Es ist, wie es war

1. Bundesliga, 7. Spieltag / BVB 2 Bayern München 3

Nach dem Topspiel am Samstagabend wird Borussia Dortmund von vielen Seiten eine ordentliche Leistung bescheinigt, doch gleichzeitig zementiert die Heimniederlage gegen die Bayern die Rangordnung im deutschen Fußball weiter. Mit jeder Pleite schwindet die Hoffnung auf Änderungen.

Ist der BVB näher an Bayern dran?

Manche deuten den couragierten Auftritt gegen die „Besten der Welt“ schon als Fortschritt. Dabei darf man nicht vergessen, dass es für die Schwarz-Gelben ein Heimspiel – wenn auch eines ohne Zuschauer – war. Aus den letzten fünf Ligapartien gegen die Bayern im Westfalenstadion hat der BVB sieben Punkte geholt (S 2, U 1, N 2); die höchste der beiden Niederlagen war ein 1:3. Es hat sich also bisher nichts grundlegend geändert – da müssen wir schon noch das Rückspiel und allgemein den weiteren Saisonverlauf abwarten.

Spielerisch kann die Borussia dem FCB punktuell weh tun, aber dann schlägt der Rekordmeister in aller Regel mit der ihm eigenen Selbstsicherheit zurück. Die Frage, warum es Hoffenheim gelingt, diesen Gegner deutlich zu schlagen und uns nicht, ist nicht schwer zu beantworten: Die Bayern haben ihre gebrauchten Tage, aber nicht gegen Schwarz-Gelb. Für dieses Duell sind sie immer top vorbereitet und eingestellt – so braucht es selbst zu Hause außergewöhnliche Umstände, um gegen sie zu gewinnen.

Taktik und Aufstellung

Eine der umstritteneren Entscheidungen von Lucien Favre war die Aufstellung von Axel Witsel und Thomas Delaney im zentralen Mittelfeld. In dieser Saison hat gerade Ersterer noch nicht so viel zum Aufbauspiel des BVB beigetragen, wie man es von seiner Position erwarten würde. Mit Bezug auf Samstagabend tun sich zwei Fragen auf: War das Offensivspiel der Schwarz-Gelben überhaupt darauf angelegt, Witsel in größerem Maß einzubeziehen? Und wie haben Witsel und Delaney ihre defensiven Aufgaben erfüllt?

Das erfolgversprechendste Mittel gegen hoch pressende Bayern waren lange, präzise Bälle hinter die Abwehrkette auf unsere schnellen Offensivkräfte wie Reyna, Sancho und vor allem Haaland. Auch am Samstag funktionierte das im Ansatz einige Male. Das auch von Lucien Favre nach dem Spiel erkannte Problem der Schwarz-Gelben: Der letzte Pass klappte leider nicht ebenso gut und manchmal fehlte er auch einfach. Wäre das anders gewesen, hätten am Ende dieser Partie auch mit Witsel und Delaney ein bis drei Punkte stehen können.

Zwei Kennzahlen noch zu Axel Witsel: Seine gute Passquote von 80 Prozent lässt sich natürlich mit Sicherheitspässen wegerklären. Allerdings gewann er auch zwei Drittel seiner Zweikämpfe (10 von 15) und liegt damit auf BVB-Seite nur hinter Manuel Akanji (6 von 7) und dem eingewechselten Julian Brandt (3 von 4), die beide weniger geführt haben. Zumindest für das Bayern-Spiel dürfte Favres Entscheidung pro Witsel also nicht ganz falsch gewesen sein, denn wer hätte es auf seiner Position am Samstag besser machen können?

It’s the quality, stupid

Klar, man kann sagen, dass der BVB bei den Gegentoren Pech mit abgefälschten Bällen hatte und vorne seine Chancen nicht genutzt hat. Aber woran liegt Letzteres? Erling Haaland ist zweifellos ein bockstarker Stürmer. Giovanni Reyna hat sehr viel Potenzial, auch wenn ich ihn noch nicht auf dem gleichen Niveau sehe wie den Norweger. Über Jadon Sancho brauchen wir auch nicht zu diskutieren, selbst wenn er gerade eine schwächere Phase hat.

Doch zusammengenommen stehen diese drei eben (noch) nicht auf einer Stufe mit Lewandowski, Gnabry und Coman. Da muss man nur mal auf die gestrigen Abschlüsse schauen. Allen drei genannten Dortmundern fehlte immer mal wieder das Auge für den Mitspieler. Einige Szenen hätten mit einem Abspiel noch mal deutlich gefährlicher werden können. Eine Sache der Erfahrung, klar. Die Frage ist nur, wo die drei Jungs kicken, wenn sie ihr Spiel mal perfektioniert haben.

Wenn die Bayern mal eine dicke Torchance zulassen, dann ist da immer noch Manuel Neuer. Es ist gar keine Kritik an Roman Bürki, aber auch er erreicht nicht das Niveau seines Gegenübers. Um Neuer zu überwinden, muss man es in der Regel schon sehr gut machen – wie Reus mit seinem präzisen Volley beim ersten Tor und Haalands Energieleistung beim zweiten.

Leider gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Qualitätsunterschiede zwischen BVB und Bayern irgendwann verschwinden. Gerade in Corona-Zeiten wird man in Dortmund weiterhin mit Transfereinnahmen aus dem Verkauf der Hochkaräter kalkulieren müssen. Hard times – aber vergessen wir nicht, wie es anderen geht. Die nähere Zukunft führt die Borussia nach der Länderspiel-Pause am 21. November nach Berlin zu Hertha BSC.

Die Aufstellung: Bürki – Meunier, Akanji, Hummels, Guerreiro – Witsel, Delaney (60. Bellingham) – Sancho (69. Hazard), Reus, Reyna (69. Brandt) – Haaland. Gelbe Karte: Witsel. Tore: Reus, Haaland

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