Der lange Abschied von Nelson Valdez

+++ UPDATE: Wieder unglückliches Timing. Es gibt die erneute Wende: Nachdem ein Berufungsgericht in Alicante die Herausgabe von Protokollen abgehörter Telefongespräche an den spanischen Fußballverband untersagt hat, kann der FC Hercules für die Primera Division planen. Die Aufnahmen belasteten den Mehrheitsaktionär des Vereins, Enrique Ortiz. Die Justiz hat ihre Ermittlungen jedoch eingestellt, da Sportbetrug in Spanien zurzeit nicht strafbar ist. Das Beweismaterial bleibt unter Verschluss, weil es die Privatsphäre von Ortiz verletzt.

Die Konsequenz: Nelson Valdez hat heute gegenüber „DerWesten“ bestätigt, dass der Wechsel zum FC Hercules nun doch vollzogen wird. Die Ablösesumme soll bei etwa vier Millionen Euro liegen. Alles Gute in Spanien, Nelson! +++

Es scheint sicher, dass Nelson Valdez den BVB nicht mehr in die Champions League schießen wird, wie ihn die Fans im Stadion immer wieder gebeten haben. Der Abschied des paraguayanischen Stürmers ist seit Wochen beschlossene Sache, ein Transfer wurde jedoch noch nicht realisiert. Anfang letzter Woche hatten sich Valdez und die Borussia mit dem spanischen Erstliga-Aufsteiger FC Hercules geeinigt. Kurz darauf leitete der spanische Fußballverband ein Ermittlungsverfahren gegen den Club ein. Dessen Mehrheitsaktionär soll in der letzten Saison Spieler gegnerischer Mannschaften bestochen haben, um so den Aufstieg von Hercules zu sichern. Die (straf-)rechtliche Lage ist ungewiss, sportlich steht jedoch ein Zwangsabstieg im Raum.

Wie die Untersuchung des Verbandes ausgeht, bleibt abzuwarten – der Transfer ist jedoch erst mal geplatzt. In den nächsten zwei Wochen wird sich zeigen, wie viel an dem immer wieder von Valdez‘ Berater kolportierten Interesse anderer Clubs aus England und Frankreich dran ist. Der BVB könnte gezwungen sein, mit dem Preis weiter nach unten zu gehen, denn ernst- und namhafte Interessenten aus der Ligue 1 oder gar der Premier League hätten den Aufsteiger aus Alicante längst ausgestochen, wenn eine Verpflichtung von Valdez Priorität für sie hätte. Es ist menschlich gesehen ein bisschen traurig, wie die schwarz-gelbe Zeit für Nelson enden muss – in den Kader soll er ganz offensichtlich nicht mehr berufen werden.

Die Nichtberücksichtigung für den 18er-Kader – diese bittere Pille musste am Wochenende auch Mittelfeld-Regisseur Tamas Hajnal schlucken. Obwohl er in den Vorbereitungsspielen noch regelmäßig eingesetzt worden war, verzichtete Jürgen Klopp in Burghausen auf sein Mitwirken. Der „Kicker“ und einige andere Medien zogen Parallelen zum Fall Valdez und spekulieren, auch Hajnals Zeit in Dortmund könne abgelaufen sein. In meinen Augen ist das ein voreiliger Schluss. Jeder Bundesligaverein verfügt über einen Kader von mehr als 20 Spielern – schon rein mathematisch ist der Härte- also der Normalfall. Oft sind es Nachwuchsspieler, die nicht berücksichtigt werden, aber hoffen können, dass ihre Zeit noch kommt. Manchmal führen Verletzungen dazu, dass alle gesunden Spieler im Aufgebot stehen. Trotzdem ist es im modernen Fußball Normalität, dass sich auch gestandene Spieler mal auf der Tribüne wiederfinden.

Natürlich muss es „ein Schock“ für Tamas Hajnal gewesen sein, der in der vorletzten Saison noch Stammspieler und Leistungsträger war. Es gab und gibt jedoch immer wieder Beispiele von Spielern, die aus so einer Situation in die Mannschaft zurückkehren. Verletzungspech oder Leistungseinbrüche bei den Konkurrenten, stetiges Anbieten im Training – schon ist man zurück im Kader oder gar in der Mannschaft. Ähnliche Gedanken werden sich auch Hajnal und Jürgen Klopp machen. Der Trainer weiß, dass er sich nicht darauf verlassen kann, dass neue bzw. junge Spieler wie Kagawa, Lewandowski oder Götze immer auf höchstem Niveau spielen und topfit durch die Saison kommen. Daher ist nicht davon auszugehen, dass er Hajnal aktiv ‚vertreiben‘ will. Die Stärke der Borussia 2010/11 ist die Breite des Kaders. Klopp und Zorc sollten deshalb Tamas Hajnal nur bei einem guten und nicht bei einem nur akzeptablen Angebot gehen lassen.

Vor dem Start IV: Der Sturm

„Any Given Weekend“ beleuchtet in einer fünfteiligen Serie den Stand der Dinge bei Borussia Dortmund kurz vor dem Saisonstart am 14. August in Burghausen. Ich nehme dafür die verschiedenen Mannschaftsteile unter die Lupe – unter besonderer Berücksichtigung von deren Konkurrenzfähigkeit in der Bundesliga. Daraus leitet sich die Saisonprognose ab, mit der die Serie schließt.

Über diesen Mannschaftsteil gibt es vergleichsweise wenig zu diskutieren. Im aktuellen Spielsystem des BVB ist nur eine nominelle Stürmer-Stelle zu vergeben und die Hierarchie ist eigentlich klar. Es gibt jedoch ein paar ‚wenn‘ und ‚aber‘, eines davon gleich zu Beginn. Sollte Lucas Barrios erschöpft oder gar verletzt von der Länderspielreise nach Südamerika zurückkehren, dürfte 4 1/2-Millionen-Neuzugang Robert Lewandowski doch in die Sturmspitze rücken und die Position bei einer Glanzleistung erst mal behalten.

In der Vorbereitung gelangen dem polnischen Spieler des Jahres mehrere Treffer, mit der Position hinter den Spitzen ist er allerdings noch nicht richtig warm geworden. Wenn Barrios und Lewandowski gut harmonieren, könnte Jürgen Klopp daher versucht sein, das System hin und wieder oder sogar längerfristig hin zu einem 4-4-2 zu verschieben. Und noch ein ‚wenn‘: Findet der Trainer die richtige Rolle für Lewandowski, ist der Stürmer für eine zweistellige Zahl von Toren gut. Bei Lucas Barrios scheinen sich die ‚Experten‘ wie zu Beginn seiner Dortmunder Zeit nicht einig über seine Fähigkeiten zu sein. Manche trauen ihm nicht zu, noch mal die beeindruckende Marke von 19 Treffern zu erreichen. Teilweise vermutet man Motivationsschwierigkeiten nach der WM. Vielleicht werden es tatsächlich ein paar Tore weniger – das könnte dann aber auch daran liegen, dass Barrios bessere Offensivpartner bekommt.

Eine erfolgreiche Offensive zu haben setzt selbstverständlich voraus, dass Jürgen Klopp die beste Spieler-Kombination findet. Und angesichts der ersten zwei Klopp-Jahre spricht nun wirklich nichts dagegen. Barrios und Lewandowski können mit der richtigen Unterstützung ein schlagkräftiges Duo werden. Zumindest Lucas hat schon bewiesen, dass er auch ein mitspielender Stürmer sein kann. Aber was macht der BVB mit den ganzen anderen Stürmern? Nelson Valdez wird wahrscheinlich in Kürze nach Alicante wechseln. Mohamed Zidan ist noch geraume Zeit verletzt und hängt zudem in Ägypten fest. Nach seiner Rückkehr und Genesung ist er sowohl eine Option für das offensive Mittelfeld als auch im Sturm. Dimitar Rangelov hat zwar seine Qualitäten, die er bisher nicht häufig zeigen konnte oder durfte – trotzdem dürfte er bei einem ordentlichen Angebot wohl gehen. Die Frage ist nur, wer zurzeit bereit ist, eine siebenstellige Summe zu zahlen, denn für viel weniger wird man ihn nicht abgeben wollen.

Aus dem eigenen Nachwuchs stehen Marco Stiepermann und Daniel Ginczek im Kader. Stiepermann kam in der letzten Saison auf einige Kurzeinsätze in der ersten Mannschaft und sollte daher einen leichten Vorsprung vor Ginczek haben. Beide Spieler konnten sich allerdings in den Vorbereitungsspielen nicht so aufdrängen wie Mittelfeld-Hoffnung Mario Götze. Schließlich gibt es noch den ‚Vergessenen‘. Natürlich werden BVB-Fans wissen, von wem ich rede, aber Damien Le Tallec ist nach seiner Schulterverletzung letzte Saison ziemlich aus dem Fokus gerückt. Der 20-jährige Franzose hatte sich zuvor nah an die Stammelf herangearbeitet, scheint aber von diesem Status momentan wieder weit entfernt zu sein. Hier würde ich mir vom Verein, also konkret der Website und dem Mitgliedermagazin, mehr Informationen wünschen, denn Damien hat sein Talent bereits ansatzweise zeigen können.

Der BVB hat mit Lewandowski und Barrios ein vielversprechendes Sturmpaar gefunden – wenn die beiden harmonieren. Mit Zidan, zur Not Rangelov und ein paar entwicklungsfähigen jungen Leuten ist die schwarz-gelbe Offensive auch in der Breite sehr ordentlich besetzt. Daher gehört sie für mich, trotz der ‚wenn‘ und ‚aber‘, zum oberen Drittel der Bundesliga.

Wahrheit und Dichtung

(Updated) Die seriöse Sportpresse – konkret der „Kicker“ – berichtet heute vom Interesse des französischen Meisters Olympique Marseille an BVB-Stürmer Nelson Valdez. Der Club, der von Didier Deschamps trainiert wird, will sich offensichtlich für die Champions League in der Offensive breiter aufstellen. Noch in dieser Woche soll über einen Wechsel verhandelt werden. Jürgen Klopp und Michael Zorc sind bekanntlich bereit, Valdez abzugeben – wenn eine Ablöse von knapp fünf Millionen Euro erzielt werden kann. Ob es dazu kommt, bleibt wie immer abzuwarten.

Andere Medien wollen bereits wissen, wer die Nachfolge von Valdez antritt. Der B*** wird in manchen Blogs ja noch immer nachgesagt, dass sie gewöhnlich gut unterrichtet ist. Nun, wenn man 100 Gerüchte verbreitet, von denen fünf stimmen, dann hat man eine höhere Trefferzahl als bei zehn Gerüchten, von denen zwei stimmen – aber die Quote ist ziemlich mies. In diesem Fall will das Blatt erfahren haben, dass noch in dieser Woche der Transfer des 20-jährigen rumänischen Offensivmanns Gabriel Torje von Dinamo Bukarest zum BVB über die Bühne gehen soll – für ca. drei Millionen Euro.

Etwas anderes formulierte es heute der RTL-Videotext: „BVB holt den Porno-Zwergen“ [sic]. Gut, nun kann man sagen, vom Videotext des Senders, der mit seinen Fake-Reality-Shows zurzeit den größten Müll im deutschen Fernsehen produziert, braucht man nicht mehr zu erwarten. Aber die doppelte Niveaulosigkeit dieser Überschrift erschreckt sogar mich. Die Bezeichnung „Porno-Zwerg“ ist die Übersetzung des Spitznamens, den rumänische Fans dem 1,67 m großen Torje gegeben haben, da er ein, sagen wir ausschweifendes Privatleben haben soll. Was mich aber viel mehr aufregt, ist die Tatsache, dass RTL immer wieder reine Gerüchte in seinen Schlagzeilen als feststehend darstellt. Im jeweiligen Artikel werden dann natürlich die häufig zweifelhaften Quellen genannt oder es wird eben nachgereicht, dass alles doch noch nicht 100%ig sicher ist.

Wer sich allerdings mit der Situation bei Borussia Dortmund wirklich auskennt, hat sofort Zweifel an dem Gerücht um Torje. Nelson Valdez sollte auch deswegen abgegeben werden, um das Gehaltsbudget unter das vorgesehene Limit (35 Millionen €) zu drücken. Außerdem streben die Verantwortlichen eine halbwegs ausgeglichene Transferbilanz an – das könnte bei einem Weggang von Nelson gelingen. Für ihn einen Ersatz zu holen, war und ist nicht geplant. Im Gegenteil: Weitere Spieler wie Dimitar Rangelov und vor allem Florian Kringe können den Verein verlassen.

Hans Fixmer, der Berater von Gabriel Torje, hat gegenüber „Spox.com“ zu den Gerüchten folgendes zu sagen:

Michael Zorc hat ein aktuelles Interesse an Torje uns gegenüber bereits dementiert. Ich weiß nur so viel, dass Dortmund nur dann interessiert wäre, wenn man Tamas Hajnal abgeben könnte.

Fixmer sagt, was Berater so sagen, um ihre Schützlinge ins Gespräch zu bringen: Es gibt kein Interesse, aber das könnte ja noch kommen. Ob es allerdings Interessenten für Tamas Hajnal gibt oder überhaupt den Versuch, ihn noch abzugeben, ist fraglich. Der BVB hat inzwischen mehrere junge Spieler, die für das offensive Mittelfeld geholt wurden. Hajnal könnte die Alternative mit Erfahrung sein. Ein Wechsel wird jedenfalls von Zorc und Klopp nicht forciert wie bei Valdez und Kringe. Deshalb sind die (Fast-)Vollzugsmeldungen von B*** und RTL bezüglich Torje, die auf rumänischen Presseberichten beruhen, nichts als der Name einer AGW-Kategorie: Heiße Luft.

P.S. Natürlich wird es bei „Any Given Weekend“ nicht zur Regel werden, dass Gerüchte von der Qualität des Falls Torje diskutiert werden. Das sollte nur der einmalige Hinweis auf ein Extrembeispiel sein.

UPDATE: Inzwischen hat der BVB nicht nur ein Interesse an Gabriel Torje dementiert, sondern auch deutlich gemacht, dass man Tamas Hajnal nicht abgeben geschweige denn loswerden will.

Erste Tore und neue Verletzte

Beim drittletzten Testspiel vor dem Saisonstart lieferte Borussia Dortmund gestern gegen die anderen Schwarz-Gelben in Dresden anscheinend eine ansprechende Leistung ab und gewann mit 2:1 gegen den Drittligisten. Dabei kam es zu zwei Torpremieren: Lucas Barrios erzielte in seinem ersten Spiel nach dem Urlaub mit seinem ersten von hoffentlich vielen Saisontoren den Siegtreffer. Zuvor hatte bereits Shinji Kagawa mit seinem ersten Tor für den BVB überhaupt die Führung erzielt – per Kopf. Der Japaner wurde gestern von Jürgen Klopp im zentralen offensiven Mittelfeld eingesetzt, in der zweiten Hälfte übernahm Hajnal seine Position.

Kagawa wird nach jetzigem Stand zum Saisonauftakt eine echte Option für verschiedene Positionen sein. Schwieriger dürfte das nun für Lukasz Piszczek werden, der sich wie Dede einen Muskelfaserriss zugezogen hat und etwa zehn Tage ausfallen wird. Zumindest für die ersten ein, zwei Spiele sollte Patrick Owomoyela damit rechts hinten gesetzt sein. Ob der Ausfall Piszczeks auch das Testspiel-Highlight gegen Manchester City am Mittwoch beeinträchtigen wird, ist fraglich. Lukas wäre eine Alternative für die momentan verwaiste Linksverteidiger-Position gewesen – allerdings könnte Marcel Schmelzer bei normalem Heilungsverlauf bis dahin wieder fit sein. Wegen leichteren Verletzungen werden in den nächsten Tagen auch Mitchell Langerak und Felipe Santana mit dem Training pausieren müssen.

Interessant ist, wer gestern gar nicht in Dresden dabei war. Sebastian Kehl wird weiter geschont, hat Rückenschmerzen. Nelson Valdez durfte nicht mitfahren, weil er Jürgen Klopp nicht fit genug war. In seinem Fall spricht trotz seiner widersprüchlichen Äußerungen alles dafür, dass er den Verein noch verlassen wird. Zunächst mal steht jedoch für Valdez und auch Lucas Barrios ein Laktattest an.

Ein Elfmeter zum Geburtstag

Der Umweg nach München brachte dem BVB heute auf der Rückreise vom Trainingslager ein 1:1 gegen den TSV 1860 ein. Das Spiel im Stadion an der Grünwalder Straße war gleichzeitig Jubiläumsspiel und Teil des Rukavina-Bender-Tauschgeschäfts. Nicht lumpen ließ sich dabei der Schiedsrichter, der den Gastgebern in der 70. Minute einen Elfmeter zum Geburtstag spendierte – nach einer völlig harmlosen Aktion von Owomoyela gegen Nsereko.

Zuvor hatte es eine höhepunktarme erste Halbzeit gegeben, in der der BVB klar das spielbestimmende Team war und einige gefällige Kombinationen zeigte, aber kaum einmal den letzten Pass zum Ziel brachte, so dass es auch kaum Chancen zum Abschluss gab. Die zweite Hälfte war deutlich lebhafter von beiden Seiten, die Schwarz-Gelben hatten durch Hummels und Lewandowski Möglichkeiten, aber letztlich war es der Löwe Ludwig, dem vom Punkt das erste Tor der Begegnung gelang. Gut fünf Minuten später konnte ausgerechnet da Silva, der sich weiterhin beim BVB fit hält, nach einem Eckball ausgleichen.

Das 1:1 ging während der Übertragung auf „abendzeitung.de“ etwas unter, da parallel ein Interview mit irgendeinem Ex-Löwen lief, dessen Namen ich mir nicht gemerkt habe. Zur ersten Live-Übertragung eines Fußballspiels auf dieser Seite bleibt ansonsten zu sagen: Sehr ordentliche Bildqualität, verbesserungswürdige Bildregie. Bei letzterer ist man von den Bundesliga-Übertragungen Besseres gewohnt. Das ist nicht verwunderlich, der Aufwand bei der Produktion der Liga-Bilder ist schließlich deutlich höher. Trotzdem wirkten die Perspektivwechsel und die Schwenks ins Publikum öfter irritierend.

Nach dem Ausgleich zeigte der BVB noch eine richtig ansehnliche Schluss-Viertelstunde und hätte das Siegtor verdient gehabt. Nachwuchshoffnung Mario Götze etwa machte bei seinem Schuss alles richtig, der eingewechselte Torwart Tschauner konnte jedoch parieren. Auch Jürgen Klopp hatte in der zweiten Hälfte weitgehend durchgewechselt, so dass fast alle Startelf-Kandidaten bis auf Lucas Barrios, den verletzten Zidan und den geschonten Kehl zu sehen waren.

Nach jedem Testspiel, insbesondere denen, die man live sehen kann, bleibt die Frage nach den zu gewinnenden Erkenntnissen. Die Systemfrage – 4-4-2 oder 4-2-3-1 – hält Jürgen Klopp für nicht entscheidend, da bei der von uns praktizierten Spielweise die Unterschiede klein seien. Wie schon im letzten Beitrag erwähnt wirft aber die Besetzung der Offensivreihe hinter dem zentralen Stürmer die größten Fragen auf. Lewandowski machte seine Sache auf der offensiv ausgerichteten 10er-Position in der zweiten Hälfte ordentlich – ob das die Ideallösung ist, werden hoffentlich die verbleibenden Trainings- und Testspielwochen zeigen. Ich bin da noch unschlüssig. Ab der 64. Minute, nach dem Massenwechsel, rückte er in die Spitze.

Kagawa und Großkreutz scheinen für mich momentan einen kleinen Vorsprung auf den Außenbahnen zu haben, der aber nicht so groß ist, als dass beispielsweise Kuba nicht mehr rankommen könnte. Kagawa wirkt wendig und kreativ, könnte sich aber bei der Quote erfolgreicher Pässe noch verbessern. Großkreutz überzeugt wie letzte Saison durch Einsatz und Bissigkeit. Tamas Hajnal machte in den gut 25 Minuten, die er bekam, einen guten Eindruck. Er könnte aber durch Mario Götze noch weitere Konkurrenz bekommen – der durfte eine ganze Halbzeit spielen und überzeugte ebenfalls.

Im Moment hat Jürgen Klopp viele Optionen – eigentlich zu viele, wenn man an Mannschaftsgefüge und Gehaltsbudget denkt. Im verlinkten Interview spricht der Trainer deutlich aus, dass der ein oder andere Spieler noch gehen könnte. Wenn es um mögliche Wechsel geht, ist zunächst stets die Rede von Nelson Valdez. Gerüchten zufolge sollen sich Verantwortliche des spanischen Erstligaaufsteigers FC Hercules aus Alicante mit BVB-Verantwortlichen zu Verhandlungen treffen oder schon getroffen haben – warten wir es ab.

Beengte Pässe

Der BVB hat gestern den ersten ‚Punktverlust‘ der Saisonvorbereitung hinnehmen müssen. Gegen den türkischen Überraschungs-Meister Bursaspor gab es im österreichischen Stegersbach ein 1:1-Unentschieden. Das Spiel wurde vom türkischen Fernsehen übertragen und war somit auf die ein oder andere Weise auch für BVB-Fans zu sehen. Ich konnte mir nur wenige Minuten der zweiten Hälfte anschauen und sah Schwarz-Gelbe, die sich bemühten, aber nur bei Standardsituationen gefährlich wurden. Folgerichtig fiel der Ausgleich durch einen direkten Freistoß von Marcel Schmelzer – bisher war nicht bekannt, dass Standards zu den Stärken des jungen Linksverteidigers zählen.

Was mir auffiel: Aus allen Kameraperspektiven sah der Platz in Stegersbach sehr klein aus, sowohl in der Länge als auch in der Breite. Pässe auf die Flügel wurden so häufig zu scharf gespielt und rollten ins Aus, in der Spitze waren zudem die Räume eng und die Offensiven hatten es schwer. Falsche Platzwahl oder doch optische Täuschung durch die Kamerapositionen? Ich tendiere zu ersterem.

Außer solchen Details gibt es wenig Neues aus der Dortmunder Saisonvorbereitung zu berichten. Noch ist nichts von konkreten Angeboten für Nelson Valdez zu hören – Spekulationen über ein Interesse an Lucas Barrios können erst mal in der Gerüchteküche bleiben. Eine der spannendsten Fragen im Hinblick auf die Aufstellung wird sein, für wen sich Jürgen Klopp im offensiven Mittelfeld, speziell auf der 10er-Position, entscheidet. Mohamed Zidan wird noch ein paar Monate ausfallen. Robert Lewandowski hat sich auf jener Position nur im Spiel gegen Lotte bewährt, die Sturmspitze scheint ihm besser zu liegen. Shinji Kagawa zeigt bereits gute Ansätze, aber ob er schon bereit für Bundesliga und Europa League ist, wird man frühestens am Ende der Vorbereitung abschätzen können. Tamas Hajnal hatte seinen Platz an Zidan verloren und möchte ihn zurückhaben. Ich war immer der Überzeugung, dass er alle nötigen Fähigkeiten hat, aber er wird in den verbleibenden Testspielen auf sich aufmerksam machen müssen.

Die nächste Gelegenheit dazu gibt es am Samstag. Auf der Rückreise aus Österreich machen die Schwarz-Gelben in München Halt und spielen um 15:30 Uhr zum Vereinsjubiläum gegen den TSV 1860. Von diesem Spiel wird es einen offiziellen Livestream auf abendzeitung.de geben.

Zurück in Dortmund

Jürgen Klopp hat die RTL-Bühne wieder mit der Bühne des Westfalenstadions getauscht und ist zurück in Dortmund. Gerade rechtzeitig, denn heute war beim BVB Trainingsauftakt, den ungefähr 13.000 Fans im Stadion verfolgten. Die Schwarz-Gelben sind damit später in die Saisonvorbereitung gestartet als manch anderer Bundesligist. Der FC Bayern und der S04 trainieren schon seit 1-2 Wochen wieder, mutmaßlich wegen dem eminent wichtigen Ligapokal, den beide spielen müssen. Ansonsten erschließt sich der Sinn des frühen Urlaubsendes nicht so ganz, zumal gerade die Bayern deutlich mehr Nationalspieler stellen als der BVB. Aber natürlich muss uns das nicht wirklich kümmern.

Neben drei der vier Neuzugänge, den neuen Auswärtstrikots und einem leichten Aufwärmprogramm der Spieler gab es für die Neugierigen im Westfalenstadion drei 20-minütige Testspiele gegen Bezirksligisten aus dem Raum Dortmund und dem Münsterland zu sehen. Die ersten beiden Blitzpartien gegen den Hörder SC und die SF Nette endeten standesgemäß 4:0 und 6:0, gegen Hörde gelang dem lange herbeigesehnten Neu-Dortmunder Robert Lewandowski gleich ein Hattrick. Das Spiel gegen den SC Nordkirchen ging schließlich sehr knapp aus: Mit dem 0:1 werden die Amateure sicher gut leben können.

Die ernsthafte Trainingsarbeit beginnt in den nächsten Tagen. Nach und nach werden die bei der WM eingesetzten oder anwesenden Spieler dazustoßen: Neuzugang Shinji Kagawa stand zwar nicht im Kader, war aber trotzdem auf Abruf mit der japanischen Nationalmannschaft in Südafrika. Er wird am 12. Juli das Training in Dortmund aufnehmen. Zwei Tage später kehrt Neven Subotic zurück, die im Viertelfinale gescheiterten Paraguayaner Nelson Valdez und Lucas Barrios werden am 25. Juli erwartet.

Angebote anderer Vereine für einen der WM-Teilnehmer sind bisher noch nicht eingegangen – auch nicht für Nelson Valdez, wie Michael Zorc verlauten ließ. Florian Kringe, der in den schwarz-gelben Plänen keine Rolle mehr spielen soll, wird natürlich vorerst weiter mit der ersten Mannschaft trainieren – wenn er wieder fit ist. Die Boulevardpresse entblödet sich unterdessen nicht, uns die Suche nach einem weiteren Stürmer anzudichten – dabei wird es eher darum gehen, noch ein oder zwei Spieler abzugeben. Einer der Betreffenden könnte Valdez sein. Sicher ist das aber noch nicht, denn dazu müsste es zunächst Interessenten geben.

Auch morgen lohnt es sich, nicht nur Fußball-Nachrichten aus Südafrika zu beachten: Die DFL gibt den Bundesliga-Spielplan für die kommende Saison bekannt. Traditionellerweise sind dabei das Auftaktprogramm und  die letzten Spieltage von besonderem Interesse. Eine erste Einschätzung aus schwarz-gelber Sicht gibt es morgen an dieser Stelle.

WM Schwarz-Gelb

Zeit für eine Zwischenbilanz. Andere Blogger haben die Fußball-WM in Südafrika viel intensiver schriftlich begleitet als ich, deshalb werde ich mich in diesem Beitrag auf meine ‚Kernkompetenzen‘ beschränken und einen Blick auf die bisher gezeigten Leistungen der Dortmunder Nationalspieler werfen. Es waren bekanntlich (nur) drei.

Neven Subotic hat für Serbien nur einmal von Beginn an gespielt: Gegen Deutschland. In dieser Begegnung konnte er überzeugen, ohne besonders spektakuläre Aktionen zu verzeichnen. Gefährliche deutsche Aktionen kamen meist über außen zustande, Subotic spielte in der Innenverteidigung eine sehr solide Partie gegen über lange Zeit nur zehn Deutsche. Im letzten Gruppenspiel vertraute Trainer Antic trotzdem wieder Lukovic, den Subotic nach dessen Platzverweis bereits gegen Ghana in der letzten Viertelstunde ersetzt hatte. Durch das serbische Vorrunden-Aus sind weitere WM-Einsätze erst in vier Jahren möglich. Neven konnte sich aufgrund der beschränkten Einsatzzeit und den Umständen des Spiels gegen Deutschland nicht wirklich in den Vordergrund spielen und dürfte seinen Marktwert in Südafrika nicht wesentlich gesteigert haben. Schade für ihn, gut für den BVB. Trotzdem ist nicht ausgeschlossen, dass sich noch im Sommer Interessenten für ihn melden werden.

Nelson Valdez ist einer der Dortmunder, dem man keine Steine in den Weg legen würde, wie es so schön heißt. Die BVB-Verantwortlichen hätten nichts dagegen, wenn er in Südafrika positiv auf sich aufmerksam macht. Bisher hat Nelson so gespielt wie Nelson Valdez spielt: Engagiert und mit einigen Torschüssen, bei denen er aber glücklos blieb. In allen drei Vorrundenpartien spielte er von Beginn an, wurde jedoch immer nach einer guten Stunde ausgewechselt. Im Achtelfinale war es umgekehrt. Das Spiel gestern gegen Japan war alles andere als ein Fußball-Leckerbissen und vielleicht das schwächste des Achtelfinals. Valdez hatte nach seiner Einwechslung noch die eine oder andere Szene, aber nichts, dass die Scouts großer Vereine hätte aufmerken lassen. Wie alle Paraguayaner wird er froh sein, seinen Elfmeter verwandelt zu haben, der zum ersten Viertelfinal-Einzug bei einer WM beitrug. Auch für Nelson gilt, dass er wahrscheinlich auf den Listen einiger Club-Manager steht, aber seine bisherigen Auftritte in Südafrika die Zahl der Interessenten nicht groß beeinflusst haben dürften. Den ‚großen Sprung‘ wird es für ihn nach jetzigem Stand nicht geben.

Lucas Barrios war nach seinen Toren in der WM-Vorbereitung vermutlich der Dortmunder, der in Südafrika am Genauesten beobachtet wurde. Der gebürtige Argentinier spielt bekanntlich für Paraguay und kann natürlich nicht losgelöst von seiner Mannschaft betrachtet werden. In den Spielen, in denen die Rot-Weißen vorsichtig und defensiv agierten – gegen den noch amtierenden Weltmeister Italien und im Achtelfinale gegen Japan – kam Barrios nur schwer zur Geltung, da er vorne häufig auf sich allein gestellt war. Besser lief es im Spiel gegen die Slowakei, in dem Lucas agiler wirkte und eines der schönsten Tore der Vorrunde, durch Vera, vorbereitete. Im folgenden Vorrundenspiel gegen Neuseeland wurde er trotzdem erst nach 66 Minuten eingewechselt. Gegen Japan war er über 120 Minuten dabei, hatte aber nur zwei Chancen.

Letztendlich wird ein anerkannter Torjäger an Toren gemessen und die sind Lucas bisher noch nicht gelungen. Ein Scorerpunkt in vier Spielen liest sich auch nicht beeindruckend. Wir Schwarz-Gelbe wissen natürlich, zu was er mit der richtigen Taktik und in der richtigen Form in der Lage ist. Im Viertelfinale trifft Paraguay auf Spanien. Sollte Lucas in diesem Topspiel ein schönes Tor gelingen, könnte das die Aufmerksamkeit erregen, die er bisher noch nicht haben dürfte. Trotz allen Implikationen hätte ich nichts dagegen, wenn Lucas und Nelson mit Paraguay eine Überraschung gegen Spanien gelingt – obwohl einem das nach gestern wenig wahrscheinlich vorkommt.

It’s official: Deutschland v England und Italien ist draußen

Die WM gewinnt an Fahrt und beschert uns am Sonntag das Achtelfinale, auf das nicht nur die Boulevardpresse insgeheim spekuliert hatte. Deutschland gegen England wird ein Knaller, egal wie es ausgeht, ein Spiel, das für Gesprächsstoff sorgen wird. Es ist ungewiss, ob es ein qualitativ gutes Spiel wird, aber ich denke, Einsatz und Spannung werden stimmen. 😉

Weder die drei Löwen noch die Löwschen Jungs haben bisher konstante Leistungen gezeigt. Bei den Engländern war in der Partie gegen Slowenien ein Aufwärtstrend zu erkennen, allerdings war die Chancenverwertung noch alles andere als kaltblütig. Das deutsche Team wirkte gegen Ghana wenig kreativ und kam nur durch die Einzelaktion von Mesut Özil zum knappen Sieg, der auch den Gruppensieg bedeutete. Ausgerechnet Mesut Özil, dem ich noch 20 Minuten vor seinem Tor prophezeiht hatte, niemals ein WM-Tor zu schießen.

Für mich ist das Spiel am Sonntag völlig offen. Es ist einfach zu sagen, aber in diesem Fall wird wirklich die Tagesform der Mannschaften entscheiden. Aufgrund der bisher gezeigten Leistungen einen Favoriten auszurufen, halte ich für äußerst gewagt. Um so spannender dürfte die Partie werden. Dass sie überhaupt zustande kam, ist den US-Amerikanern zu verdanken, die in der Nachspielzeit gegen Algerien das Weiterkommen und den Gruppensieg schafften – durch Landon Donovan, für den das Tor eines seiner größten Karriere-Highlights gewesen sein dürfte. Die USA stehen natürlich vollkommen zu Recht im Achtelfinale, nachdem ihnen gegen Ghana noch das Siegtor geklaut worden war.

Zu einer spannenden Weltmeisterschaft gehören Überraschungen und der heutige Tag hatte die bisher größte zu bieten. Das Ausscheiden der Franzosen hatten Fußballinteressierte angesichts des desolaten Zustands der Mannschaft vermutlich nicht ausgeschlossen. Dass aber Weltmeister Italien sich in einer leichten Gruppe mit den Gegnern Neuseeland, Slowakei und Paraguay nicht durchsetzen würde, hat wohl kaum jemand vorhergesehen. Ausgerechnet die Slowaken schickten die Italiener nach Hause – mit einer gewaltigen Leistungssteigerung, die ebenfalls niemand vorhergesagt haben dürfte. Robert Vittek, der ehemalige Nürnberger, der inzwischen in der Türkei bei Ankaragücü spielt, bereitete mit zwei Toren den Weg für die Sensation. Und in den letzten 20 Minuten war es ein Spiel, wie man sich das bei einer WM vorstellt: Packend und spannend bis zuletzt, mit Toren und strittigen Szenen gespickt. Geht doch!

Das Ausscheiden eines weiteren europäischen Spitzenteams scheint das Südamerika-Comeback bei dieser WM zu bestätigen. Auch Paraguay mit Lucas Barrios und Nelson Valdez ist weiter, heute gab es allerdings nur ein 0:0 gegen Neuseeland. Der Gegner im Achtelfinale wird voraussichtlich der Sieger des heutigen Abendspiels Japan v Dänemark sein – hört sich nach einer lösbaren Aufgabe für die ‚Dortmunder Jungs‘ an.

WM-Parallelen

Das erste verlängerte WM-Wochenende ist vorbei und ich werde nichts über Vuvuzelas schreiben. Mir sind vielmehr einige Parallelen zum letzten Turnier in Deutschland aufgefallen. Damals wurde genauso wie in den letzten Wochen über den offiziellen WM-Ball gemeckert. Bei den ersten Spielen in Südafrika war dieser wirklich nicht der Freund der Torhüter. Aber haben Englands Robert Green und Algeriens Chaouchi harmlose Schüsse durchrutschen lassen, weil der Ball irgendwie komisch geflogen ist? Mit dem bloßen Auge und vor dem Fernseher lässt sich das leider nicht erkennen. Da müssen wir wohl noch etwas abwarten, ob es zu einer Häufung von Torwartpatzern kommt.

Das Niveau in den ersten WM-Spielen war überschaubar, ähnlich wie in Deutschland. Allgemeine defensive Stabilität und lahmendes Flügelspiel scheinen die Hauptgründe zu sein. Die Defensiven fast aller bisher zu sehenden Teilnehmer sind taktisch ordentlich geschult und verschieben gut. Wie 2006 war es die deutsche Mannschaft, die in ihrem ersten Spiel am besten zu gefallen wusste und dazu noch defensivstärker als vor vier Jahren auftrat. Eine recht souveräne Vorstellung lieferten noch die Argentinier ab und gespannt sein darf man auf die nächsten Partien der Südkoreaner. Die zeigten gegen schwache Griechen technisch ansprechenden Fußball, auch wenn nicht alles funktionierte. Für das Achtelfinale könnte das reichen.

Heute Abend haben Lucas Barrios und eventuell Nelson Valdez mit Paraguay ihren ersten Auftritt – gegen den amtierenden Weltmeister. Mehr dazu morgen an dieser Stelle.