Mentalitätsmonster 1.0: Rode geht zurück nach Frankfurt

Der erste bekanntgegebene Wintertransfer bei Borussia Dortmund ist keine Überraschung: Nach zweieinhalb Jahren in schwarz-gelb wechselt Sebastian Rode Anfang Januar leihweise zurück zur Eintracht, dem Verein, der ihn groß gemacht hat. Der Vertrag läuft bis Saisonende; danach ist Rode auf dem Papier noch ein Jahr an den BVB gebunden.

Der Mittelfeldspieler hatte in Dortmund immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen – so oder so ähnlich wird man das aus dem schwarz-gelben Vereinsumfeld sicher zu hören bekommen. Ein wenig euphemistisch wäre das aus BVB-Sicht schon. Denn Rodes fehlende Spielpraxis lag auch an der großen Konkurrenz im Mittelfeld, das schon seit Jahren tendenziell überbesetzt ist. Dabei hatte man ihn einst aus München geholt, weil er jenen Spielertypen verkörpert, den man jetzt in Thomas Delaney gefunden zu haben glaubt: einen zweikampfstarken, entschlossenen Mann für die Zentrale. Das Mentalitätsmonster, das doch letzte Saison angeblich gefehlt hatte.

Um nicht missverstanden zu werden: Ich fand die Verpflichtung von Delaney richtig und wichtig, nicht erst seit seinem Derby-Tor. Und auch der Weggang von Rode ist nun folgerichtig. Nur glaube ich nach wie vor nicht, dass es strategisch klug ist, bewusst oder fahrlässig Überkapazitäten in manchen Mannschaftsteilen zu schaffen. Obwohl es natürlich immer Spieler geben wird, die nicht auf die erhoffte Spielpraxis kommen.

Nun hat sich Sebastian Rode durch seine Äußerungen zu Peter Stöger am Ende der letzten Saison in Dortmund nicht gerade beliebt gemacht. Trotzdem wünsche ich ihm bei seiner Eintracht alles Gute. Ob es ein Wiedersehen im Sommer gibt?

Spieler kaufen ist nicht schwer…

Borussia Dortmund hat oft die Spieler bekommen, die man haben wollte – selbst wenn andere sie auch haben wollten. Es kann auch sein, dass man die Fälle, in denen der BVB leer ausging, besonders diskret behandelt hat. Nur haben die Erfolge bei Verpflichtungen sich in der jüngeren Vergangenheit nicht immer sportlich ausgezahlt. Und so stehen die Schwarz-Gelben beim in Angriff genommenen Umbau des Kaders vor dem Dilemma, dass das mit den Zugängen mal wieder ganz gut klappt, es mit den Abgängen jedoch schleppend vorangeht.

Wir hatten das Thema gerade schon im Zuge des Witsel-Transfers. Die Bedenken, die ich hinsichtlich der Möglichkeiten einer Kader-Reduzierung geäußert habe, bekommen nun neue Nahrung. Der Kicker berichtet in seinem Transferticker, dass Sebastian Rode lieber in Dortmund bleiben als zu Sampdoria Genua wechseln möchte. Und auch Jeremy Toljan, dessen sportliche Perspektiven in Dortmund ebenfalls nicht gut sind, will es angeblich weiter beim BVB versuchen.

Man kann es den beiden eigentlich nicht übel nehmen. Rode war lange verletzungsgeplagt, Toljan ist einfach noch ein junger Spieler. Beide haben womöglich das Gefühl, mit Dortmund noch nicht fertig zu sein. Oder sie wollen sich nicht so einfach wegkomplimentieren lassen. Sportlich sind die beiden entbehrlich, keine Frage. Aber dass nicht alle Spieler bereit sind, einen Fußballverein als Verschiebebahnhof zu verstehen, ist auch verständlich. Das härteste Stück Arbeit könnte noch vor den Herren Zorc, Watzke und Favre liegen. Die Bedenken gegenüber einem Mega-Kader bleiben.

Hereinspaziert, Sebastian Rode!

Nun geht es Schlag auf Schlag: Kurz nachdem Marc Bartra einen Vertrag beim BVB unterschrieben hat, landet bereits der nächste Neuzugang in Dortmund. Medizincheck, Unterschrift, Sebastian Rode ist ein Borusse. Der 25-jährige defensive Mittelfeldspieler kommt vom FC Bayern und soll, da scheiden sich die Medien, 10 bis 15 Millionen Euro kosten. Sein Vertrag läuft bis 2020.

„Sebastian Rode ist ein dynamischer, zweikampfstarker und charakterlich ungemein wertvoller Spieler“, sagt Michael Zorc. „Ich bin von Kindesbeinen an BVB-Fan und freue mich schon deshalb sehr, dass es mit dem Transfer zu meinem Lieblingsklub geklappt hat“, sagt Sebastian Rode. Tatsache bleibt, dass er vor zwei Jahren zum FC Bayern gewechselt ist und nun vor allem aufgrund geringer Einsatzzeiten das Weite gesucht hat. Ob schon bei den Hummels-Verhandlungen über Rode gesprochen wurde, dürften Aki Watzke oder Susi Zorc sicher bald mal von einem Journalisten gefragt werden.

Nun kann man sicher anmerken – und ich habe das bereits getan – dass im zentralen Mittelfeld der Borussia auf den ersten Blick kein Spielermangel herrscht. Da sind Weigl, der zur EM fährt, Neuzugang Merino, der gute ‚alte‘ Sven Bender, Sahin, Ginter. An was es vielleicht mangelt, ist ein Spielertyp: zweikampf- und gleichzeitig mental stark. Einer, der nie nachlässt und nie aufgibt. Kann Sebastian Rode das erfüllen, könnte er im BVB-Mittelfeld wirklich einschlagen und ein wertvoller Akteur werden.

Vielleicht müssen wir künftig mehr als bisher damit leben, dass es auch im Kader der Borussia unzufriedene Spieler gibt. Weil viele Positionen mehrfach besetzt sind. Vielleicht gehört das zu den Geheimnissen der absoluten Spitzenklubs dazu – nicht die Unzufriedenheit, aber die Möglichkeit des Trainers, auf alle Eventualitäten eine überzeugende personelle Antwort zu haben. Es ist schade, dass dann auch verdiente Spieler mit ihrer Nichtberücksichtigung rechnen müssen. Überdrehen sollte man das mit der Kaderdichte aber auch nicht. In diesem Sinne, nun sind andere Positionen dran!

Erste Entscheidung im langen, heißen Transfersommer

Selbst wenn es alles andere als eine Überraschung ist: Immerhin ist der Fall Ilkay Gündogan nun endgültig geklärt. Der Nationalspieler wechselt für rund 25 Millionen Euro zu Manchester City. Bonuszahlungen können die Summe angeblich noch erhöhen. Damit endet für Borussia Dortmund eine lange Verletzungs- und Transfer-Saga, derer man durchaus überdrüssig werden konnte. Gündogans spielerische Fähigkeiten bleiben unbestritten. Sollte er in Manchester unter Pep Guardiola mehr Glück mit seinem Körper haben, könnte sich die Verpflichtung als schlau herausstellen. Doch für die Borussia erscheint er weder unersetzlich noch kann man ihn sich mit seinen ständigen Abwanderungsgedanken als echten Führungsspieler vorstellen.

Geschätzte 60 Millionen hat der BVB nun mit Hummels und Ilkay eingenommen. Kein Wunder, dass es in der Gerüchteküche brodelt. Die am häufigsten genannten Namen sind Linksverteidiger Raphael Guerreiro, Stürmer Emre Mor und seit heute Barcas dritter Innenverteidiger Marc Bartra. Ömer Toprak soll aufgrund der geforderten Ablöse unwahrscheinlicher geworden sein.

Die Substanz der Spekulationen ist wie immer schwer einzuschätzen, wenn inzwischen selbst der „Kicker“ schreibt, dass die Schwarz-Gelben alle diese Spieler haben wollen. Halten wir uns deshalb an den einzigen Namen, von dem das Sportmagazin wissen will, dass ein Transfer unmittelbar bevorsteht. Sebastian Rode soll für rund 14 Millionen Euro vom FC Bayern kommen, wo er zuletzt meistens den Platz auf der Ersatzbank einnahm. Damit relativiert sich die hohe Ablöse, die für Mats Hummels erzielt wurde, wieder etwas. Wer weiß, ob BVB und FCB nicht doch über eine ‚Verrechnung‘ der beiden Personalien gesprochen, dies aber nicht kommuniziert haben.

Wie dem auch sei, in München halten sie einiges von Rode – auch wenn er zuletzt trotzdem kaum gespielt hat. Er soll dieser „aggressive leader“ sein, den sie an der Säbener Straße immer beschwören. Doch da gibt es ja nun noch Vidal. Für Borussia Dortmund könnte die Verpflichtung eines neuen, jüngeren Sebastian Sinn machen, wenn man an die These glaubt, dass ein solcher Spielertyp etwa in Liverpool oder im Pokalfinale gefehlt hat. Allerdings sollte man keine technischen Kabinettstückchen von Rode erwarten – und darf die Frage stellen, ob auf seiner Position nicht eine ausreichende Kaderdichte herrscht. Weigl, Sahin, Bender, Ginter und Merino kommen alle für die ‚6‘ in Frage – Baustellen gibt es eher außen.

Wir können auch anders

1. Bundesliga, 22. Spieltag / BVB 3 Eintracht Frankfurt 0

icon_spielberichtfinalBorussia Dortmund hatte in dieser Saison schon mehrmals Probleme, als Trainer Klopp wichtige Spieler ersetzen musste und darauf teilweise mit Systemumstellungen oder positionsfremder Aufstellung reagierte. Gestern gegen Eintracht Frankfurt zeigte sich, dass die Mannschaft grundsätzlich dazu in der Lage ist, das Fehlen einzelner Stars zu kompensieren – wenn das System steht und die anderen Spieler in ihren gewohnten Rollen ran dürfen. Die Schwarz-Gelben schafften es nach dem Platzverweis gegen Julian Schieber sogar ohne nominellen Stürmer, die Partie gegen den Tabellenvierten zu dominieren und das Ergebnis noch deutlicher zu gestalten. Sollte Robert Lewandowski irgendwann einmal den Verein verlassen, wird die Borussia eine Antwort darauf haben.

Die Gäste aus Frankfurt mögen sich für die Begegnung im Westfalenstadion viel vorgenommen haben und zeigten auch gelegentlich ihr ansehnliches, schnelles Spiel nach vorne. Die zwei Sebastians – Rode und Jung, beide angeblich im Fokus größerer Vereine – hatten die größten Chancen für die Eintracht, Jung traf mit einem tollen Schuss die Latte. Doch in Wahrheit hatten die Frankfurter der Brillanz des Dortmunder Super-Duos Mario & Marco wenig entgegenzusetzen. Bestens unterstützt wurden die beiden durch einen nach seiner Verletzung wieder hervorragend aufgelegten Ilkay Gündogan, einen nahezu fehlerlosen Sven Bender, einen Mats Hummels, der möglicherweise gestärkt durch seinen späten Kopfballtreffer in der Ukraine an seine Topform anknüpfte.

Schon bevor Marco Reus die ersten beiden frühen Treffer seines Hattricks erzielte, hatte er allein vor Torwart Kevin Trapp die Führung auf dem Fuß gehabt. Wenn das Mittelfeld des BVB flüssig kombiniert wie gestern, dann kann beinahe jede Mannschaft der Welt Schwierigkeiten bekommen. Die Abwehr ist zudem sicher nicht das Prunkstück der Überraschungsmannschaft der Saison. Bei allen drei Toren misslang der Eintracht die Abseitsfalle – weil alles zu schnell ging und ein bisschen Pech dabei war. Natürlich war es auch perfekt gemacht von der Borussia: Pässe im richtigen Moment von Gündogan auf Götze auf Reus (1:0), ein zielstrebiger Ausflug mit ebenfalls perfekt getimeten Pass von Mats Hummels (2:0) und wieder Gündogan perfekt auf Götze vor dem 3:0. Das eigentlich Mario gehört, denn wie er sich dann im Strafraum behauptet und per Außenrist auf Reus zurücklegt, ist einfach nur Weltklasse.

Beeindruckend war selbstverständlich auch, wie die Schwarz-Gelben mit der Unterzahl umgingen. Gerade über weite Strecken der zweiten Halbzeit kam nur der BVB gefährlich vors Tor, auch wenn die Eintracht mehr Ballbesitz hatte. Julian Schieber kann einem unterdessen nur Leid tun. Mit Sicherheit hätte unserer Stürmer Nummer 2 das 1:0 erzielt, wenn Marco Reus ihm den Ball gegeben hätte, anstatt ihn – verständlicherweise – selber reinzumachen. Dann musste er nach einer guten halben Stunde mit Gelb-Rot vom Platz, weil Schiedsrichter Dr. Brych es nicht vermochte, der Situation angemessen zu urteilen, sondern nur die vermeintliche Wirkung von Schiebers Ellbogen im Gesicht von Oczipka sah. Es ist nun mal so, wie es später Jürgen Klopp sagte: Kein Spieler, der zum Kopfball hochgeht, hat seine Arme angelegt am Körper. Dass Oczipka von hinten genau in Schiebers Ellbogen läuft, war unglücklich, aber vom Dortmunder nicht zu verhindern. Weiterlesen „Wir können auch anders“