Hier sind die Big Points!

1. Bundesliga, 30. Spieltag / Mönchengladbach 2 BVB 3

Die Schwarz-Gelben drehen das Borussen-Duell erneut, nachdem sie nach einer zwischenzeitlichen Wende in Rückstand lagen. Es war kein Auftritt aus einem Guss, schon gar nicht bei den Gastgebern, doch was erwartet man mehr als eine solch engagierte Leistung mit später Belohnung in einer spannenden Partie?

Drei Gedanken zum Spiel

Wir müssen mit individuellen Fehlern leben und in Spielen wie diesem können wir das auch. Das war vor dem Anschlag so und das ist jetzt so, aus welchem Grund auch immer. Diesmal war es beim 1:1 kurz vor der Pause Mikel Merino, dem natürlich Spielpraxis fehlt, der relativ unbedrängt einen leichtsinnigen Querpass spielte. Das 1:2 kurz nach der Pause dann ein nicht gerade unvermeidbares Eigentor von Marcel Schmelzer. Und schon war der Spielverlauf auf den Kopf gestellt.

Dem BVB fehlte es an Präzision – vor allem in der dominant geführten ersten Hälfte. Da hatte Gladbach bis zum Ausgleich keine ernsthafte Torchance, die Schwarz-Gelben sahen auch nach der frühen Führung durch Reus‘ Elfmeter ein paar Mal gefährlich aus. Und doch hätte es bei genauerem Passspiel in der Offensive noch viel öfter gefährlich werden können. Das ist der Bereich, in dem die jungen Supertalente Dembelé und Pulisic noch Verbesserungsbedarf haben. Ebenso wie Merino, der nach 22 Minuten für den leider erneut verletzten Nuri Sahin kam. Wobei Mikel es nach seinem Fauxpas zumindest in der zweiten Hälfte nicht an Einsatz und guten Ansätzen fehlen ließ.

Wie die bessere Borussia die Partie nochmals drehte, zeugt von wiedergewonnener Stärke – auch mentaler Art. Natürlich ist es ein Luxus, Pierre-Emerick Aubameyang von der Bank bringen zu können. Der dann nach knapp 110 Sekunden traf. Aber nach dem Ausgleich befanden sich eher die Schwarz-Gelben im Aufwind, obwohl es für die gastgebenden Gladbacher auch noch um einiges geht. Nach diesem Spielverlauf war es mir eine besonders große Freude, als in der 87. Minute ein BVB-Freistoß endlich mal wieder perfekt in den Strafraum segelte und den richtigen Kopf fand. Castro hatte ausgeführt und der im Spielverlauf stärker werdende Guerreiro köpfte ein.

Höchsten Respekt für eine nicht astreine, aber unter den Umständen tolle Leistung! Vielleicht kommt die von allen herbeigesehnte Normalität nach der Verhaftung des Bombenlegers früher als erhofft, zumindest auf dem Platz. Ohne dass wir vergessen, was man nicht vergessen kann. Und endlich nutzt der BVB die Vorlage der Konkurrenz: Dritter!

Die Aufstellung: Bürki – Ginter, Bender, Schmelzer – Durm, Sahin (22. Merino), Guerreiro, Castro – Dembelé (87. Mor), Reus (57. Aubameyang), Pulisic. Gelbe Karten: Castro, Merino, Bürki. Tore: Reus (EM), Aubameyang, Guerreiro

Ohne Stark wär hier gar nichts los

1. Bundesliga, 4. Spieltag / Bayer Leverkusen 0 BVB 0

Man muss einfach mal „Danke“ sagen. Zum bayerischen(!) FIFA(!!)-Schiedsrichter Wolfgang Stark, der ein vorhersehbares, taktisch geprägtes 0:0 in ein farbenfrohes, emotionales 0:0-Spektakel verwandelte. Die Redaktion des ZDF-Sportstudios täte gut daran, ihre Schiedsrichter-Rubrik in „Stark des Tages“ umzubenennen, denn wer liefert sonst so viel Material wie der berühmteste Ergoldinger aller Zeiten (und bei dieser Einschätzung vergesse ich nicht den aktuellen Trainer des 1.FC Saarbrücken)?

Die erste Halbzeit war in Wirklichkeit nicht so berauschend, wie das ganze Spiel nach 90 Minuten dargestellt wurde.  Leverkusen-Fans werden möglicherweise anderer Meinung sein und in der Tat waren die Gastgeber in den ersten 45 Minuten die bessere Mannschaft. Es gab jedoch weder einen dauerhaften Sturmlauf auf das BVB-Tor noch weitere wirklich hochkarätige Chancen außer den beiden, die Roman Weidenfeller reaktionsschnell parierte. Die von taktischer Disziplin geprägte Partie spielte sich weitgehend im Mittelfeld ab und die weiteren Torschüsse, die Leverkusen natürlich hatte, waren vergleichsweise harmlos.

Der BVB tat sich in der ersten Hälfte angesichts der gut stehenden Gastgeber sehr schwer und machte sich das Leben selbst nicht leichter. Die Fehlpassquote war phasenweise deutlich zu hoch. Daran waren erneut die Innenverteidiger maßgeblich beteiligt. Aber auch für das komplette offensive Mittelfeld gab es mit Pässen kein Durchkommen durch die Reihen der Leverkusener. Normalerweise müsste man dann auf die Flügel ausweichen, aber von Piszczek kam nach seinem frühen Flanken-Torschuss wenig und Marcel Schmelzer hat offensiv ohnehin nicht die Durchsetzungsfähigkeit, um sich gegen eine absolute Spitzenmannschaft zu behaupten. Und das ist Leverkusen nach wie vor. Nach dem ersten Spieltag war der BVB in der medialen Wahrnehmung schon beinahe Meister, jetzt sind die Bayern kaum noch zu stoppen, aber am Ende könnte (!!!) die Werkself der lachende Dritte sein.

Die Gastgeber hätten mehr aus der ersten Hälfte machen können, aber letztendlich waren sie im Abschluss zu harmlos und die Dortmunder Viererkette trotz Fehlern im Aufbauspiel doch präsent genug, um die meisten gefährlichen Situationen (noch) rechtzeitig zu klären. Eine Gefahr für jeden Gegner stellt Andre Schürrle dar, der Mario Götze in den nächsten Wochen den Rang als Medien-Liebling Nr. 1 ablaufen könnte.

Die zweiten 45 Minuten begannen offener. Leverkusen hatte zwar die ersten guten Szenen, aber es war nicht so, dass der BVB erst durch den Platzverweis von Michal Kadlec ins Spiel kam. Spätestens mit Kagawas Schuss über das Tor in der 52. Minute waren die Schwarz-Gelben in der Partie und es war fortan keine Leverkusener Dominanz mehr zu spüren. Nicht zu vergessen: die geniale Hackenvorlage von Lewandowski auf Kagawa (in deren Anschluss Leno zur Stelle war) ereignete sich vor der Roten Karte. Trotzdem blieb es Maestro Stark vorbehalten, die Stimmung richtig zum Kochen zu bringen – auf dem Feld und unter den Fans. Es macht Sinn, die wichtigen Entscheidungen gebündelt abzuhandeln:

Die erste Gelbe Karte gegen Kadlec wegen eines schnellen Griffs an Götzes Arm war nicht absolut zwingend. Da der Linksverteidiger für sein späteres Einsteigen von hinten aber zurecht glatt Rot sah, spielt die erste Karte eine untergeordnete Rolle. Einige Kommentatoren wollen das Hummels-‚Foul‘ an Renato Augusto als den Auslöser der Hektik ausgemacht haben. Richtig, wenn es ein Foul gewesen wäre, hätte es Gelb-Rot geben müssen. Wenn der Abwehrspieler aber die Beine noch einzieht und der Angreifer trotzdem dankbar darüber stolpert, ist das für mich kein Foul. Rudi Völler sagte bei Sport 1, dass man das als Stürmer eben so mache – ich empfinde das nicht als wünschenswerten Bestandteil des Fußballs und würde mir wünschen, dass die Schiedsrichter in solchen Situationen den Mut haben, weiterspielen zu lassen. Immerhin ging der folgende Freistoß harmlos in die Mauer.

Die Rote Karte gegen Mario Götze roch sehr nach Konzessionsentscheidung. Es war ein angedeuteter Tritt zu sehen, der jedoch Balitsch gar nicht treffen konnte. Mario hat auch (aus)gespuckt. Da war Balitsch allerdings schon meterweit entfernt. Das Problem bei Stark ist, dass ihm einfach das Fingerspitzengefühl fehlt. Von manchem Regel-Positivisten wird dieser Begriff kritisiert, aber muss man die Bewegung von Götze wirklich als versuchte Tätlichkeit werten? Andererseits (und das wurde komischerweise kaum erwähnt): Eine Gelbe Karte war die Aktion schon wert und dann wäre Mario eben mit Gelb-Rot runtergeflogen. Seine erste Gelbe Karte wegen eines harten Einsteigens gegen Torwart Leno sah der Jungstar zurecht. Der (mögliche) Unterschied zur von Stark getroffenen Entscheidung betrifft also nur die Länge der Strafe. Über das nicht gegebene Freistoßtor braucht man hingegen nicht zu reden. In der Szene hatte der Schiedsrichter das Spiel eindeutig noch nicht freigegeben.

In der Phase, in der die Schwarz-Gelben in Überzahl agierten, hätten sie das Spiel gewinnen können. Plötzlich waren die Spielzüge flüssig und die sich ergebenden Chancen insgesamt zwingender als das, was Leverkusen zustande gebracht hatte. Leno rettete den Gastgebern bei Perisics Schuss mit einer tollen Reaktion das Unentschieden und ihm ist es auch zu verdanken, dass Kagawas Schuss in der 76. Minute nicht im Tor landete, obwohl schließlich Castro den Ball noch von der Linie schlagen musste. Die letzte Viertelstunde Zehn gegen Zehn verlief emotional in aufgeheizter Stimmung, mit weiteren Chancen auf beiden Seiten, aber gegen Ende hatte man das Gefühl, dass sich beide Mannschaften mit dem 0:0 zufriedengaben.

Es war ohne Zweifel ein gerechtes Ergebnis in einem Spiel, nach dem ohne Wolfgang Stark und die ‚Rotsünder‘ vor allem über taktisch gut organisierte Leverkusener gesprochen worden wäre und über einen BVB, der in dieser Saison noch viel häufiger nicht glänzen, sondern sich Punkte erarbeiten wird. Mit einem Punkt in Leverkusen kann man absolut zufrieden sein – traurig ist nur, dass Mario Götze womöglich für mehr als ein Spiel gesperrt wird. In diesem Sinne: Danke für die Show, Herr Stark, aber bitte keine Fortsetzung!

Die Aufstellung: Weidenfeller – Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer – Bender, Gündogan – Götze, Kagawa (81. Kuba), Großkreutz (63. Perisic) – Lewandowski. Gelbe Karten: Hummels, Götze. Rote Karte: Götze.