Der wohlbekannte Schritt zurück

1.Bundesliga, 8. Spieltag / 1. FC Köln 3 BVB 2

Borussia Dortmund bringt keine Konstanz in seine Leistungen, nutzt die Vorlagen der Konkurrenz nicht und macht auch tabellarisch wieder einen Schritt zurück, auf Platz 4. Es ist die Story der letzten Spielzeiten, wie auch Edin Terzic nach der Partie angesäuert, aber ehrlich einräumte.

Die Partie war gut, der BVB spielte eine gute erste Halbzeit und lag auch nach 90+ Minuten in der Expected Goals-Wertung noch vorne (2,15:2,47). Donyell Malen hätte vor und nach Julian Brandts schönem Führungstor selber treffen können. Doch nach der Pause war der BVB defensiv von der Rolle. Der Effzeh kam mit unkompliziertem, direktem Angriffsspiel zurück in die Partie, die Gäste ließen es durch unerklärlich passives Zweikampfverhalten und schwaches Positionsspiel zu. Beim ersten und dritten Kölner Treffer standen zu viele Schwarz-Gelbe meterweit von ihren Gegenspielern weg. Der schöne Schlenzer von Ljubicic zum 3:1 wurde womöglich auch durch die Auswechslung des zu diesem Zeitpunkt einzigen defensiven Mittelfeldspielers Salih Özcan kurz zuvor begünstigt.

Und natürlich gewann Steffen Tigges das Duell der Ex-Torjäger des jeweiligen Gegners: Nach einer Ecke traf der 24-jährige per Kopf zum 2:1; Anthony Modeste ging dagegen leer aus. Um fair zu sein: Ansonsten strahlten beide eher wenig Torgefahr aus (xG Tigges: 0,07, Modeste: 0,16). In der 77. Minute legte Kölns Schmitz eine Flanke des eingewechselten Tom Rothe ins eigene Netz. Man hätte den Treffer auch dem jungen Dortmunder gutschreiben können, aber offiziell war es wohl ein Eigentor. Youssoufa Moukoko hatte spät und aus kurzer Distanz noch die Gelegenheit zum Ausgleich, aber allzu viel gelang den Gästen in der letzten Viertelstunde sonst nicht mehr.

Der BVB verliert ein Spiel, das er im Gegensatz etwa zu Leipzig nicht verlieren muss. Beide Partien waren frustrierend, auch wenn man den Kölnern die drei Punkte natürlich tausendmal mehr gönnt. Neben Tigges traf gestern übrigens auch ein anderer Ex-Dortmunder Stürmer: Marvin Duksch erzielte für Bremen das 2:0 beim rauschhaften 5:1 über Gladbach.

Die Aufstellung: Meyer – Meunier, Süle, Schlotterbeck, Guerreiro – Özcan – Bellingham, Brandt – Adeyemi, Modeste, Malen. Gelbe Karten: Adeyemi, Guerreiro, Süle. Tore: Brandt, Schmitz (ET, Vorarbeit Rothe)

Tigges zu Tünnes

Borussia Dortmund lässt Steffen Tigges zum 1. FC Köln ziehen. Dort unterschreibt der 23-jährige Stürmer aus dem schwarz-gelben Nachwuchs einen Vertrag bis 2026. Es ist eine Transfer-Vollzugsmeldung, die man im Kontext der Planungen für die Saison 2022/23 schnell abhaken kann – man kann aber auch noch ein paar Zeilen darüber nachdenken.

Der Effzeh ist zunächst mal ein Verein, für den der durchschnittliche Borusse eher Sympathie als Antipathie hat. Vor wenigen Wochen hat sich der BVB dort Mittelfeldspieler Salih Özcan geangelt – warum also nicht etwas zurückgeben? Eine Ablöse von 1 bis 1,5 Millionen ist für die Bundesliga nicht viel, könnte aber durch Bonuszahlungen und eine Beteiligung an einem möglichen Weiterverkauf von Tigges noch steigen. Kölns Geschäftsführer Christian Keller attestiert dem Neuzugang „viele wichtige Stürmereigenschaften“. Gleichzeitig wird Steffen aber noch nicht als fertiger Spieler, sondern eher als Projekt gesehen, das „viel Fantasie für die Zukunft“ bietet. Die Hoffnung des Spielers ist wohl trotzdem, das er in absehbarer Zeit mehr Spielzeit bekommt als in Dortmund.

Weiterlesen „Tigges zu Tünnes“

Da waren es schon neun

1.Bundesliga, 17. Spieltag / Hertha BSC 3 BVB 2

Nach dem Bayern-Spiel prophezeite ich, reichlich frustriert, eine FCB-Meisterschaft mit zwölf Punkten Vorsprung. Drei Partien später, zur Saison-Halbzeit, sind es bereits neun. Und das liegt nicht an den Schiedsrichtern, sondern daran, dass der BVB ein Team, das zuletzt 0:4 in Mainz verloren hatte, einfach mal 25 Minuten gewähren ließ. Mehr als alles andere muss man dafür die Spieler in Haftung nehmen – Marco Rose sprach anschließend von fehlender „Bedingungslosigkeit“. Doch der Trainer hatte es der Mannschaft mit der Besetzung der Defensive auch nicht leicht gemacht.

Vor der Partie sagte Rose auf Sky, dass Dan-Axel Zagadou nach sieben Monaten Verletzungspause kaputt sei. Tatsächlich hatte „Daxo“ am Mittwoch 90 Minuten gegen Fürth gespielt. Die Lösung des Trainers: In der Innenverteidigung liefen Witsel und Pongracic auf, Zagadou saß auf der Bank, Hummels und Akanji fielen bekanntlich krank bzw. verletzt aus. Fragt sich, wie man sich hier Roses Entscheidungsfindung vorstellen muss. Kam Daxo vor dem Spiel und sagte, er fühle sich nicht fit für einen Startelf-Einsatz? Ansonsten wäre es doch naheliegend gewesen, ihn im letzten Spiel vor der immerhin dreiwöchigen Winterpause nochmal von Beginn an zu bringen und, falls nötig, auszuwechseln. Es lief andersherum: Zagadou saß auf der Bank und wurde nach 72 Minuten eingewechselt. Danach erzielte der BVB noch den Anschlusstreffer und hielt hinten dicht.

Weiterlesen „Da waren es schon neun“

Dortmund gewinnt wie der Effzeh gegen Köln

1.Bundesliga, 10. Spieltag / BVB 2 1. FC Köln 0

Vertauschte Rollen im Westfalenstadion: 21:8 Schüsse und 58 Prozent Ballbesitz – für die Gäste. Der Effzeh über lange Strecken die aktivere Mannschaft. Doch der BVB holt sich dank Effektivität, einem Standard und einem starken Torwart die drei Punkte.

Die Aufstellung war das Beste, was Marco Rose bei der angespannten Personallage aufbieten konnte. Eine Dreierkette machte zunächst mal ebenso Sinn wie ein Sturm aus Hazard und Reus, mit Julian Brandt auf seiner eigentlichen Lieblingsposition dahinter. Donyell Malen nach seinem Magen-Darm-Infekt nicht von Beginn an zu bringen war ebenso nachvollziehbar. Gefährlich wurde der BVB aber nur wenige Male. Es waren eher Nadelstiche gegen einen in der Spielkontrolle mehr als ebenbürtigen Effzeh.

Borussia effektiv per Kopf

Die Gastgeber hatten jedoch besonders in der ersten Hälfte die gefährlicheren Szenen und gewannen die xG-Wertung hierfür mit 0,89 zu 0,31. Reus vergab zweimal, ehe Jude Bellingham nach Vorarbeit von Brandt auf Thorgan Hazard flankte und der per Kopf traf. In der zweiten Halbzeit ging die Wertung dann an die Kölner (0,72 zu 1,28), doch das Ergebnis war das Gleiche: Die Borussia traf durch den eingewechselten Nachwuchsstürmer Steffen Tigges, per Kopf nach einer Ecke von Brandt. Bis zu jener 63. Minute konnte man fast von einem Sturmlauf der Gäste sprechen. Uth und der zuvor formstarke Modeste forderten BVB-Keeper Kobel heraus, doch der behielt nicht nur in dieser Phase die Oberhand. Allerdings kamen auch nur fünf Kölner Schüsse aufs Tor – wie beim BVB – und diese meist zentral.

Das letzte Viertel der Partie gestalteten die Schwarz-Gelben mit der Zwei-Tore-Führung im Rücken wieder ausgeglichen, ohne selbst noch groß Gefahr auszustrahlen. Trainer Rose hatte in Hazard, Wolf und spät noch Brandt drei der Top-Performer ausgewechselt (dazu noch Pongracic, für den der Torschütze Tigges kam), was aber nichts an der wiedererlangten Souveränität der Gastgeber änderte.

Für alles, was zuvor passiert war, muss man dem Effzeh, der unter Steffen Baumgart unheimlich weit gekommen ist, ein Kompliment aussprechen. Keine Ahnung, ob die Kölner das über die gesamte Saison durchhalten, aber hier ist ein Team, das definitiv seine Stärken ausspielt. Nur die zuvor gezeigte Effektivität fehlte gestern. Der BVB muss sich einige Fragen zum Abwehrverhalten und der teilweise fehlenden Kontrolle im Mittelfeld stellen, darf sich aber auch über eine weiße Weste in einer schwierigen Phase gegen einen spielerisch unangenehmen Gast freuen.

Die Aufstellung: Kobel – Akanji, Hummels, Pongracic (58. Tigges) – Meunier, Witsel, Bellingham, Wolf (70. Passlack) – Brandt (87. Knauff) – Hazard (58. Malen), Reus. Gelbe Karten: Meunier, Bellingham. Tore: Hazard, Tigges

Dortmund eine Runde weiter

DFB-Pokal, 2. Runde / Eintracht Braunschweig 0 BVB 2

Mehr als das Ergebnis wird von der Partie nicht in Erinnerung bleiben – es sei denn, ein gewisser Steffen Tigges kommt bald richtig groß raus. Der BVB erfüllt in Braunschweig eine Pflichtaufgabe, ohne Glanz, aber auch ohne große Probleme.

Mut, der nicht bestraft wird

Besagter Steffen Tigges, 22, ist normalerweise Stürmer und Kapitän von Dortmunds U23 in der Regionalliga West. Gestern durfte er von Beginn an im Sturmzentrum der ersten Mannschaft ran, denn auch Haaland-Vertreter Youssoufa Moukoko war nicht ganz fit. Dass Edin Terzic auf ihn setzte und nicht wie Lucien Favre so häufig auf eine falsche oder ungeeignete „9“, ist grundsympathisch. Es zeigt den Jungs im Nachwuchs einen Weg nach oben auf und es war gegen Eintracht Braunschweig auch nicht waghalsig.

Steffen Tigges hatte einige Abschlüsse, jedoch kein Glück dabei. In der 85. Minute parierte Eintracht-Keeper Fejzic einen ordentlichen Versuch von ihm, doch hätte Tigges in dieser Szene auch querlegen können. Trotzdem war es ein ordentliches erstes Pflichtspiel bei den Profis und es gibt wenig Anhaltspunkte, dass der BVB bei dieser personellen Lage in einer anderen Konstellation erfolgreicher gewesen wäre.

Auf der Suche nach kreativen Lösungen

Bedenklich ist, dass die Borussia sich auch gegen den Tabellen-15. der zweiten Liga schwer tat, Lücken im Abwehrverbund zu finden. Die Statistik besagt, dass die Schwarz-Gelben 19 Torschüsse abgaben, von denen vier aufs Tor kamen. Großchancen gab es ebenfalls vier. Es sind keine Werte, für die man sich schämen muss, aber angesichts vom geringen Offensivdrang bzw. -vermögen der Gastgeber – mit Ausnahme des fulminanten Lattenkrachers von Bär kam da wenig – hätte man sich deutlich mehr erhofft. Die Partie war weder ein spannender Schlagabtausch, noch glänzte der BVB mit Toren, Tricks und Sensationen. Über weite Strecken war es eher ermüdend, den beiden Teams zuzuschauen.

Thomas Delaney und Jude Bellingham besetzten diesmal die 6er- und 8er-Positionen und machten ihre Sache ganz OK. Julian Brandt durfte starten, bewegte sich ganz ordentlich, ohne durch irgendwelche Geistesblitze oder besondere Finessen aufzufallen. Und auch seine vergebene Riesenchance in der 22. Minute wird ihm nicht weiterhelfen. Um mit positiven Vibes zu enden: Dan-Axel Zagadou ist auf einem guten Weg, wieder erste Wahl in der Innenverteidigung zu werden. Und Jadon Sancho traf endlich wieder, nachdem er vom eingewechselten Reus in der Nachspielzeit steil geschickt worden war.

Nun ist dieses gruselige 2020, das auch für den BVB keine wahre Freude war, bald vorbei. Die letzte Aufgabe haben die Schwarz-Gelben erledigt. Anfang Januar eröffnet das Transferfenster, während dem keine aufsehenerregenden Aktivitäten in Dortmund zu erwarten sind. Wie sich die Mannschaft dann auf dem Platz präsentieren wird, lässt sich noch nicht absehen. Ich wünsche mir sehr, dass der Versuch mit Edin Terzic funktioniert. Aber dazu muss sich noch einiges ändern. Was das sein könnte – damit wird sich ein weiterer Artikel in den kommenden Tagen beschäftigen.

Die Aufstellung: Hitz – Morey (83. Meunier), Hummels (46. Akanji), Zagadou, Guerreiro – Delaney – Bellingham (76. Witsel), Brandt (63. Reus) – Sancho, Tigges, Reyna (83. Hazard). Gelbe Karten: Bellingham, Morey. Tore: Hummels, Sancho