Unter der Sonne Andalusiens

Sevilla – im Sommer oft unerträglich heiß, im Dezember der beste Ort in Europa, um ein Fußballspiel zu bestreiten. Heute haben sich die Mannschaft, das Trainerteam, die Belegschaft und viele Fans von Borussia Dortmund in die Hauptstadt Andalusiens aufgemacht, um bei angenehmen Temperaturen (heute 17 Grad, Sonne) ein weiteres schwarz-gelbes Märchen zu erleben. Morgen Abend könnte mit einem Sieg gegen den FC Sevilla doch noch der Einzug in das Sechzehntelfinale der Europa League gelingen

Die Vorzeichen sind nicht einfach zu interpretieren. Ginge es nach der aktuellen Form, könnte sich der BVB große Hoffnungen machen. Sevilla hat in der Primera División die letzten vier Spiele verloren, dazu kommt die Niederlage in Paris. In der Liga resultiert daraus der elfte Platz, in der Europa League stehen die Gastgeber noch auf Platz 2. Aus Dortmunder Vereinskreisen hört man jedoch zu Recht andere Töne. Jürgen Klopp preist die große Qualität dieser europäischen Spitzenmannschaft. Tatsache ist, dass diese Spitzenmannschaft zurzeit in der Liga eine Krise durchmacht und die Chancen, noch mal zu Barca und Real aufzuschließen, rein rechnerischer Natur sind. So bleibt neben dem nationalen Pokal nur die Europa League, um noch etwas zu gewinnen. Nach dem Scheitern in der Champions League-Qualifikation hat die Vereinsführung von Sevilla den Gewinn der ‚kleinen‘ europäischen Trophäe als Saisonziel ausgegeben. Dementsprechend entschlossen klingen vor dem morgigen Gruppenfinale die O-Töne aus Südspanien:

[We are] aware of what’s at stake tomorrow. It’s a real cup final because if we lose the Europa League is over (…)  [José María del Nido, Präsident FC Sevilla]

Die Mannschaft und vor allem Trainer Manzano können sich ein Scheitern also schlecht leisten. Dementsprechend intensiv wird es im Estadio Ramón Sánchez Pizjuán zugehen.

Machen wir uns nichts vor: Der FC Sevilla ist im eigenen Haus klarer Favorit. Der BVB muss früher oder später kommen und für Kontertore sind die Hausherren allemal gut. Selbst bei der Niederlage in Paris trafen sie zweimal. Die Borussia kann Hoffnung daraus schöpfen, dass der Druck auf Sevilla größer ist und vielleicht Spuren hinterlässt. Wichtig wird sein, Fehler des Gegners besser auszunutzen als in den bisherigen Spielen gegen die beiden in der Gruppe führenden Clubs.

Personell hat Jürgen Klopp Stand heute die gleichen Möglichkeiten wie am Samstag. Die Einsätze von Nuri Sahin, Sven Bender und Mario Götze sind noch nicht zu 100% sicher, aber sehr wahrscheinlich. Für alle Fälle hat der Trainer jedoch 20 einsatzbereite Spieler mitgenommen, hinzu kommen gegenüber dem Bremen-Spiel Zidan und Le Tallec, Sebastian Kehl ist lediglich zur moralischen Unterstützung dabei. Roman Weidenfeller wird nach seinem samstäglichen Zusammentreffen mit Mats Hummels sicher spielen können, er hat nur eine Schürfwunde davongetragen. Gut möglich erscheint, dass Klopp aufgrund Götzes Magen-Darm-Infekt Kevin Großkreutz an seiner Stelle beginnen lässt.

Ich glaube, niemand im näheren Umfeld der Borussia wird morgen an die Bundesliga denken. Der Verein war in den letzten Jahren zu selten im internationalen Geschäft vertreten, um es geringzuschätzen. Außerdem steht die Winterpause vor der Tür, in der man sich dann endlich ausruhen kann. Nein, an fehlendem Engagement wird der BVB morgen nicht scheitern. Er wird jedoch eine herausragende Leistung und vielleicht ein wenig Glück brauchen. Glück, das bisher in der Europa League gefehlt hat – vielleicht ändert sich das beim großen Finale.