folge wurden die finanziellen Aspekte der Champions League und die Startrechte noch mehr im Sinne der großen Vereine und Ligen geregelt. Seit dieser „Reform“ erscheint es erst mal glaubhaft, wenn Vertreter von Großklubs behaupten, eine Super League sei kein Thema oder ganz weit weg.

Nun hat der Spiegel jedoch über seine Informanten von der Football Leaks-Plattform eine E-Mail bekommen, die an Real Madrid gerichtet war. Sie datiert vom Oktober 2018 und beinhaltet einen genauen Plan für eine European Super League mit 16 Vereinen ab 2021. Diese „bindende Absichtserklärung“ soll laut Datum noch im November unterzeichnet werden. Laut dem Plan würden in diesem Wettbewerb elf europäische Topklubs, darunter Bayern München, ein auf 20 Jahre garantiertes Startrecht bekommen. Fünf weitere Vereine, darunter Borussia Dortmund, wären zunächst Gäste, die auch wieder absteigen könnten. Weiterlesen „Die Super League oder das Ende des Fußballs wie wir ihn kennen“

Ist Mario Götze der verlorene Sohn?

Er ist wieder da: Der Kicker vermeldet heute Abend, dass die Rückkehr von Mario Götze zu Borussia Dortmund perfekt sei – für einen „Basisbetrag“ von 26 Millionen Euro. Bayern-Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge hatte am Rande des Testspiels gegen Manchester City verlauten lassen, dass morgen eine Einigung erfolgen könne. So scheint tatsächlich wahr zu werden, was sich viele nicht vorstellen konnten und viele nicht vorstellen wollten. Wobei die erste Gruppe nicht ganz kongruent mit letzterer ist.

Des Weiteren sollen auch die Verhandlungen mit dem VfL Wolfsburg wegen André Schürrle weit gediehen sein. Es ist wahrscheinlich, wenn auch noch nicht komplett sicher, dass die beiden Protagonisten des WM-Siegtors von 2014 bald in schwarz-gelb spielen. Für die zwei Freunde Schürrle und Götze dürfte der BVB dann rund 56 Millionen ausgegeben haben. Diese Transfers würden in Dortmunder Fankreisen polarisieren wie kaum eine andere Vereinsentscheidung der letzten Jahre. Zeit für einige Diskussionsanstöße.

Woher dieser Hass?

Wer in den letzten Monaten Internetforen oder die Leserkommentare in Sportportalen zum Thema BVB-Transfers gelesen hat, wird zweifellos auf eine Reihe äußerst kritischer bis gehässiger Beiträge zu Mario Götze und André Schürrle gestoßen sein. Während Götze sich nachweislich ungeschickt bis unfein aus Dortmund verabschiedet hat, ist Schürrles einziges Vergehen, dass er zeitweise seine Leistung nicht abrief und der BVB nun viel Geld für ihn bezahlen soll. Weiterlesen „Ist Mario Götze der verlorene Sohn?“

Die Hummels zieht es an den Viktualienmarkt

Jetzt ist es also raus: Kapitän Mats Hummels möchte Borussia Dortmund im Sommer verlassen und zum FC Bayern wechseln. Vermutlich muss man der Börse ausnahmsweise mal dankbar sein – dafür, dass der BVB mit einer Ad-Hoc-Mitteilung die Anteilseigner informieren musste, so dass sich die Hängepartie mit entsprechendem Medienecho nicht bis zum Pokalfinale zieht.

Für die Borussia ist das bitter, das braucht man nicht zu beschönigen. Mats‘ rein defensive Qualitäten, etwa Tacklings und Positionsspiel, sind ersetzbar. Dass ein Abwehrspieler auch so wichtig und kompetent im Aufbauspiel und bei seinen Vorstößen ist, trifft man dagegen selten an. Obendrein ist Hummels Kapitän der Schwarz-Gelben und oft genug auch Wortführer, an guten wie an schlechten Tagen.

Zu der ach so großen sportlichen Herausforderung Bayern München habe ich im letzten Artikel schon etwas geschrieben. Gut möglich, dass Mats Hummels die Sache anders sieht. Genauso muss man seine familiären Motive anerkennen. Die Umstände sind nun mal so, dass bei seiner Entscheidung auch P1 und Viktualienmarkt eine Rolle gespielt haben dürften. Man kann dann noch diskutieren, ob Mats mit seinem Wechselwunsch früheren Äußerungen von sich widerspricht. Das mag so sein, aber Meinungen ändern sich – das ist der Lauf der Dinge. Mats setzt nun andere Prioritäten – sportliche Sicherheit und Familie. Weiterlesen „Die Hummels zieht es an den Viktualienmarkt“

Fernsehgelder Reloaded

Eigentlich ist in der periodisch wieder aufflammenden Debatte um die Verteilung der Fernsehgelder in der Fußball-Bundesliga ja alles gesagt. Aber das gut funktionierende System wird dennoch immer wieder von innen in Frage gestellt. Diesmal – mit unterschiedlicher Zielsetzung – von so gegensätzlichen Vereinen wie dem FC St. Pauli und dem FC Bayern. Der Kiezklub hat seinen Antrag auf Ausschluss jener Vereine, die nicht der 50+1-Regel entsprechen, inzwischen zurückgezogen.

Um nicht selber alle Argumente noch mal vortragen zu müssen, empfehle ich den lesenswerten Kommentar von Lars Spannagel in Tagesspiegel und PNN.

Unterdessen hat Karl-Heinz Rummenigge im „Kicker“ erklärt, der FCB sei bereit, sich weiter zentral vermarkten zu lassen – wenn seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa nicht gefährdet würde. Und manch anderer Kommentator aus den Medien kann diese Argumentation sogar nachvollziehen. Da fragt man sich doch: Kann es der Bundesliga um die internationale Konkurrenzfähigkeit der Bayern oder muss es ihr nicht um die Spannung und Gerechtigkeit des eigenen Wettbewerbs gehen? Und hat der FC Bayern eigentlich ein Anrecht darauf, forever number one zu sein?

Endlich Klarheit: Watzke wechselt nicht zum FC Bayern

Kurz vor dem Supercup wurden Fakten geschaffen: Der Transfer von BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke zu Bayern München ist geplatzt; stattdessen verlängert der 55-jährige seinen Vertrag in Dortmund bis 2019. Bisher ungehörten Gerüchten zufolge hatten in den letzten Monaten interessierte Kreise in München an einer Verpflichtung des auch ehrfurchtsvoll „Häuptling Scharfe Zunge“ genannten Watzke zur kommenden Saison gearbeitet. Demnach sollte Scharfe Zunge als Nachfolger des Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge installiert werden, der dem Bayern-Umfeld in den letzten Jahren zu viel herumlaviert hatte.

So hatte der in der bayerischen Hauptstadt oft abschätzig nur noch als „KHR“ bezeichnete Rummenigge im Herbst 2012 den Zweikampf mit Borussia Dortmund begrüßt und beteuert, keinen Spieler nur deshalb zu kaufen, um die Konkurrenz zu schwächen. Diese unbedachten Äußerungen waren in der Folgezeit in einen offensichtlichen Widerspruch zur Transferpolitik des Rekordmeisters geraten. Das Umfeld hatte sich dagegen mehr klare Kante und „Miasanmia“ gewünscht.

Doch Hans-Joachim Watzke wird seine klaren Ansagen und seine erfolgreiche Entwicklungspolitik nun an der Seite von Michael Zorc und Jürgen Klopp weiter in den Dienst seines schwarz-gelben Herzensvereins stellen. Aus Respekt vor dem angeschlagenen Rummenigge hat er die Teilnahme an einem gemeinsamen Essen vor dem Supercup am Mittwoch abgesagt.

Während die sportlichen Vorzeichen vor dem Duell im Westfalenstadion nach der Pleite von Liverpool alles andere als günstig für den BVB stehen, machte zumindest der Blick auf den Trainingsplatz gestern Mut: Der neue Kapitän Mats Hummels und sein Stellvertreter Marco Reus konnten die komplette Einheit mit der Mannschaft absolvieren. Ein Comeback schon morgen ist zwar sehr unwahrscheinlich; in weiter Ferne dürfte es aber für beide Spieler nicht mehr liegen.

Beim FC Bayern werden Rafinha mit Außenbandriss im Sprunggelenk und Franck Ribery mit Patellasehnen-Problemen fehlen. Dennoch lässt die Frühform des bei den Münchenern in wenigen Wochen zum weltbesten Stürmer gereiften Robert Lewandowski nichts Gutes erahnen. Ein verzwickter Fall für unseren Sherklopp.

 

 

 

Hoeneß und Hybris

(Updated) Immer wieder haben sich Funktionäre des FC Bayern in den letzten Jahrzehnten über, sagen wir, schillernde Persönlichkeiten des Fußball-Geschäfts wie Roman Abramowitsch oder den ehemaligen Präsidenten von Deportivo La Coruna, Augusto Cesar Lendoiro mokiert. Heute nun wurde der amtierende Bayern-Präsident Uli Hoeneß in erster Instanz zu dreieinhalb Jahren Haft wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Mit Karl-Heinz Rummenigge hat ein Vorbestrafter den Vorstandsvorsitz des Vereins inne.

Nun wird dem nahezu jeder Bayern-Fan entgegenhalten, dass es sich um private Verfehlungen der FCB-Verantwortlichen handle und diese selbst immer nur das unseriöse Geschäftsgebaren mancher internationaler Konkurrenten gebrandmarkt hätten. Das Fußball-Business des Klubs werde selbstverständlich vorbildlich geführt.

Das ist nach allem was man weiß, zutreffend. Doch gibt es wirklich keine Verbindung zwischen den Handlungen des Sportfunktionärs Hoeneß und seinem privaten Verhalten? Gibt es keine Parallele zwischen einer Vereinspolitik nach dem Motto „Wenn wir mal nicht die Besten sind, kaufen wir so lange bis wir es wieder sind“ und Hoeneß‘ privater Zockerei mit der Einstellung „Mache ich mit meinen Finanzgeschäften mal Verluste, setze ich einfach noch einen drauf“?

Der Bayern-Präsident hat sein damaliges Verhalten selber als eine Sucht charakterisiert. Doch entsprang sie nicht der gleichen Hybris wie die Vereinshaltung „Wir machen etwas, weil wir es können“? Ist es nicht vielmehr eine Hybris der Macht, die ihn beim FC Bayern wie privat angetrieben hat? Was auch immer es war, letztendlich hat es dazu geführt, dass aus dem Fußball-Uli der Angeklagte und Verurteilte Ulrich Hoeneß geworden ist.

UPDATE: Nun hat es Hoeneß tatsächlich noch zu einem so gut wie möglichen Ende gebracht. Respekt, ULI. Und wann kommt der Sat1-Fernsehfilm?

Die Wiederholung von Sprechblasen

Beinahe mehr als alles konkrete Handeln des FC Bayern hat mich im Nachhinein das Rummenigge-Zitat von 2012 genervt, in dem er sich einen gesunden Konkurrenzkampf mit dem BVB wünscht (ich habe das hier oft genug angeführt). Die Kernaussage hat der Vorstandsvorsitzende des FCB nun – nach den vollzogenen bzw. angekündigten Verpflichtungen von Mario Götze und Robert Lewandowski – in einem „Kicker“-Interview wiederholt: „(…) wir holen keinen Spieler aus Dortmund, um sie zu schwächen (…)“.

Das Zitat ist ein klassischer Fall für die AGW-Kategorie Heiße Luft. Es hat null Relevanz, weil die Bayern de facto natürlich Dortmund schwächen – und das auch wissen und mindestens in Kauf nehmen. Rummenigge wünscht sich im Interview fünf, sechs Bundesligavereine, die an der Spitze konkurrieren, wie in der englischen Premier League. Den Widerspruch zum eigenen Handeln kann er nicht auflösen. Zur Begründung der Verpflichtungen von Götze und Lewandowski sagt er:

„Solche Spieler gibt es nur bei Top-Klubs, und der Heimatmarkt ist einfach der wichtigste, obwohl der mittlerweile auch teuer ist.“

Diese Begründung, so man sie denn versteht, kann wirklich nur die verblendetsten aller Bayern-Fans überzeugen. In Kreisen der Roten wurde ja bis vor Kurzem kontrovers diskutiert, ob eine Lewandowski-Verpflichtung angesichts von Pep Guardiolas Taktik und Mario Mandzukic notwendig sei. Und wer soll denn bitte glauben, dass der große Weltpokalsieger keine Alternative zu diesen beiden Personalien gehabt hätte? Wenn man sich ernsthaft eine breitere Ligaspitze wünschen würde …

(Quelle: Kicker Nr. 9/2014, S. 6)

Ein formal korrekter Vorgang

Robert Lewandowski wechselt im Sommer ablösefrei zum FC Bayern München und unterschreibt dort einen Fünfjahresvertrag. Woran spätestens seit den klärenden Worten des Stürmers im Herbst kaum noch ein Zweifel bestand, wurde nun offiziell bestätigt. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, dass bei diesem Transfer formal alles korrekt gelaufen sei. Und was will man dem FC Bayern auch vorwerfen – sie haben einen Spieler verpflichtet, dessen Vertrag im Sommer ausläuft. Fragt man Fans, die den deutschen Vereinsfußball mögen, dürfte sich außer den Bayern und ein paar Schalkern jedoch kaum jemand über den Wechsel freuen.

Dass manche Leute gedacht haben, die Verantwortlichen des Rekordmeisters scherten sich wirklich um das Niveau der deutschen Fußball-Bundesliga, mag man für naiv halten; der Gedanke wurde aber von den Bossen Rummenigge und Hoeneß durch von mir schon mehrfach zitierte Äußerungen nahe gelegt. Ersterer sagte 2012, man werde keinen BVB-Spieler verpflichten, nur um den Konkurrenten zu schwächen. Damit hat Rummenigge formal nicht gelogen. Aber sollte die Politik in der Vergangenheit bei anderen Transfers mal anders gewesen sein – zugegeben haben es die FCB-Granden ohnehin nie. Deshalb kann man wie bei allen Bayern-Transfers getrost mehrere Motive unterstellen.

Läge den Machern von der Säbener Straße wirklich etwas an einem Konkurrenzkampf in der Liga, hätte man sich durchaus anderswo bedienen können. Natürlich sind Götze und Lewandowski absolute Topspieler, doch dass es weltweit keine gleichwertigen auf ihren Positionen gebe, ist eine unbewiesene, Deutschland-zentrierte Behauptung. Die Bayern haben sich schlicht und einfach für den einfachsten Weg entschieden – weil sie es können, haben sie formal korrekt nach dem wahrscheinlich besten Mittelfeldspieler auch den besten Stürmer der Bundesliga verpflichtet. Integrationsprobleme sind so natürlich nicht zu erwarten, es sei denn, der Rekordmeister schafft sich selber welche.

Droht nun 2014/15 endgültig Langeweile in der Liga? Ein Untergangsszenario braucht trotz allem niemand, schließlich kann immer Unvorhergesehenes passieren; am Zoll, in der Politik, vor Gericht und erst Recht im Fußball. Dass die Bayern aber etwas für die Attraktivität der Liga als Ganzes tun, ist heute so sehr ein Märchen wie es schon lange eines war und vermutlich noch lange eines bleiben wird.

Borussia Dortmund hatte seit Monaten Gelegenheit, sich auf Lewas Ausstiegsszenario vorzubereiten. Natürlich sind Michael Zorc und Jürgen Klopp längst auf der Suche nach einem Nachfolger, doch da der BVB nicht annähernd so viel investieren kann wie die Bayern, muss man gründlicher und fantasievoller vor- und ein höheres sportliches Risiko eingehen. Treffer gelingen auf dem Transfermarkt nicht am laufenden Band und daher gehen auch die fehl, die jetzt erwartungsgemäß „ich weiß, was ihr letzten Sommer hättet tun sollen“ sagen. Robert Lewandowski hat in der Liga 2013/14 bisher 11-mal getroffen und darüber hinaus wichtige CL-Tore erzielt. Hätte man das Geld genommen und einen Anderen verpflichtet, wäre man möglicherweise international nicht mehr dabei und stünde national noch schlechter da – auch wenn das niemand beweisen kann.

Die Unterschiede zum Götze-Wechsel wurden schon häufiger thematisiert und sind darüber hinaus zu nahe liegend, um sie noch mal erwähnen zu müssen. Robert Lewandowski hat für den BVB verdammt viel getan in den letzten Jahren, gerade gegen seinen zukünftigen Verein. Vielleicht gelingt ihm das auch in der Rückserie noch mal, vielleicht wieder gegen seinen zukünftigen Verein. An seinem Einsatzwillen braucht man jedenfalls nicht mehr zu zweifeln; seine Wechsel-Entscheidung folgt seiner persönlichen, kühl kalkulierten Kosten-Nutzen-Rechnung.

Nach dem aus Borussensicht erwartbar schlechten Auftakt wünsche ich dennoch allen Lesern ein gutes neues Jahr!

Standhaftigkeit, die Sinn macht

Robert Lewandowski spielt in der nächsten Saison aller Voraussicht nach für Borussia Dortmund. Viele hatten nicht mehr damit gerechnet und die Worte von BVB-Präsident Reinhard Rauball belächelt, der vor wenigen Tagen seinen Glauben an diese Entwicklung bekräftigt hatte. Doch nun haben Sportdirektor Michael Zorc und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke übereinstimmend mitgeteilt, dass man den Topstürmer in diesem Jahr nicht zum FC Bayern ziehen lassen wird. Dies wurde auch Robert und seinen Beratern klar gesagt, die sich in den letzten Wochen bekanntlich sehr zuversichtlich bezüglich eines Wechsels geäußert hatten.

Ich hatte die Hoffnung noch nicht völlig aufgegeben und bin froh, dass die BVB-Führung ihren früheren Aussagen entsprechend standhaft geblieben ist. Unweigerlich werden in den nächsten Tagen die beiden Gegenargumente vom unzufriedenen Spieler und der entgangenen Ablösesumme diskutiert werden. Steht zu befürchten, dass sich Lewandowski nun eine Spielzeit lang gehen lässt? Seinem Charakter entspräche das nicht, so weit man so etwas aus der Ferne beurteilen kann. Und leisten kann sich das ein derart in der Öffentlichkeit stehender Spieler eigentlich auch nicht. Denkbar sind allerdings negative Reaktionen von Roberts Beratern, die auch ihn nicht ganz unberührt lassen könnten.

Auf eine Ablösesumme in der Region von 25 bis 30 Millionen zu verzichten muss man sich leisten können. Der BVB kann das gerade in diesem Jahr. Und gerade in diesem Sommer und auf der Stürmerposition hätten die bisherigen Vereine potenzieller Neuzugänge besonders hohe Summen aufgerufen. Es macht Sinn, sich auf einen ‚Königstransfer‘ – die Götze-Nachfolge – zu konzentrieren und das andere Problem nächstes Jahr anzugehen.

Vor allem macht es aber aus Prinzip Sinn, dem FC Bayern die Stirn zu bieten. Ein erneutes Wettrüsten gegen diesen Verein kann die Borussia nicht gewinnen, aber es gibt auch keinen Grund, haltbare Positionen zu räumen. Doch genug der Kriegsrhetorik. Es reicht schon, sich die Aussagen Karl-Heinz Rummenigges vom Herbst in Erinnerung zu rufen:

Wir werden keinen Spieler von Dortmund kaufen, nur um den BVB zu schwächen. Im Gegenteil: Dieser Zweikampf führt dazu, dass beide Teams noch besser werden.

Den „11 Freunde“n sagte Rummenigge nun kürzlich folgendes:

Es ist nicht – wie Hans Joachim Watzke sagt – das Geschäftsmodell des FC Bayern, andere Mannschaften zu schwächen. Wir versuchen unsere Qualität zu steigern, unabhängig davon, wo ein Spieler herkommt.

Schade, dass der Interviewer Rummenigge nicht gefragt hat, wie man die beiden Effekte – Stärkung der einen, Schwächung der anderen – auseinanderhalten kann. Der Satz vom Herbst war im nachhinein zwar keine Lüge, doch ein klassischer Fall für meine Kategorie „Heiße Luft“.

Ungeklärt ist allerdings, ob der FC Bayern Lewandowski wirklich in diesem Sommer verpflichten wollte. Das haben viele Medien und das Beraterteam des Stürmers kolportiert – vom Rekordmeister gab es dazu jedoch keine konkrete Aussage und vor allem kein Angebot bis zur vom BVB gesetzten Deadline am 15. Mai. ‚Aki‘ Watzke könnte durchaus Recht gehabt haben mit seiner Aussage nach dem Champions League-Finale, dass Heynckes möglicherweise gar nicht mehr genug eingebunden sei, um den Stand im Fall Lewandowski beurteilen zu können. Festzuhalten bleibt, dass es die Bayern noch weniger nötig haben, Lewandowski schon jetzt zu verpflichten als der BVB die Ablösesumme braucht.

Götze und der König der Heuchler

Mario Götze wechselt zum FC Bayern. Schuld daran ist in erster Linie eine Ausstiegsklausel, die er und sein Berater Volker Struth in den unlängst verlängerten Vertrag haben schreiben lassen. Auf die hat sich Borussia Dortmund eingelassen. Auf die hat sich auch Bayern München eingelassen. Zum zweiten Mal innerhalb von einem Jahr kauft der FCB einen Spieler mit langfristigem Vertrag für nahezu 40 Millionen Euro aus demselben. Geld, das nach derzeitigem Stand rechtlich einwandfrei verdient wurde. So weit, so business.

Und nun mal Nüchternheit und Selbstbeherrschung beiseite: Die Äußerungen von Uli Hoeneß zu den ’spanischen Verhältnissen‘ in der Bundesliga sind im Angesicht dieses Transfers an Heuchelei und Populismus nicht zu überbieten. Nochmal chronologisch: Im Herbst versichert Karl-Heinz Rummenigge, der FC Bayern habe nicht vor, die nationale Konkurrenz – also Borussia Dortmund – durch Abwerben von Spielern zu schwächen. Vor kurzem machte sich Uli Hoeneß, der nur dank einer Kaution auf freiem Fuß sein soll, medienwirksam Sorgen wegen angeblich drohender „spanischer Verhältnisse“ in der Bundesliga. Also weil nun vermeintlich zwei Vereine die Liga dominieren und nicht wie zuvor einer.

Hoeneß bot der Liga großzügig an, sich gemeinsam Gedanken zu machen, was getan werden könne, um das zu verhindern. Die Reaktion darauf fiel verhalten aus. Vielleicht weil sich niemand so richtig vorstellen konnte, was der Bayern-Präsident im Sinn hatte. Möglicherweise war es ein Benefizspiel gegen die abstiegsgefährdete TSG Hoffenheim. Denn die TV-Verträge und die Verteilung der Einnahmen daraus sind auf Jahre festgezurrt und andere Stellschrauben gibt es kaum.

Der FCB-Grande fühlte sich daraufhin unverstanden, mochte jedoch seine Ideen nicht öffentlich darlegen, sondern zog sein Gesprächsangebot an die Liga und den BVB zurück. Wenig später wurde der Götze-Transfer bekannt. Der aber in Wahrheit schon Tage, wenn nicht Wochen vorher eingetütet war. Und nicht nur eine Schwächung des direkten Konkurrenten darstellt, sondern selbstredend auch den Abstand zum Rest der Liga vergrößert.

Jürgen Klopp war auf der Pressekonferenz zum Madrid-Spiel bemüht, die Wogen um Götze zu glätten und hatte eine beschwichtigende Erklärung für dessen Wechsel: Er wolle unbedingt unter Guardiola spielen. Und es mag sein, dass die Bayern auch erst auf Wunsch des neuen Supertrainers an Götze herantraten. Trotzdem steht unter dem Strich: Die Prinzipien des FC Bayern und insbesondere von Uli Hoeneß gelten nur, solange sie dem eigenen Vorankommen nicht im Weg stehen.

Heute Abend ist also Champions League und Real Madrid zu Gast. Es wäre selbstverständlich kontraproduktiv, Mario Götze nun auszupfeifen, aber manche werden sich trotzdem nicht davon abhalten lassen. Bei Any Given Weekend wird die emotionale Seite seines Transfers erneut Thema sein, verbunden mit der wichtigsten Frage: Was bedeutet das für den BVB?