Bayern sticht Dortmund aus

DFB-Pokal, Finale / Bayern München 4 BVB 3 (n.E.)

Ein heiß umkämpftes Pokalfinale der zwei besten deutschen Mannschaften, taktisch und defensiv besser als in der Offensive, aber ungemein spannend. Dennoch liegt der Felsen am Ende des Tages wieder am Fuß des Bergs und Borussia Sisyphos muss von vorne anfangen. Und zwar nicht nur auf dem Weg nach Berlin, sondern auch beim Zusammenstellen eines neuen Erfolgsteams.

Dass sich Thomas Tuchel nach dem Spiel Gedanken über seine Auswahl der Elfmeterschützen und Mats Hummels‘ Auswechslung machte, ist seiner Enttäuschung oder den bohrenden Reporterfragen geschuldet. Sich lange damit aufhalten muss man nicht. Elfmeterschießen ist größtenteils Lotterie und Matthias Ginter machte seine Sache nach der Hereinnahme so schlecht nicht.

Tatsächlich waren die 120 Minuten ein Abnutzungskampf. Es schien auch darum zu gehen, wer die lange Saison besser verkraftet hatte. Die Schwarz-Gelben hatten ja noch mehr Spiele absolviert. Wie entscheidend die Kraftfrage am Ende war, sei dahingestellt. Schmelzer und Hummels mussten jedenfalls aus Kraftgründen ausgewechselt werden. Weiterlesen „Bayern sticht Dortmund aus“

Von Euphorie zu Stolz

1. Bundesliga, 29. Spieltag / Greuther Fürth 1 BVB 6

icon_spielberichtfinalDer ausgelassene Freudentaumel vom Dienstag wird nie in Vergessenheit geraten, doch die Zeit bleibt gerade im Fußball nicht stehen. So gastierte Borussia Dortmund am Samstagnachmittag schon wieder beim Tabellenletzten Greuther Fürth. Auf die Art und Weise, wie die Mannschaft diese Aufgabe erledigt hat, darf sie richtig stolz sein.

Jürgen Klopp hatte bereits mit seiner Aufstellung die Weichen gestellt, mit intelligenter Rotation statt einer kompletten Umwälzung der Offensive wie gegen Augsburg. Es wäre extrem harsch gewesen, Champions League-Held Felipe Santana aus dem Team zu nehmen – daher startete der neben Mats Hummels in der Innenverteidigung. Marcel Schmelzer bekam eine Pause zugunsten von Kevin Großkreutz. Sahin und Kehl ersetzten Reus und Bender; Ilkay Gündogan durfte sich erneut auf der ’10‘ versuchen.

Um es kurz zu machen: Alle Maßnahmen des Trainers hatten Erfolg. ‚Tele‘ hat mit Spielpraxis auch an Statur und Sicherheit in der Viererkette gewonnen. Mats Hummels erwies sich als das erwartet belebende Element im Spiel von hinten heraus und nach vorne. Kevin Großkreutz hatte die linke Seite sehr gut im Griff, wählte meistens die richtigen Laufwege und entlastete Mario Götze von allzu viel Defensivarbeit. Sahin und Kehl waren sehr präsent in der Zentrale. Gegen durchschnittliche oder in diesem Fall nicht ganz durchschnittliche Opponenten ist es fast egal, wer auf den 6er/8er-Positionen spielt – Hauptsache es sind ein Defensiver und ein Offensiver. Und mit Ilkay Gündogan hat man jemanden, der problemlos auch weiter vorne spielen kann.

Die Flexibilität der BVB-Spieler könnte auch in Zukunft eine der großen Stärken dieser Mannschaft sein. Die Leichtigkeit des gestrigen Sieges und die grandiose erste Halbzeit hatten aber auch viel mit der Verfassung und der Qualität des Gegners zu tun. Gut zehn Minuten sahen die Fürther wie Abstiegskämpfer aus, danach nur noch wie Absteiger – eher aus der zweiten als aus der ersten Liga. Nach dem 1:0 des exzellenten Mario Götze, der durch die Beine eines Abwehrspielers ins kurze Eck getroffen hatte, machte sich die Hoffnungslosigkeit der Tabellensituation auch im Spiel der Gastgeber bemerkbar. Wer gegen die Dortmunder Offensivkünstler so häufig einen Schritt zu spät kommt respektive zu weit weg vom Mann ist, bekommt eben eine Klatsche. Hinzu kamen leichte Ballverluste im Mittelfeld.

Die Borussia traf zweimal quasi im Doppelpack. Götzes Tor folgte nur drei Minuten später das 2:0 durch Gündogan, der im Fünfmeterraum nach Kubas Pass von links nur den Fuß hinhalten musste. Aus einer ähnlichen Position, allerdings mit mehr Anlauf, köpfte Kuba das 3:0 in der 29. Minute, wobei er noch von einem Fürther Fuß im Gesicht getroffen wurde. Wieder dauerte es nur wenige Minuten, ehe Gündogan zentral von der Strafraumgrenze ins rechte untere Eck schoss. Weiterlesen „Von Euphorie zu Stolz“

Jetzt müssen sie doch mal einbrechen

1. Bundesliga, 11. Spieltag / Hannover 96 0 BVB 4

Die Aufstellung: Weidenfeller – Schmelzer, Hummels, Subotic, Piszczek – Sahin (83. da Silva), Bender – Großkreutz, Kagawa, Götze (75. Kuba) – Barrios (75. Lewandowski). Tore: Kagawa, Barrios, Lewandowski, Kuba

So sehr sich „Sky“-Kommentator Born auch bemühte, den BVB-Spielern Müdigkeit anzudichten und den Einbruch in der zweiten Hälfte prophezeihte, so wenig taten ihm die Schwarz-Gelben den Gefallen. Mit einer beeindruckenden Leistung gewinnt die Borussia vor ausverkauftem Haus und etwa 10.000 eigenen Fans auch beim Tabellensechsten.

Selbst wir BVB-Fans werden von der Mannschaft immer wieder positiv überrascht und eines Besseren belehrt. Nicht dass ich einen Einbruch erwartet hätte. Aber auch wenn man nur denkt, der eine oder andere Spieler habe gerade einen leichten Durchhänger, ist er plötzlich wieder da. Shinji Kagawa gelang gestern wieder alles mit herrlicher Leichtigkeit, inklusive eines großartigen Tors. Einige hatten den verletzten Patrick Owomoyela vermisst – denen zeigte Lukasz Piszczek, dass er es genauso gut kann. Vor allem offensiv war er richtig stark und belebte das Flügelspiel. Und Lucas Barrios traf nach kurzzeitiger Flaute im Oktober auch in Hannover wieder.

Die Borussia war von Anfang an im Spiel, setzte die Gastgeber sofort unter Druck und ging mit dem ersten richtig guten Angriff in Führung. Piszczek hatte von rechts geflankt, der Ball kam über mehrere Stationen zu Kagawa. Der dribbelte parallel zur Strafraumlinie einige Gegenspieler aus – das sah alles nicht sonderlich gefährlich aus – drehte sich dann um 90 Grad und schoss den Ball so was von platziert in die rechte untere Ecke. Klassetor mit Köpfchen. Und Shinji hatte gerade erst angefangen: In den folgenden 20 Minuten tauchte er noch mehrmals gefährlich vor dem Tor auf, harmonierte dort sehr gut mit Lucas Barrios. Das Einzige, was man dem BVB in der ersten Halbzeit vorwerfen konnte, war, dass wir nicht höher führten. Aber wenn das mit der Chancenverwertung auch noch besser wird…

Zwar kamen die 96er noch zu zwei Torschüssen in der ersten Hälfte, aber der erste von Stoppelkamp ging doch deutlich vorbei und dem zweiten von Ya Konan ging ein Handspiel des Stürmers voraus, das nicht geahndet wurde. Um es vorwegzunehmen, es blieb der einzige nennenswerte Fehler des sehr guten Schiedsrichters Dr. Brych. Weiterlesen „Jetzt müssen sie doch mal einbrechen“

1. Bundesliga, 3. Spieltag / BVB 2 VFL Wolfsburg 0

Freude und Vorfreude

Die Aufstellung: Weidenfeller – Schmelzer, Hummels, Subotic, Owomoyela – Sahin, Kehl (71. Bender) – Großkreutz (85. Piszczek), Kagawa, Kuba (76. Götze) – Barrios. Tore: Sahin, Kagawa

Herrliches Wetter und erneut ein herrlicher Spieltag. Der BVB schlägt den vermeintlichen Titelaspiranten Wolfsburg mit überraschender Souveränität. Die einzige Änderung in der Aufstellung gegenüber dem guten Spiel in Stuttgart war die Hereinnahme von Kuba für Mario Götze.

Die erste große Chance hatten zwar die Gäste, als ein schlechter Rückpass von Subotic von Weidenfeller nicht richtig geklärt wurde und am Ende Dzeko in guter Position zum Schuss kam. Mehr vom Spiel hatten jedoch schon in der ersten Hälfte die Schwarz-Gelben, wie die Ballbesitz-Statistik deutlich zeigt. Zunächst allerdings musste sich die Mannschaft auf die Suche nach der Lücke begeben. Die Wolfsburger ließen wenig zu und da auch unsere Defensive keine weiteren Nachlässigkeiten beging, war es in der ersten halben Stunde zwar ein spannendes, aber auch ein chancenarmes Spiel.

Es hätte anders kommen können: Schon nach 17 Minuten wäre ein Elfmeter für den BVB fällig gewesen, als Barzagli den Ball im Strafraum eindeutig aktiv mit dem Ellbogen spielte. Der ansonsten gute Schiedsrichter Aytekin traf kurz vor der Pause noch eine weitere fragwürdige Entscheidung. Sebastian Kehl wollte im Duell mit Diego den Ball ins Toraus rollen lassen, der Millioneneinkauf von VW trat nach – eigentlich eine Tätlichkeit, die aber nur mit Gelb bestraft wurde.

Was später noch folgen sollte, deutete sich nach gut 35 Minuten an: Die Schwarz-Gelben kamen zu Chancen, nicht nur, aber meist nach Standards. Torwart Benaglio klärte einen guten Barrios-Kopfball über die Latte, wenig später köpfte der Torjäger knapp vorbei. Wolfsburg hätte die vergebenen Möglichkeiten bestrafen können, als Diego nach einer der wenigen guten Kombinationen der Gäste mit einem schönen Schuss die Latte traf. Verdient wäre das aber schon zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gewesen.

Die zweite Hälfte hat dann so richtig Spaß gemacht. Offensiver Fußball und ein dominanter Auftritt des BVB. Wie aus einem Traum von Jürgen Klopp entsprungen. Ausgerechnet unser aller Lieblingskommentator Fritz von Thurn und Taxis stellte die entscheidende Frage: Warum bloß lassen die ‚Wölfe‘ unserem Regisseur Nuri Sahin so viel Platz? Die Quittung gab es in der 50. Minute. Nuri trifft nach einem Pass von Kehl mit einem wunderschönen 25-Meter-Strahl, der selbst die Kritiker seiner häufigen Distanzschüsse (wie mich) verstummen lässt. Und das Ganze vor der Südtribüne. Party time.

Beeindruckend war, wie der BVB das Spiel anschließend unter Kontrolle behielt und weiter nach vorne drängte. Den Gästen fiel ganz wenig ein. Barrios wäre wenige Minuten später mit einem Drehschuss fast ein weiteres Bilderbuch-Tor gelungen, aber Benaglio, wohl der einzige Wolfsburger in Normalform, konnte parieren. Aber in der Folge klappte auch das Kombinieren sehr gut und in der 67. Minute stand plötzlich Shinji Kagawa nach einem gut getimeten Pass von Großkreutz frei. Und Shinji ist mit 21 schon verdammt cool, setzt den Ball souverän ins linke Eck. Was für ein großartiger Transfer!

Im Anschluss mussten die Schwarz-Gelben nicht mehr viel tun, die Gegenwehr von Wolfsburg hielt sich in Grenzen. Bezeichnend war, dass auch Patrick Owomoyela aus fast 30 Metern noch die Latte traf und Mats Hummels nach einem Solo über den halben Platz fast erfolgreich gewesen wäre. Sollte sich etwa bewahrheiten, dass das mit dem Erfolg zusammenkaufen nicht so einfach funktioniert wie mancher denkt, der ausschließlich an die Macht des Geldes im Fußball glaubt? Aber es sind ja noch 31 Spieltage…

Besonderes Lob geht heute wieder mal an die Kreativabteilung: Nuri Sahin ohne Worte, Shinji Kagawa ebenfalls stark. Sehr überzeugend waren auch die Auftritte von Kehl, Schmelzer und Hummels. Es bleibt nicht mehr viel zu sagen außer: so kann es weitergehen.

1. Bundesliga, 26. Spieltag / VFL Bochum 1 BVB 4

Auswärtssieg beim alten Bekannten.

Die Aufstellung: Weidenfeller – Schmelzer, Santana, Subotic, Owomoyela – Sahin, Kehl – Großkreutz, Zidan (63. Hajnal), Kuba (65. Valdez (78. Koch)) – Barrios. Tore: Kehl, Zidan, Barrios (2).

Heiko Herrlich und seine Bochumer müssen sich die fehlenden Punkte für den Klassenerhalt ein anderes Mal erarbeiten. Der BVB kam gestern im Ruhrstadion zu einem verdienten Sieg und bewies endgültig, dass das Krisengerede nach der schwächeren Phase verfrüht war – wie in der Hinrunde.

Es war wie erwartet ein flottes, engagiert geführtes Spiel beider Mannschaften, in dem die Bochumer zur ersten Chance durch Sestak kamen, die Borussen aber bald die Oberhand gewannen und eigene Torgelegenheiten hatten. Die Mannschaft überzeugte mit druckvollem Spielaufbau, in den sowohl die Außenverteidiger Schmelzer und Owomoyela als auch die zentralen Mittelfeldspieler eingebunden waren. Dass das Tor zum 1:0 etwas unglücklich für die Gastgeber fiel, kann nicht die Tatsache verdecken, dass es schon nach 18 Minuten verdient war. Man wird sehen, wem die DFL das Tor zuspricht: Sebastian Kehl, von dessen Rücken der Freistoß von Sahin in Richtung Tor prallt, oder dem Bochumer Maltritz, dessen Schulterpartie den Ball ebenfalls deutlich berührte.

Nur neun Minuten später gab es dann sowieso ein ‚richtiges‘ Tor, noch dazu ein richtig schönes. Endlich mal wieder kann sich Kuba im Dribbling auf sehenswerte Weise gegen zwei Bochumer durchsetzen und passt dann perfekt in den Rückraum zu Mohamed Zidan, dessen Schuss sich ins Tor zu drehen scheint.

Am meisten diskutiert werden wird natürlich der Platzverweis gegen den Bochumer Maric in der 33. Minute. Nach Foul von Kuba fasst Maric ihm ins Gesicht – es war mehr ein Wischer als ein Schlag, zusätzlich hakelt der Bochumer noch mit dem Fuß nach. So eine rote Karte sieht angesichts der Theatralik von Kuba hart aus, berechtigt war sie trotzdem, weil Maric ihn im Gesicht trifft und damit die gängige Definition von Tätlichkeit erfüllt. Bei einem kleinen Schubser hätte es vermutlich nur Gelb gegeben. Weiterlesen „1. Bundesliga, 26. Spieltag / VFL Bochum 1 BVB 4“

1. Bundesliga, 7. Spieltag / BVB 0 Schalke 1

Starke Stücke.

Die Aufstellung: Weidenfeller – Schmelzer, Santana, Subotic, Owomoyela – Hummels (62. Großkreutz) – Sahin, Tinga – Hajnal (75. Rangelov) – Zidan, Barrios (62. Valdez). Tor: Wembley.

Der S04 holt in Dortmund einen extrem glücklichen Derbysieg. Um es vorwegzunehmen: Wir haben allen Grund uns zu beklagen. Als Fan muss man da kein Blatt vor den Mund nehmen. Es gab mehrere Fehlentscheidungen von Schiedsrichter Stark, alle zu Lasten des BVB. Nicht bei den Dortmunder ‚Toren‘: Beim Wembley-ähnlichen Tor war der Ball tendenziell nicht voll hinter der Linie, das Abseitstor war Abseits. Jedoch beim Schalker Tor: Bevor Farfan schießt, zwingt er erst mal Schmelzer zu Boden. Eine Aktion, die deutlich über der normalen Schwelle zum Stürmerfoul lag. Der Stürmer verschaffte sich mit illegitimen Mitteln einen Vorteil.

Schiedsrichter Stark hatte sich offensichtlich vorgenommen, vor der Südtribüne nicht so viel zu pfeifen. Vor allem keine Elfmeter. Denn er ist FIFA-Schiedsrichter und da kommt es nicht so gut, wenn man vor der größten Heim-Tribüne Deutschlands Elfmeter pfeift. Vielleicht ließ er deshalb in der zweiten Halbzeit weiterspielen, als der eingewechselte Großkreutz im Strafraum mit einem Tritt gegen den Knöchel gelegt wurde. Oder als später Santana mit einem deutlichen Schubser am Kopfball gehindert wurde. Deutlicher als es die normale Zweikampfhärte im Strafraum erlaubt. Da ist es natürlich bequem, wenn man nach dem Schlusspfiff aufgrund einer FIFA-Anweisung keine Interviews geben darf. Wobei ich Stark immerhin zutraue, dass er sich ansonsten geäußert hätte.

Kommen wir zum Sport. Da konnte keine der beiden Mannschaften längere Zeit überzeugen. Jürgen Klopp begann ohne Dede und Bender, die fit genug für die Bank waren, aber nicht von Anfang an spielen sollten. Die Schalker wirkten in den ersten zehn Minuten etwas zielstrebiger, aber danach übernahm der BVB die Kontrolle. Und hatte die Chancen. Vor allem Lucas Barrios, der zunächst ähnlich engagiert und spielfreudig auftrat wie im Pokal. Jedoch blieb ihm ein Treffer gestern verwehrt. Seine letzte gute Möglichkeit war die knappste. Lucas Schuss wurde abgefälscht, traf die Latte und sprang von dort auf oder hinter die Linie. Sagen wir hinter mit Berührung, das macht die Enge der Situation deutlich. Danach gelang Barrios bis zu seiner Auswechslung nicht mehr viel.

Die einzige wirklich gelungene Offensivaktion der Gäste in der ersten Halbzeit, ein Konter, führte zum Tor. Unter den genannten Umständen. Das Problem danach: Den Schwarz-Gelben schienen gegen eine starke Defensive die Mittel zu fehlen. Nicht zum ersten Mal in dieser Saison. Trotzdem darf die Qualitäts(= Geld-)frage keine Ausrede dafür sein, warum eklatant viele hohe Bälle gespielt wurden. Die gegen eine wache Viererkette fast immer ineffektiv sind. Vieles war in der zweiten Hälfte überhastet. Dem BVB ging im Derbyfieber die Ruhe verloren, daher wahrscheinlich die klassisch englische Spielweise und die Abseitspositionen. Ein paar  Zweifel habe ich dementsprechend auch am Wechsel Rangelov für Hajnal nach 75 Minuten. Es fehlten nämlich weniger offensive Leute auf dem Platz als vielmehr die Kreativität. In der letzten Viertelstunde kam bis auf eine halbe Chance von Valdez kurz vor Schluss  nichts Zwingendes mehr von Schwarz-Gelb. Von den Gästen war allerdings auch erst wieder etwas zu sehen, als Dortmund aufmachte. Altintop scheiterte an seinem Unvermögen, Sanchez am gut aufgelegten Weidenfeller.

Nach Spielschluss leistete sich anscheinend Gästetorwart Manuel Neuer noch eine charakteristische Aktion. Nach Aussagen mehrere Dortmunder Spieler soll er Großkreutz mit dem Ellbogen ins Gesicht geschlagen haben. Unbemerkt von allen Fernsehkameras. Der echten Aufregung der Schwarz-Gelben nach zu urteilen, war da was dran. Neuer tat später vor den Kameras so, als ob ihm in einem Fernsehkrimi vom Kommissar das Bild eines Mordverdächtigen vorgelegt würde. Großkreutz? Nie gesehen. So wird das bestimmt noch was mit der Nationalmannschaft. Es sei denn, ein Fan hätte doch mit dem Handy mitgefilmt…

Es fällt schwer, nach diesem Derby ein Fazit zu ziehen. Die Einstellung der Mannschaft war hervorragend, führte aber zu der angesprochenen Hast. Die Qualitätsfrage stellt sich weiterhin. Allerdings wurde der BVB gestern massiv benachteiligt. Deswegen: Auch wenn wir heute auf den Relegationsplatz abrutschen sollten, ist jetzt nicht die Zeit für heftige Kritik, sondern eher für die zeitlose (Fußball-)Hymne aus dem Musical „Carousel“, in der Version von Gerry & The Pacemakers. Sturm und erhobene Köpfe und so.

BL 5.Spieltag / BVB 1 Bayern München 5

Ein Superstar zu viel.

Die Aufstellung: Weidenfeller – Dede, Santana, Subotic, Owomoyela – Hummels – Sahin, Tinga – Rangelov (62. Großkreutz), Zidan (62. Barrios), Kuba (71. Valdez). Tor: Hummels.

Fangen wir mit dem Umstrittenen an. Jung und verdorben II – in der Hauptrolle Bastian Schweinsteiger. Mal ehrlich, die Lausbubenzeiten, damals mit der ‚Cousine‘ im Pool oder Podolski bei der WM, sind lange vorbei. Schon vor dem Spiel war Schweinsteiger für mich das rote Tuch bei Bayern – viel mehr als ein van Bommel oder gar ein Uli Hoeneß, dessen im Ton zwar übertriebene, aber im Kern richtige Kritik an den Länderspielterminen ich teile. Schweinsteiger gegen Tinga gestern, das war beileibe nicht die erste fiese Aktion des überschätzten Nationalspielers.

Was ist passiert? Schweinsteiger tritt zweimal (!) auf den am Boden liegenden Tinga, einmal auf dessen Bein, einmal auf den Arm. Mit voller Absicht und nicht aus dem laufenden Spiel im Kampf um den Ball. Tinga wälzt sich nicht mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden. Schiedsrichter Knut Kircher gibt nur Freistoß; obwohl er die Szene nicht perfekt gesehen haben kann (er kommt erst angerannt), fragt er nicht beim vierten Schiedsrichter nach. Was ist das anderes als eine Tätlichkeit? Gelten nur Ellbogenschläge als solche? Was wäre passiert, wenn Tinga auf den deutschen Nationalspieler Schweinsteiger getreten wäre? Das ist Spekulation, aber eine, die sich anzustellen lohnt.

Schweinsteiger trifft in der zweiten Halbzeit mit einem Sonntagsschuss zum 1:2. Hätte der BVB gegen zehn Bayern gewonnen? Keine Ahnung. Hätte der BVB gegen dezimierte Bayern 1:5 verloren? Nein!

Kommen wir von dieser unerfreulichen Episode zum unerfreulichen Rest des Spiels. Es begann jedoch, für Dortmund nicht charakteristisch, erfreulich. Die Schwarz-Gelben waren gleich voll da und ließen die Bayern nicht zur Entfaltung kommen. In der 10. Minute erzielte ausgerechnet Mats Hummels per Kopfball nach einem Freistoß von Sahin das 1:0. Man durfte von schönen Geschichten träumen, und der BVB setzte nach, hatte mehrere Möglichkeiten, zu erhöhen. Es ist so banal, dass es weh tut, aber gegen eine Spitzenmannschaft muss man solche Chancen nutzen. So aber gab es das 1:1. Keinen Vorwurf hier an Kircher, es war schwer zu entscheiden, ob Gomez im Abseits stand. Der Ball kam von van Buyten, aber berührte noch Subotic. Weiterlesen „BL 5.Spieltag / BVB 1 Bayern München 5“