Bayern sticht Dortmund aus

DFB-Pokal, Finale / Bayern München 4 BVB 3 (n.E.)

Ein heiß umkämpftes Pokalfinale der zwei besten deutschen Mannschaften, taktisch und defensiv besser als in der Offensive, aber ungemein spannend. Dennoch liegt der Felsen am Ende des Tages wieder am Fuß des Bergs und Borussia Sisyphos muss von vorne anfangen. Und zwar nicht nur auf dem Weg nach Berlin, sondern auch beim Zusammenstellen eines neuen Erfolgsteams.

Dass sich Thomas Tuchel nach dem Spiel Gedanken über seine Auswahl der Elfmeterschützen und Mats Hummels‘ Auswechslung machte, ist seiner Enttäuschung oder den bohrenden Reporterfragen geschuldet. Sich lange damit aufhalten muss man nicht. Elfmeterschießen ist größtenteils Lotterie und Matthias Ginter machte seine Sache nach der Hereinnahme so schlecht nicht.

Tatsächlich waren die 120 Minuten ein Abnutzungskampf. Es schien auch darum zu gehen, wer die lange Saison besser verkraftet hatte. Die Schwarz-Gelben hatten ja noch mehr Spiele absolviert. Wie entscheidend die Kraftfrage am Ende war, sei dahingestellt. Schmelzer und Hummels mussten jedenfalls aus Kraftgründen ausgewechselt werden. Weiterlesen „Bayern sticht Dortmund aus“

The Long Goodbye of Pep Guardiola

Jetzt ist es endlich raus: Pep Guardiola verlässt den FC Bayern nach drei Jahren im Sommer. Und natürlich gehört es zum Selbstverständnis des Rekordmeisters, auch medial keine Sekunde ohne Trainer dazustehen: Mit Carlo Ancelotti steht der Nachfolger bereits fest. Und im nächsten Halbjahr dreht Pep seine Abschiedsrückrunde, die, so das Bayern-Skript, mit dem Champions League-Sieg enden soll.

Nun sagen manche Medienvertreter – womöglich, weil sie keinen bevorzugten Zugang zu Guardiola bekamen – der Drei-Jahres-Trainer habe keine Ära geprägt, weil er bisher nicht die CL mit dem FCB gewonnen hat. Andere trauern gleich, dass die Bundesliga einen Verlust erleide, wenn Bayern ohne Pep daherkommt. Beides ist natürlich Quatsch. Guardiola hat dem FC Bayern gut getan. Die Liga verliert mit seinem Abgang zwar einen echten Fußball-Typen, aber unattraktiver wird sie sicher nicht.

Zum einen kommt Ancelotti, zum anderen mit ihm auch ein Hoffnungsschimmer, dass es für die Bayern ein wenig weniger souverän zugeht in der Meisterschaft. Denn auch wenn die Liga 18 Vereine hat, entscheidet doch der Kampf um die Meisterschaft zu einem wesentlichen Teil darüber, als wie attraktiv der Wettbewerb wahrgenommen wird.

Trotzdem Super

Supercup / BVB 2 Bayern München 0

Is‘ ja nur Supercup… aber trotzdem schön, ihn zu haben! Mit einer deutlichen Leistungssteigerung wichtiger Akteure gegenüber dem Liverpool-Spiel und dank des Spieler-Roulettes von Pep Guardiola hat sich Borussia Dortmund die erste Trophäe der Saison gesichert. Nicht zu vergessen: die Arbeit von Jürgen Klopp, der den schwarz-gelben Jungs viel taktische Flexibilität verordnet hatte.

Gerade in der Offensive wurde innerhalb des Spiels immer wieder rotiert: So fanden sich mal Hofmann, mal Mkhitaryan in der zentralen Position wieder – und der starke Aubameyang wich immer wieder mal auf die Flügel aus. Bayern gewann die Ballbesitz-Wertung der ersten Halbzeit, aber kriegte nur einen Schuss von Shaqiri aufs Tor. Vor allem die schwarz-gelbe Innenverteidigung zeigte sich stark verbessert gegenüber dem Auftritt an der Anfield Road – Sokratis ohnehin, Neuling Ginter nach einem Flüchtigkeitsfehler ebenfalls.

Pep Guardiola hatte eine gewagte Mittelfeld-Formation gewählt: Vor einer nominellen Dreier-Abwehr spielten die Nachwuchskräfte Hojberg und Gaudino neben den Neuzugängen Rode und Bernat. Dortmund hatte im Zentrum in entscheidenden Situationen Vorteile. Der Spielaufbau lief flüssiger, auch weil Kirch und vor allem Mkhitaryan mehr Platz hatten – und der Armenier richtig viel draus machte. In der 23. Minute zog „Miki“ an, gab zu Aubameyang weiter, dessen unfreiwilligen Abpraller er dann wuchtig versenkte. Der Junge kann so viel und ich bin ziemlich sicher, dass er in dieser Saison noch mehr davon zeigen wird.

Nach dem Dortmunder Führungstreffer verschob sich das spielerische Moment endgültig zugunsten des BVB – und dabei sollte es bleiben. Guardiola musste nach einer guten halben Stunde Martinez mit Verdacht auf eine Knieverletzung ersetzen, doch auch die nicht erzwungenen Wechsel – Lahm und Götze kamen für Müller und Höjberg – änderten nichts an der Richtung, in die das Spiel lief. Lewandowski konnte sich nur einmal kurz nach der Pause nachhaltig in Szene setzen, doch Keeper Mitch Langerak bestätigte in dieser Szene seine blitzsaubere Leistung. Mehr zu tun hatte freilich Manuel Neuer – x Bälle wehrte er mit zwei Fäusten ab. Ein etwas platzierterer Abschluss und die Partie hätte früher entschieden sein können.

Das folgerichtige 2:0 durch Pierre-Emerick Aubameyangs Kopfball fiel nach einem Doppelpass mit dem ebenfalls verbesserten Lukasz Piszczek. Da dachte man gerade, Auba sei seriös geworden mit seiner braven Frisur, da holt unsere Nummer 17 eine Spiderman-Maske aus dem Stutzen und setzt sie auf. Manche mögen das albern finden, ich fands gerade in diesem Spiel richtig cool – ein bisschen Spaß muss sein.

Was in Hälfte 2 noch auffiel: Eric Durm durfte für Marcel Schmelzer ran, der bei der Martinez-Verletzung vom Spanier am Arm getroffen worden war. Und mit ihm kam einfach deutlich mehr Schwung auf die linke Seite – eine Tatsache, die irgendwann auch mal Jürgen Klopp zu denken geben muss. Ciro Immobile war noch etwas zu eigensinnig – einige seiner Schüsse waren ordentliche Torannäherungen, jedoch in Szenen, wo der italienische Neuzugang mit einem Abspiel für noch mehr Gefahr hätte sorgen können.

Und dann war da die hässliche Bayern-Verlierer-Fratze in Form des frustrierten Jerome Boateng, der Oliver Kirch an der Seitenlinie übel umsenste und dafür mit Gelb zu gut bedient war. Ist aber auch hart, wenn man gegen den Konkurrenten eine Torschussbilanz von rund 3:21 aufweist.

Muss man jetzt noch mal erwähnen, dass diese Bayern nicht die Bayern der nächsten Monate sein werden? Wir bleiben lieber bei Schwarz-Gelb: Da haben Spieler und Trainer heute erneut bewiesen, wie lernfähig sie sind. Wir haben den Supercup und auf einmal auch keine Angst mehr vor Leverkusen!

Die Aufstellung: Langerak – Piszczek, Sokratis, Ginter, Schmelzer (46. Durm) – Kehl, Kirch (85. Bender), Mkhitaryan, Hofmann – Aubameyang (63. Ramos), Immobile. Tore: Mkhitaryan, Aubameyang

Robbened

DFB-Pokal, Finale / BVB 0 Bayern München 2 (n.V.)

Bayern-Trainer Pep Guardiola hat sich für das Endspiel im Olympiastadion etwas einfallen lassen. Boateng, Martinez und Dante agierten als Dreierkette und sorgten so für ein Übergewicht des Meisters im Mittelfeld. Bei der Borussia sah es dagegen eher nach einem 4-3-3 aus, mit Großkreutz, Sahin und Jojic im Zentrum. Das Bayern-System funktionierte besser – der BVB kam vor allem in der ersten Hälfte zu selten in Strafraumnähe und behalf sich zu häufig mit ziellosen langen Bällen. Insgesamt hatte der späte Sieger mehr Chancen zu verbuchen und einen Arjen Robben, der erneut in einem entscheidenden Spiel den Unterschied ausmachte.

Das kann und sollte man alles deutlich sagen. Aber: Wie nicht zuletzt der FC Bayern der letzten Wochen weiß, kann ein Fußballspiel durch ein Tor eine Wendung nehmen. Und Borussia Dortmund wurde gestern in der 65. Minute ein reguläres Tor durch Mats Hummels geklaut. Es war deutlichst zu sehen, dass Dantes Rettungsaktion hinter der Linie erfolgte – komisch, dass das nach offiziellen DFB-Angaben nicht mal dem Assistenten von Florian Meyer auffiel.

Die Diskussion über die Torlinientechnik ist in den Sonntagszeitungen oder im Sport1-Doppelpass bereits wieder eröffnet worden. Tatsache ist, dass die DFL-Klubs diese kürzlich mehrheitlich abgelehnt haben, vor allem aus finanziellen Gründen. Für die korrekte Bewertung der gestrigen Situation hätte allerdings schon ein Torrichter gereicht – der deutlich billiger wäre. Ich war bisher gegenüber der Torlinientechnik neutral und gegenüber dem Videobeweis ablehnend eingestellt. An letzterem wird sich nichts ändern – Fehler gehören bei allen Beteiligten dazu und eklatante Eingriffe ins Spiel sollte man vermeiden. Doch für die Frage „Tor oder nicht“ muss es möglich sein, eine Lösung zu finden. Man könnte einen Fonds schaffen, der zur Finanzierung der Technik dient und in den die großen Vereine mehr als die kleinen einzahlen. Oder man könnte schlicht auf zusätzliche menschliche Augen hinter dem Tor setzen – auch wenn der fünfte und sechste Offizielle die meiste Zeit beschäftigungslos wären. Weiterlesen „Robbened“

Sind wir wieder wer?

Muss man sich wirklich wundern, wenn ein im Champions League-Finale mit 1:2 unterlegener Verein gegen den Sieger ein paar Wochen später mit 4:2 gewinnt? Es hatte den Anschein, dass erst mal wieder zu beweisen war, dass der FC Bayern nicht unschlagbar ist. Zu sehr war der Triple-Sieger im Trommelfeuer der Medien zum Überverein stilisiert worden. Zunächst wurden das erste Training von Pep Guardiola und später die Saisoneröffnung der Bayern live im Fernsehen übertragen – Ereignisse, die eigentlich getrost den Fans vor Ort vorbehalten bleiben könnten. Dann war da der Luxus-Wechsel von Thiago Alcantara und schließlich folgten deutliche Testspiel-Siege gegen den HSV, Mönchengladbach und den FC Barcelona.

Kaum jemand, so scheint es, hatte also im Supercup in Dortmund ernsthaft mit dem BVB gerechnet. Und nun das: Die Schwarz-Gelben besiegen die ‚Super-Bayern‘ mit einem Ergebnis, das fast an die Höhe des Triumphs von Berlin herankommt. Wichtige Spieler fehlten auf beiden Seiten – Mkhitaryan und Piszczek sowie Neuer und Ribery. Ich weilte während des Spiels im Urlaub und habe es nicht gesehen. Doch das Ergebnis legt zumindest nahe, dass die Borussia selbst ohne den Rekordtransfer konkurrenzfähig ist. Und mit Ilkay Gündogan sollte unter fast allen Umständen verlängert werden.

Die Überraschung war also groß, dass der FCB dieses zumindest als Prestigeduell zu bezeichnende Spiel verloren hat. Und nun wird allerorten wieder die Frage gestellt, ob es in dieser Saison wieder zu einem echten Duell zwischen Roten und Schwarz-Gelben kommen kann. Das Schöne daran: Wir müssen uns an der Debatte nicht beteiligen und die BVB-Verantwortlichen wiegeln auch bereits ab. Auf dem Papier sind die Bayern übermächtig – das muss und darf vor jeder Saison und ganz besonders vor dieser wieder betont werden. Jürgen Klopp und seine Mannschaft sollten sich tatsächlich nicht auf dieses vermeintliche Duell konzentrieren, sondern auf die Partien gegen die anderen Teams – denn da blieben in der vergangenen Spielzeit einige Punkte unnötig liegen.

In diesem Sinne sind auch die Worte des Trainers nach dem Supercup zu verstehen:

Gewonnen zu haben, ist schon geil. Unsere Konkurrenz aber sind 16 andere Mannschaften. Wir wollen uns nicht ständig mit den Bayern messen. Doch wenn wir auf sie treffen, wollen wir sie schlagen.

Was wirklich wichtig ist: Eine Woche vor dem echten Saisonauftakt hat man das Gefühl, dass die Mannschaft alle Möglichkeiten besitzt, weiter erfolgreich und immer wieder auch schön Fußball zu spielen. Wir haben aufregende neue Akteure im Kader. Und ja, wenn es noch eines Beweises bedurfte, ist es ebenfalls hilfreich, den anderen Vereinen gezeigt zu haben, dass der Gottiola-Klub schlagbar ist.

Götze und der König der Heuchler

Mario Götze wechselt zum FC Bayern. Schuld daran ist in erster Linie eine Ausstiegsklausel, die er und sein Berater Volker Struth in den unlängst verlängerten Vertrag haben schreiben lassen. Auf die hat sich Borussia Dortmund eingelassen. Auf die hat sich auch Bayern München eingelassen. Zum zweiten Mal innerhalb von einem Jahr kauft der FCB einen Spieler mit langfristigem Vertrag für nahezu 40 Millionen Euro aus demselben. Geld, das nach derzeitigem Stand rechtlich einwandfrei verdient wurde. So weit, so business.

Und nun mal Nüchternheit und Selbstbeherrschung beiseite: Die Äußerungen von Uli Hoeneß zu den ’spanischen Verhältnissen‘ in der Bundesliga sind im Angesicht dieses Transfers an Heuchelei und Populismus nicht zu überbieten. Nochmal chronologisch: Im Herbst versichert Karl-Heinz Rummenigge, der FC Bayern habe nicht vor, die nationale Konkurrenz – also Borussia Dortmund – durch Abwerben von Spielern zu schwächen. Vor kurzem machte sich Uli Hoeneß, der nur dank einer Kaution auf freiem Fuß sein soll, medienwirksam Sorgen wegen angeblich drohender „spanischer Verhältnisse“ in der Bundesliga. Also weil nun vermeintlich zwei Vereine die Liga dominieren und nicht wie zuvor einer.

Hoeneß bot der Liga großzügig an, sich gemeinsam Gedanken zu machen, was getan werden könne, um das zu verhindern. Die Reaktion darauf fiel verhalten aus. Vielleicht weil sich niemand so richtig vorstellen konnte, was der Bayern-Präsident im Sinn hatte. Möglicherweise war es ein Benefizspiel gegen die abstiegsgefährdete TSG Hoffenheim. Denn die TV-Verträge und die Verteilung der Einnahmen daraus sind auf Jahre festgezurrt und andere Stellschrauben gibt es kaum.

Der FCB-Grande fühlte sich daraufhin unverstanden, mochte jedoch seine Ideen nicht öffentlich darlegen, sondern zog sein Gesprächsangebot an die Liga und den BVB zurück. Wenig später wurde der Götze-Transfer bekannt. Der aber in Wahrheit schon Tage, wenn nicht Wochen vorher eingetütet war. Und nicht nur eine Schwächung des direkten Konkurrenten darstellt, sondern selbstredend auch den Abstand zum Rest der Liga vergrößert.

Jürgen Klopp war auf der Pressekonferenz zum Madrid-Spiel bemüht, die Wogen um Götze zu glätten und hatte eine beschwichtigende Erklärung für dessen Wechsel: Er wolle unbedingt unter Guardiola spielen. Und es mag sein, dass die Bayern auch erst auf Wunsch des neuen Supertrainers an Götze herantraten. Trotzdem steht unter dem Strich: Die Prinzipien des FC Bayern und insbesondere von Uli Hoeneß gelten nur, solange sie dem eigenen Vorankommen nicht im Weg stehen.

Heute Abend ist also Champions League und Real Madrid zu Gast. Es wäre selbstverständlich kontraproduktiv, Mario Götze nun auszupfeifen, aber manche werden sich trotzdem nicht davon abhalten lassen. Bei Any Given Weekend wird die emotionale Seite seines Transfers erneut Thema sein, verbunden mit der wichtigsten Frage: Was bedeutet das für den BVB?