Halbzeitansprache und fromme Wünsche

Die letzte Winterpause der Zehnerjahre hat begonnen und mit der neuen Dekade könnte eine Zeitenwende auf Fußball-Deutschland zukommen. Zur Halbzeit besetzt RB Leipzig die Tabellenspitze der 1. Bundesliga, ist also Herbstmeister, auch wenn diesen Titel ja nie jemand haben will. Doch die Statistik sagt aus, dass bis dato 67,9 Prozent der Klubs, die zur Winterpause vorne standen, auch Meister wurden. Am häufigsten betraf das natürlich den FC Bayern, weswegen alle, die lieber den Rekordmeister als den Brauseklub vorne sehen würden, noch Hoffnung haben. Ich gehöre mit vollem Herzen zu eben diesen Menschen.

Für mich ist 2020 in der Bundesliga am wichtigsten, dass Leipzig nicht Meister wird. Sollte es doch so kommen, wäre das ein Bruch mit allem, was man sich vom Fußball noch erhofft. Dieser Mitbewerber ist auf so vielen Ebenen falsch – von der Gründung bis in die jüngste Gegenwart. Man denke an das zum Glück abgebrochene Techtelmechtel mit Paderborn oder die fragwürdige Gestalt Dietrich Mateschitz. Es wäre auch ein Signal an weitere angehende Rasenballsportler in neuen Konstrukten. Deswegen wären mir alle anderen möglichen Meister lieber: die falsche Borussia, die großen Bayern, ja sogar – dare I say it – der FC Schalke.

Und die richtige Borussia? Es war ein schwer zu ertragendes Auf und Ab in der Hinserie. Zuletzt gab es einen Punkt aus zwei Spielen. In beiden Partien spielten die Schwarz-Gelben nicht so schlecht wie manches Mal zuvor. Vieles sah zuletzt nach Aufwärtstrend aus. Doch blöde Fehler und vergebene Chancen kosteten den BVB fünf Punkte. Die Zahlen lügen nicht: Man liegt sieben Punkte hinter – ausgerechnet – Leipzig, steht so eben noch auf einem Champions League-Platz.

Klar, das ist nicht uneinholbar. Aber die Borussia hat in der Hinserie nie die Konstanz gezeigt, die nötig wäre, um uns noch daran glauben zu lassen. Und demzufolge muss es zur Not jemand anders richten. Könnte der BVB auch einen anderen Trainer vertragen? Auch hier gab es für mich ein Auf und Ab der Gefühle gegenüber Lucien Favre. Ich war, als es zum ersten Mal um seine Verpflichtung ging, nicht überzeugt von ihm und freute mich, als Peter Bosz Trainer wurde. Später habe ich mich mit Favre abgefunden und sogar aus der Distanz angefreundet. Diese Saison hat er mich wie die ganze Mannschaft enttäuscht. Und ich glaube nicht, dass er die Spieler noch mal so mitreißen kann, wie es nötig wäre.

Es ist ein Dilemma: Lucien Favre und seine Ergebnisse sind zu gut, um ihn zu feuern. Aber wir werden mit ihm wahrscheinlich nicht mehr oben angreifen können. Oder können es gezielte, vermutlich teure Verstärkungen noch rumreißen? Mein Glaube daran ist überschaubar. Frohe Weihnachten!

Konstanz liegt am Bodensee

1. Bundesliga, 17. Spieltag / TSG Hoffenheim 2 BVB 1

Zwei Spiele nach Mainz ist beim BVB gefühlt wieder alles ungut. Während die Partie gegen Leipzig vor allem ergebnistechnisch negativ war, erkannte man in der zweiten Hälfte in Sinsheim wieder die gleiche Spielweise, die die Fans bis vor wenigen Wochen so aufgeregt hatte. Schwarz-Gelb lässt sich alle drei Punkte abnehmen und das war absolut absehbar.

Eine gute Hälfte

Es ist ja in dieser Saison kein neues Phänomen, dass die Borussia Spiele mindestens phasenweise aus der Hand gibt. Nur war es gestern besonders frustrierend, weil man gegen solche Hoffenheimer einfach gewinnen musste. In den ersten 45 Minuten hatten die Gastgeber genau eine, wenn auch gute, Gelegenheit, als Skov einen Freistoß aus großer Distanz an die Unterkante der Latte schoss. Dortmund wirkte dagegen souverän, und über rechts mit Hakimi und Hazard immer wieder gefährlich. Leider reichte es nur zu Götzes Treffer. Außer bei zwei, drei starken Szenen war bei Mario sonst viel Luft nach oben.

Nun ist es wirklich unglücklich, wenn mit Mats Hummels und Thorgan Hazard zur Pause der Abwehrorganisator und der offensive Top-Performer der letzten Wochen wegbrechen. Bei Hazard gibt es bis dato noch keine mir bekannte belastbare Aussage, ob und wie schwer er verletzt war. Doch selbst wenn der Doppelwechsel unvermeidbar war: Hier lag Lucien Favre falsch. Er brachte den – wie sage ich es respektvoll – Veteranen Lukasz Piszczek und Jacob Bruun Larsen – der sich bei seinen wenigen Auftritten bisher nicht aufdrängen konnte. Mutig und wohl sinnvoller wäre es gewesen, Leo Balerdi endlich mal eine echte Chance in der Innenverteidigung zu geben und Hazard durch Guerreiro oder gleich Alcacer zu ersetzen. Weiterlesen „Konstanz liegt am Bodensee“

Und jährlich gibts die Auswärtsschlappe

1. Bundesliga, 11. Spieltag / Bayern München 4 BVB 0

Das fünfte Auswärtsspiel beim FC Bayern in Serie endet für Borussia Dortmund mit mindestens vier Gegentoren und drei Toren Unterschied. Immerhin bessern sich die Schwarz-Gelben: Vorletzte Saison gab es noch ein halbes Dutzend Bayern-Treffer, im Frühjahr fünf und gestern nur noch vier. Kämpfende Gastgeber gegen Angsthasen? Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen und trotzdem lohnt sich der schmerzhafte Blick zurück.

Nicht über 90 Minuten miserabel

Kürzere Zusammenfassungen des „Topspiels“ zeigen dominante, spielsichere Bayern und einen weitgehend konfusen BVB. Dieses Bild trifft über weite Strecken der Begegnung auch zu. Die Schwarz-Gelben hatten viel zu viele einfache Ballverluste und ungenaue Pässe zu verzeichnen. Sie kamen oft nicht in die Zweikämpfe, standen zu weit weg von den Bayern, begleiteten häufig, anstatt zu attackieren. Die hoch stehenden Gastgeber behagten den Gästen überhaupt nicht.

Deutlich zu sehen war das aber erst nach dem Führungstreffer durch – natürlich – Lewandowski in der 17. Minute. Zuvor wirkten die Bayern zwar auch schon technisch stärker, aber noch nicht übermäßig dominant. Nein, es war das Gegentor, das den BVB scheinbar aller Energie beraubte – und danach sofort nachsetzende Rote. Es gab rund zehn Minuten in der zweiten Hälfte, in denen die Borussen wieder besser im Spiel waren – dann folgte das 0:3. Weiterlesen „Und jährlich gibts die Auswärtsschlappe“

Favre bleibt – kommt Mats?

Nicht ganz unerwartet, diese Meldung: Borussia Dortmund hat den Vertrag mit Trainer Lucien Favre um ein Jahr bis 2021 verlängert. Wie man das findet, hängt natürlich wesentlich davon ab, wie man Favres erste Saison bei den Schwarz-Gelben letztendlich bewertet. In der Hinserie wurden der neue Zusammenhalt und das taktische Gespür des Trainers gelobt, in 2019 das Festhalten an bekannten Mustern und die Ansprache des Schweizers kritisiert. Es gab natürlich auch Analysen, die fundierter ausfielen.

Am Ende dieser gespaltenen Saison muss man sich aber doch am Abschlussergebnis orientieren und da steht ein sicherer Platz 2 mit 76 Punkten. Es gibt also keinen echten Grund, Lucien Favre nicht weiter und auch zwei Jahre lang zu vertrauen. Dass er selbst ebenfalls Dinge auf den Prüfstand stellen muss, darüber werden Hans-Joachim Watzke und Michael Zorc bei den Verhandlungen mit Favre gesprochen haben.

Der größere Aufreger der letzten Tage in schwarz-gelben Kreisen war die mögliche Rückkehr von Mats Hummels vom FC Bayern. Der Ex-BVB-Kapitän soll die Gespräche darüber selbst angestoßen haben. Und seitdem vibriert es im Netz und in den sozialen Medien. Die Fans sind gespalten; es gibt viele, die sich mit deutlichen Worten gegen eine Rückholaktion aussprechen.

Man könnte sich die Energie auch sparen, zumindest bis der Transfer näher rückt. Noch ist das Ding nicht durch, es soll sehr unterschiedliche Auffassungen geben. Man darf sich außerdem an den Fall Mario Götze erinnern: Der ist inzwischen aufgrund deutlich verbesserter Leistungen doch wieder weitgehend akzeptiert in Dortmund. Und leistungstechnisch ist Mats Hummels zuletzt doch sehr positiv aufgefallen. Mehr zu dem möglichen Deal gibt es bei Any Given Weekend, wenn es so weit ist.

Schwarz-Gelb und das fatale Remis

1. Bundesliga, 21. Spieltag / BVB 3 TSG Hoffenheim 3

Partien, an die man sich erinnert, Partien, die eine Saison bestimmen können: So erscheint schon im direkten Nachgang das 3:3 der Borussia gegen die TSG, nach 3:0-Führung. Zu Recht?

Die Sancho-Show

Lange sah es so aus, als könne ein Spieler, der den Schwarz-Gelben am Dienstag im Pokal gefehlt hatte, das bittere Aus gegen Bremen vergessen machen. Jadon Sancho war an allen drei Toren beteiligt, erzielte das erste selbst und bereitete das ohnehin geniale dritte mit der Hacke vor. Doch es sollte ganz anders kommen, als das wohl alle im Stadion und an den Bildschirmen gedacht hatten.

Zwei Trainer und doch einer zu wenig

Waren es am Dienstag Spieler wie Sancho, der gestern bis fast zum Schluss starke Bürki oder Piszczek, die man vermisste, war es gegen Hoffenheim ganz klar Lucien Favre. Nichts gegen Terzic und Stefes, die Favre immerhin im Ohr hatten, aber mit dem Cheftrainer an der Seitenlinie wäre das 3:3-Debakel schwer vorstellbar gewesen. Die Spieler schienen sich sicher zu wähnen, obwohl die zweite Hälfte eher für die physisch starken Gäste lief. Nach dem 3:0 hakten das manche wohl schon ab – oder schalteten aus anderen Gründen zurück. Zu viele Spiele in kurzer Zeit? Kann eigentlich auch nicht sein. Diallo, Hakimi und ein wenig beim dritten Gegentreffer auch Bürki sahen nicht so souverän aus, aber dass die TSG noch zu so vielen Torraumszenen kam, haben auch andere verdaddelt. Zuschlechterletzt hätte Schiedsrichter Marco Fritz den Freistoß vor dem 3:3 nicht geben müssen.

War’s das mit der Meisterschaft?

Das zu behaupten wäre genauso einseitig wie zu sagen, es seien doch noch fünf Punkte Vorsprung. Es gibt nun keinen Gang der Dinge, der automatisch eintreten wird. Und die vollkommen richtige schwarz-gelbe Weisheit, nur von Spiel zu Spiel zu denken, bleibt bestehen. Nur der Glaube, dass eine Mannschaft, der so etwas wie gestern passiert, auch gegen einen Jäger namens FC Bayern bestehen kann, der hat schon einen empfindlichen Knacks bekommen. Zum Glück geht’s jetzt zum Club, könnte man denken. Aber leider ist zuvor noch Champions League.

Die Mannschaft: Bürki – Piszczek, Weigl, Diallo, Hakimi – Dahoud, Witsel – Sancho, Philipp (70. Paco Alcacer), Guerreiro (90.+2 Wolf) – Götze (82. Toprak). Tore: Sancho, Götze, Guerreiro

Feuerwerk nach einer Stunde

1. Bundesliga, 19. Spieltag / BVB 5 Hannover 96 1

Borussia Dortmund gewinnt ein Spiel, das von der Tabellensituation her schon vorher und vom Ergebnis her danach klar aussah. Manche werden vor der Partie die Warnungen von Lucien Favre im Sky-Interview belächelt haben. Niemand gibt ja gerne zu, klarer Favorit zu sein. Aber es war eben eine Stunde lang tatsächlich kein Spaziergang für den Tabellenführer.

Favre wollte sich vor dem Spiel nicht mal festlegen, wie defensiv Hannover wohl auftreten würde. Und das war mehr als eine ausweichende Antwort – sie war angemessen. 96 hatte die erste Chance des Spiels und sie stellten sich auch danach nicht nur hinten rein. Das häufige Anlaufen gerade durch die zwei Stürmer oder auch Nicolai Müller war nicht bloß reine Stichelei. Der BVB schaffte es zunächst nur phasenweise gefährlich vors Tor. Eine solche Phase begann um die 20. Minute, als zunächst Marco Reus zwei Riesenchancen vergab. Bei der zweiten, einem Pfostenschuss, war natürlich ne Menge Pech dabei. Doch dann spielte Achraf Hakimi einen einfachen Doppelpass mit Guerreiro und traf feinstens aus 16 Metern. Ein starkes Spiel von ihm, bis auf einen Schnitzer im Mittelfeld.

Ein Fehler führt zur BVB-Show

Ein Tor Rückstand schockte Hannover noch nicht sonderlich. Die Gäste blieben aktiv, ohne wirklich gefährlich zum Abschluss zu kommen. Dass Sarenren Bazee verletzt ausgewechselt werden musste, half da natürlich auch nicht. Zur Halbzeit konnte oder musste man von einem durchschnittlichen, kampfbetonten Spiel sprechen. Nach der Pause nahm die Qualität erst mal nicht zu, eher der Kampf etwas ab. Und 96 machte den entscheidenden Fehler zum Anfang vom Ende. Albornoz vertändelte den Ball, Hakimi profitierte und konnte für Reus querlegen, der den Ball künstlerisch wertvoll ins Tor beförderte.

Für eine Mannschaft am Abgrund mit einem angezählten Trainer kann sowas schon mal den technischen K.O. bedeuten. Mit einer Ausnahme lief danach für Hannover gar nichts mehr zusammen. Die Abwehr könnte man jetzt mit Käse- oder Hühner-Metaphern beschreiben, aber lassen wir mal die Mottenkiste halb zu. Sancho bereitete für Götze vor, der überragende Reus für Guerreiro, die Sache war in Minute 67 mehr als durch. Die Borussia ließ es deutlich ruhiger angehen, Favre wechselte noch zweimal. In der Schlussphase kam das einzige Lebenszeichen von 96 ausgerechnet durch den Ex-Schwarzgelben Marvin Bakalorz. Der tankte sich durch, zog ab und traf dank einer doppelten Abfälschung das Tor. Schön dass Axel Witsel in der Nachspielzeit und nach einem Eckball – ja, wieder ein Tor nach Standard – den alten Abstand wiederherstellte.

Am Ende war’s eine tolle Show im Westfalenstadion gegen angeknockte Hannoveraner. Maybe Andre Breitenreiter gets sacked in the morning. Dortmund hat jedenfalls überzeugend vorgelegt. Die Bayern werden gegen den VfB nachziehen. Oder?

Die Mannschaft: Bürki – Piszczek (70. Schmelzer), Weigl, Diallo, Hakimi – Witsel, Delaney (79. Dahoud) – Sancho, Reus, Guerreiro – Götze (66. Paco Alcacer). Gelbe Karte: Hakimi. Tore: Hakimi, Reus, Götze, Guerreiro, Witsel

Schwarz-gelbe Weihnachtsanalyse

Wie im Flug ist die Zeit bis Weihnachten vergangen, die Fußball-Bundesliga hat noch mal eine englische Woche eingelegt. Höchste Zeit, auf die schwarz-gelbe Hinrunde insgesamt und ihre letzten Spieltage zurückzublicken. Seit dem Derby endeten BVB-Spiele immer mit 2:1-Siegen – einmal jedoch für Gegner Düsseldorf. Das sagt uns mindestens, dass es eng zugeht. Einen Durchmarsch zur Meisterschaft wird es für die Borussia nicht nur der Bayern wegen nicht geben.

Die Fortuna zeigte exemplarisch, wie man die Schwarz-Gelben auch als ‚kleiner Gegner‘ schlagen kann – wenn beim BVB die guten Ideen fehlen. Gegen einen enorm zweikampfstarken Abwehrriegel braucht man die – und außerdem eine läuferisch und gedanklich schnelle Defensive, um Kontersituationen zu entschärfen. In Düsseldorf fehlte beides. Zum Glück scheint diese Partie eine Ausnahme gewesen zu sein.

Wie man enge Spiele gegen starke Teams für sich entscheidet, zeigte wiederum die Borussia exemplarisch: im Vergleich mit der anderen aus Mönchengladbach. Eine starke Leistung der zusammengebastelten Abwehr mit Julian Weigl war hilfreich, um die Gladbacher weitgehend vom Tor fernzuhalten. Der Rest war Nicht-locker-lassen und die unglaubliche Qualität unserer Topleute Jadon Sancho und Marco Reus. Weiterlesen „Schwarz-gelbe Weihnachtsanalyse“

Vom Zypern-Freund zum Supercupsiegerbesieger

Champions League, 3. Spieltag / BVB 4 Atletico Madrid 0

Es ist erstaunlich bis atemberaubend wie sich die Europapokal-Geschicke von Borussia Dortmund gewandelt haben. Nach Nikosia und dem Ausscheiden gegen Salzburg nun der dritte Sieg in der Champions League, mit 4:0 gegen Atletico. Der Mannschaft, die angeblich so wenig zulässt.

Lucien Favre probierte es mit einem recht klassischen 4-2-3-1, wobei Marco Reus ganz vorne seine Rolle doch etwas anders spielte als Paco Alcacer. Zeitweise fehlte die Präsenz eines echten Neuners den Schwarz-Gelben: Wenn es keinen Abnehmer für die Flanken der flotten Außen gab. Dass unter den Torschützen des BVB letztendlich nur ein echter Offensivmann war, ist aber schon ein Hinweis, wie die Mannschaft des Fehlen von Paco ausgleichen konnte: mit einer fantastischen Mannschaftsleistung.

Wie so oft – außer in der letzten Saison – wirkte das Auftreten der Borussen in der Champions League noch etwas spritziger und engagierter als in der Bundesliga. Favre hatte es offensichtlich geschafft, die immense Qualität von Atletico allen klarzumachen. Wenn man jemand herauspicken will aus der Mannschaft, muss man mindestens diese Namen nennen: Witsel, Hakimi, die Innenverteidiger Diallo und Zagadou und Marco Reus. Auch dessen Kumpel Mario Götze hielt gut mit.

Die vier Tore fielen, weil das Team in entscheidenden Momenten heiß, schnell und kombinationssicher war. Sie fielen weniger durch herausragende Einzelleistungen. Es gab auch die Phase, in der die Partie wackelte und Madrid den Ausgleich hätte schießen können. Die Borussia kam gar nicht mehr ordentlich hinten raus. Mehr als ein Elftel Schuld daran hatte der für den verletzten Delaney eingewechselte Mahmoud Dahoud. Dessen Passspiel war zunächst absolut gruselig, nicht zum ersten Mal. Doch später bereitete er immerhin das 3:0 durch Sancho mit vor.

Aber ansonsten: Was waren das wieder für Einwechslungen von Favre? Okay, von Jadon Sancho erwartet die Fußballwelt das inzwischen fast schon. Aber zwei Tore vom schon ins zweite Glied gerückten Guerreiro? Klar: Das 0:2 in einer für sie bis dahin positiven zweiten Hälfte beeindruckte Atletico und euphorisierte Schwarz-Gelb sowie das Westfalenstadion. Aber wie das dann zu Ende gespielt wurde, war trotzdem extrem beeindruckend. Es spielte auch keine Rolle, dass Roman Bürki nur einen ordentlichen und keinen bockstarken Tag wie zuletzt immer erwischt hatte. Nicht jeder Pass und Abschlag von ihm saß.

Ein sehr großes Spiel also. Natürlich aber noch kein Fingerzeig, dass es der BVB auch in der Champions League weit bringen kann. Nun kommt mit Hertha BSC erst mal eine der derzeit unangenehmsten Mannschaften der Bundesliga nach Dortmund.

Borussia kompakt: Die neue Reife

Champions League, 2. Spieltag / BVB 3 AS Monaco 0

Nach dem Gewinn der High-Speed-Oper in Leverkusen zeigt Borussia Dortmund ein zweites Mal, dass das 7:0 gegen Nürnberg keinesfalls so bizarr war wie es sich nach der langen Wartezeit auf sieben eigene Tore zunächst anfühlte. Natürlich war es wieder nicht durchweg gut, was die Schwarz-Gelben spielten. Die erste Hälfte gehörte nach etwa einer Viertelstunde überwiegend den Monegassen. Doch der BVB 2018/19, der Favre-BVB, kann reagieren und findet Lösungen.

Auch heute hing das auch mit dem Gegner zusammen. Monaco hatte in den ersten 45 Minuten viel investiert und war wie in der Liga auch an der Chancenverwertung gescheitert. Normalerweise hätten sie über 90 Minuten ein, zwei Dinger machen müssen. Aber neben Roman Bürki überzeugten bei der Borussia auch die Innenverteidiger, Manuel Akanji und Dan-Axel Zagadou. Die spielen zwar nicht komplett fehlerfrei, aber weit souveräner, als man es aufgrund des Alters bzw. der bisherigen Einsatzzeiten vermuten würde.

Wieder schlug ein Wechsel von Lucien Favre voll ein. Unglaublich, wie Jacob Bruun Larsen sich selbst in der Champions League zurechtfindet. Ein Tor, eine herrliche Vorarbeit – wie schön, dass so eine Nachwuchs-Geschichte mal wieder funktioniert, auch wenn Larsen mit sechs Jahren noch kein Schwarz-Gelber war. Jadon Sancho, der gerade bis 2022 verlängert hat, legte Larsen das erste Tor vor. Die Zukunft kann kommen.

Stark auch, wie sich Paco Alcacer von seinem Elfmeter an die Latte erholte und umso entschlossener kurz danach das 2:0 machte. Weniger stark auch über 90 Minuten dagegen Axel Witsel, der mir in den letzten Partien öfter zu zögerlich wirkte und manchmal ins Fußgänger-Tempo verfiel. Für was die Borussia in dieser Saison reif ist? Sollen sich andere überlegen. Das CL-Achtelfinale erscheint jedenfalls möglich.

Die Aufstellung: Bürki – Piszczek, Akanji, Zagadou, Diallo – Witsel, Delaney (65. Weigl) – Sancho (84. Philipp), Reus, Wolf (46. Larsen) – Paco Alcacer. Tore: Larsen, Alcacer, Reus

Spaß mit Favre

1. Bundesliga, 5. Spieltag / BVB 7 1. FC Nürnberg 0

Wann hat Borussia Dortmund eigentlich zum letzten Mal in der Bundesliga siebenmal getroffen? Sechs Tore haben sich mir in den vielen Jahren, die ich die Schwarz-Gelben verfolge, als eine Art Schwelle eingeprägt, die wir nie überschritten haben. Oder, liebe Statistiker?

Wie konnte es also dazu kommen, dass die Borussia gegen den sehr achtbar in die Saison gestarteten Aufsteiger zu dieser seltenen Ausbeute kam? Nun, wenn man mit einer derart konservativ-defensiven, nur auf Konter lauernden Taktik im Westfalenstadion antritt, darf man sich so gut wie keinen Fehler erlauben. Zunächst klappte das bei den Gästen ja trotz Rückstand noch leidlich, man war das eine oder andere Mal auch in der Dortmunder Hälfte. Aber sie forderten den BVB im Mittelfeld zu selten, sie hatten keine gefährlichen Außen wie Hoffenheim, die Präzision war zu niedrig und die Fehlerquote zu hoch.

Gut für uns! So konnte die Borussia eine beeindruckende Leistungsschau abliefern. Und wem das zu sehr nach Business klingt: Das war super, das war elegant. Und mit Sicherheit auch Lucien Favre zu verdanken, der sich vor dem Spiel von Sky mal wieder die ewig gleichen Fragen nach Mario Götze anhören musste. Der war nicht im Kader, weil er im Moment schwächer spielt als die, die im Kader stehen. Punkt. Dass da so viele im Kader stehen, haben in erster Linie andere als der Trainer zu verantworten. Weiterlesen „Spaß mit Favre“