Kellerduell in Augsburg

BVB-Fans, die nach der Auftaktpleite gegen Leverkusen erst mal wieder Mut fassen müssen, sollten sich einfach Jürgen Klopps Pressekonferenz zum Freitagabendspiel in Augsburg anschauen (z.B. bei BVB Total). Die Niederlage hat den Trainer offensichtlich beschäftigt, so dass zwei seiner Grundtugenden besonders deutlich zutage traten: Einerseits ging er ins Detail und analysierte messerscharf, was in erfolgreichen Zeiten nicht in jeder PK der Fall ist. Andererseits hatte er genügend Zeit für Späßchen – ein Indiz für seine positive Haltung und die Lust am Fußball, die er immer wieder auf die Spieler zu übertragen versteht.

Nicht, dass alles plötzlich wieder zum Besten stünde. Von den zuletzt geschonten Spielern kehrte im Benefiz-Testspiel bei Waldhof Mannheim (4:0) nur Roman Weidenfeller ins Team zurück. Dortmunds Nummer 1 wird auch morgen im Kasten stehen. Adrian Ramos und Sven Bender nahmen gestern am Mannschaftstraining teil. Klopp konnte jedoch noch keine Auskunft zu ihrer Verfügbarkeit für Freitag geben. Auf Mats Hummels verzichtet der Trainer jedenfalls noch – die Abwesenheit des Weltmeister-Innenverteidigers wird mit muskulären Problemen begründet. Alle anderen Verletzten sind frühestens nach der Länderspiel-Pause ein Thema.

Taktisch führte Klopp sehr nachvollziehbar aus, dass ein ‚flaches‘ 4-4-2-System zwar defensive Stabilität verleihen kann, die Borussia aber (derzeit) nicht unbedingt die passenden Spieler dafür hat. Um die zentral offensiv starken Spieler wie Reus oder Mkhitaryan bestmöglich zur Geltung kommen zu lassen, dürfte er erneut auf eine 4-4-2-Raute mit nur einem defensiven Mittelfeldspieler oder das 4-2-3-1 der letzten Saison setzen. Matthias Ginter könnte unter Umständen wie in Mannheim auf der ‚6‘ zum Einsatz kommen – wenn Neven Subotic als fit und spielstark genug für die Innenverteidigung erachtet wird.

Der FC Augsburg hat in der Bundesliga einen ebenso schlechten Start wie die Schwarz-Gelben hingelegt, sich aber bereits aus dem Pokal verabschiedet – beim Regionalligisten 1. FC Magdeburg. Nach den derzeitigen Eindrücken könnte dem Überraschungsteam der Vorsaison ein tiefer Fall drohen, doch Trainer Markus Weinzierl wurde damals ja nicht umsonst gelobt. Es wird darauf ankommen, wie schnell er die schmerzenden Abgänge von unter anderem André Hahn und Matthias Ostrzolek kompensieren und die insgesamt hohe Zahl neuer Spieler integrieren kann. Halbwegs prominente Ausfälle gibt es in Jan Moravek und Alexander Esswein nur zwei.

Dennoch: So wie der erste Spieltag der denkbar ungünstigste Zeitpunkt war, um auf Leverkusen zu treffen – auch Klopp merkte das in der PK an – so ist doch dieser kommende zweite Spieltag vielleicht ein idealer Termin, um nach Augsburg zu fahren. Beim BVB stimmt noch vieles nicht, aber aus dem bayerischen Schwaben ein paar Punkte mitzunehmen, scheint derzeit alles andere als unmöglich. Dort könnte es übrigens ein Wiedersehen mit Mittelfeldspieler und Ex-Borusse Markus Feulner geben, der einer der neun Neuen ist. Ich freue mich drauf, aber vor allem auf ein tolles Freitagabendspiel!

Nürnberg on ice

Eiskalte Temperaturen bis in den zweistelligen Minusbereich sind für das Freitagabendspiel der Fußball-Bundesliga angekündigt. In den Medien macht man sich Gedanken über die Auswirkungen, über Funktionsunterwäsche und Spielkultur. Auch die Länge der Winterpause wird mal wieder diskutiert. Die beteiligten Trainer nehmen es dagegen, wie es kommt. Jürgen Klopp wollte bei der heutigen Pressekonferenz zum Spiel in Nürnberg nichts Spektakuläres in den Witterungsbedingungen sehen und ging lieber auf jene Dinge ein, die er und seine Spieler beeinflussen können.

Personell hatte er keine Hiobsbotschaften zu verkünden. Die leicht angeschlagenen Kevin Großkreutz und Lucas Barrios werden bis Freitag wieder Mannschaftstraining absolvieren und mindestens im Kader stehen, wenn nichts dazwischenkommt. Mats Hummels ist trotz des humpelnden Abgangs vom Samstag nicht verletzt. Nur Mario Götze weilt im Urlaub und hat hoffentlich das Telefon ausgeschaltet, wie es Klopp forderte. Die Personalentscheidungen, die der Trainer verkündete, hatten nichts mit Verletzungen zu tun und kamen nicht völlig überraschend: aufgrund der Wechsel von Mohamed Zidan und Damien Le Tallec werden Terence Boyd aus der zweiten Mannschaft und Marvin Duksch von den A-Junioren „näher an das Team rücken“. Sie sollen gelegentlich mit der Bundesligamannschaft trainieren und im Notfall zum Einsatz kommen.

Das Spiel in Nürnberg könnte zu einem Geduldsspiel werden, wenn auch nicht wegen der Kälte. Die Gastgeber, die im eigenen Stadion in dieser Saison eine ausgeglichene Bilanz haben, wollen vorsichtig starten – wie mittlerweile fast alle BVB-Gegner. Ob den Schwarz-Gelben noch mal eine so dominante Anfangsphase wie gegen Hoffenheim gelingt, die zwangsläufig in ein Tor münden musste, ist fraglich. Die Franken scheinen defensiv disziplinierter zu sein, mit der Innenverteidigung Maroh – Wollscheid kassierten sie in den beiden Rückrundenspielen nur ein Gegentor. Für die Borussen könnte es auf dem Feld ein Wiedersehen mit Markus Feulner geben – ob er noch mal rechts hinten aufläuft wie in Hannover ist eine andere Frage. Einiges spricht zudem für eine Rückkehr des besten Torschützen Tomas Pekhart in die Startelf.

Von der Qualität her müsste der BVB dieses Spiel gewinnen, zumal Dauerkämpfer Javier Pinola und Neuzugang Hanno Ballitsch den Nürnbergern zwar bald wieder zur Verfügung stehen, jedoch noch nicht übermorgen. Doch dann müsste ja der FC Bayern auch jede Partie gewinnen. Einstellung und Konzentration werden wie immer und gerade wegen der widrigen Bedingungen eine wichtige Rolle spielen. Heiße Herzen trotz kalter Füße sind gefragt.

Nicht länger stille Reserve: Feulner verlässt den BVB

Markus Feulner ist einer der wenigen Spieler, die unter Jürgen Klopp nie eine echte Chance bekommen haben. Egal ob Sven Bender oder Nuri Sahin fehlte – es fand sich immer eine Lösung ohne den 29-jährigen. Zuletzt zog der Trainer Toni da Silva auf der offensiven 6er-Position vor. Aus der Entfernung gibt es an diesen Entscheidungen nichts zu kritisieren – Klopp sieht die Spieler schließlich beinahe täglich. Feulner ist nicht der erste Back-Up-Spieler, dem dieses Schicksal widerfährt, obwohl er sich scheinbar nichts hat zu Schulden kommen lassen. Er sagt, es sei eine „lehrreiche Zeit“ in Dortmund gewesen und hat seine Lehre gezogen: Ab der kommenden Saison spielt Feulner für den 1.FC Nürnberg. Die Ablöse soll 250.000 Euro betragen, der Vertrag wird in den nächsten Tagen unterschrieben.

Es ist immer ein bisschen bedauernswert, wenn ein Spieler, der noch dazu zeitweise verletzt war, so wenig Chancen bekommt. Ändern lässt es sich in der heutigen Zeit mit ihren vergleichsweise großen Kadern nicht so einfach. Angesichts des Erreichten wird sicher niemand Jürgen Klopp einen Vorwurf machen. Meinen Respekt und meine Anerkennung hat ein ruhiger ‚Reservespieler‘ wie Markus Feulner auf jeden Fall. Viel Glück in Nürnberg, Markus!

Wir sind Champions League! Und nun?

Es gibt für einen deutschen Fußballverein nichts Schöneres und Wichtigeres als Deutscher Meister zu werden, egal was manche Beteiligte sagen. Höchstens der Rekordmeister kann es sich leisten, für maximal ein Jahr die Champions League in den Vordergrund zu stellen. Auf die Arbeit von BVB-Sportdirektor Michael Zorc hat die Frage, ob die Borussen den nationalen Titel holen oder nicht, jedoch keinen großen Einfluss. Seit die Teilnahme an der Champions League feststeht, kennen die Vereinsverantwortlichen die finanziellen Eckdaten für die kommende Saison, die sich nur noch durch Spielerverkäufe erheblich verändern könnten. Eine mögliche Meisterprämie vom Sponsor oder die etwas höheren Einnahmen aus dem Fernsehgeld-Topf fallen dagegen kaum ins Gewicht.

Der BVB kann mit garantierten 20 Millionen Euro von der UEFA rechnen. Geschäftsführer Aki Watzke hat sich zur Verwendung der Einnahmen bereits geäußert. Zehn Millionen sollen für die Verstärkung des Kaders zur Verfügung stehen, fünf für Renovierung und Verbesserungen des Stadions und mit den restlichen fünf Millionen sollen Verbindlichkeiten abgebaut werden. Watzke sagt im Interview, dass die zehn Millionen für den sportlichen Bereich Ablösesummen und Gehälter umfassen. Es ist davon auszugehen, dass die Gehälter neuer Spieler komplett aus diesem ‚Topf‘ finanziert werden müssen, da die geplante Aufstockung des Gehaltsetats von 36,5 auf 40 Millionen Euro allein durch Vertragsverlängerungen und die damit verbundenen Gehaltsanhebungen absorbiert werden wird. Wie schon angedeutet können nur Transfererlöse den Spielraum erheblich erweitern.

Die Planung der Herren Watzke, Zorc, Klopp, Treß etc. ist solide und ich stehe voll dahinter. Wenn wir eins in den letzten 15 Jahren gelernt haben, dann hoffentlich, dass wir keine unvernünftigen Dinge machen sollten, um zu den Großen Europas zu gehören. Selbst mit größeren Investitionen wäre die Borussia bei der ersten CL-Teilnahme seit Jahren in der Gruppenphase Außenseiter. Wir werden so gut wie sicher im vierten Lostopf landen und drei nach dem UEFA-Koeffizienten stärkere Gegner zugelost bekommen. In dieser Situation macht es am meisten Sinn, im wesentlichen der Mannschaft zu vertrauen, die die Qualifikation geschafft hat und auf eine Überraschung zu hoffen. Weiterlesen „Wir sind Champions League! Und nun?“

Knappe Mitte

Vor dem Bundesligaspiel gegen den VfB Stuttgart hat Borussia Dortmund die Gegenwart wieder eingeholt. Und die bringt Personalprobleme in dem Mannschaftsteil mit sich, in dem die Schwarz-Gelben als besonders gut besetzt galten. Neben Sebastian Kehl, Florian Kringe und Shinji Kagawa werden Jürgen Klopp auch die Mittelfeldspieler Sven Bender und Mohamed Zidan höchstwahrscheinlich fehlen. Die medizinische Abteilung des BVB scheint sich gegen einen Einsatz von Bender ausgesprochen zu haben, obwohl bei ihm ’nur‘ eine Innenbanddehnung diagnostiziert worden war. Ein Spiel Schonung ist allemal besser als eine schwerere Verletzung zu riskieren. Zidan ist noch durch einen Infekt außer Gefecht gesetzt und wird nur dann im Kader stehen, wenn eine „überraschende Besserung“ eintritt.

Fraglich bei eher positiver Tendenz sind Toni da Silva und Mario Götze, die an einem Virusinfekt respektive Bronchitis litten. Damit ist vor allem die Besetzung der zentralen Mittelfeldpositionen unklar und problematisch. Sven Bender ist nicht so einfach zu ersetzen, der Ex-Stuttgarter da Silva würde aber zumindest sehr motiviert in die Partie gehen. Fällt auch er aus, könnte tatsächlich Markus Feulner zu einem Einsatz von Beginn an kommen. In einem Trainingsspiel hatte er Jürgen Klopp überzeugt. Unwahrscheinlicher ist, dass Tamas Hajnal eine Chance auf der 10er-Position bekommt – obwohl das angesichts des Stuttgarter Interesses ja auch seinen Reiz hätte. Es ist jedoch stark davon auszugehen, dass entweder Götze oder Zidan spielen können. Selbst die Option mit Lewandowski würde der Trainer vermutlich präferieren.

Beim schwäbischen Abstiegskandidaten scheinen sie zumindest wieder Boden unter den Füßen zu spüren. Bruno Labbadia sind kleine Fortschritte geglückt, doch der Aufwärtstrend wirkt noch wenig gefestigt. Der BVB kann darauf hoffen, dass das Spiel im ausverkauften Westfalenstadion für die Stuttgarter noch zu früh kommt. Labbadia redete in der heutigen PK über das Spiel gegen Mainz und die Lehren daraus:

Wir hatten eine gute Grundordnung und haben nur sehr wenige Chancen zugelassen. Jetzt müssen wir noch dahin kommen, in Ballbesitz mutiger nach vorne zu spielen.

Ob das ausgerechnet in Dortmund gelingen wird? Das wird nicht unwesentlich davon abhängen, wie eingespielt sich das schwarz-gelbe Mittelfeld präsentiert. Die Schwaben haben eher in der Offensive Besetzungssorgen: Cacau wird sehr wahrscheinlich ausfallen, Marica und Harnik konnten zuletzt nicht (voll) trainieren. Aufpassen sollten wir aber auf Pavel Pogrebnyak, dem der erneute Trainerwechsel offensichtlich gut getan hat: Gegen die Bayern erzielte der Russe immerhin zwei Tore.

Dem Tabellenstand nach sollte der BVB das Spiel am Samstag gewinnen. Aber vergessen wir nicht, dass es sich um einen aktuellen Europa League-Teilnehmer handelt, der nur national etwas auf Abwege geraten ist. Wie schon angedeutet: Die Leistung unserer ’neuen Mitte‘ könnte entscheidend sein.

Vor dem Start III: Das Mittelfeld

„Any Given Weekend“ beleuchtet in einer fünfteiligen Serie den Stand der Dinge bei Borussia Dortmund kurz vor dem Saisonstart am 14. August in Burghausen. Ich nehme dafür die verschiedenen Mannschaftsteile unter die Lupe – unter besonderer Berücksichtigung von deren Konkurrenzfähigkeit in der Bundesliga. Daraus leitet sich die Saisonprognose ab, mit der die Serie schließt.

Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive Meisterschaften. Und im Mittelfeld wird auch häufig das Spiel entschieden. Wie will man diese ‚Weisheiten‘ jetzt zusammenbringen? Ohne Zweifel hat sich im modernen Fußball die Bedeutung des Mittelfeldes drastisch erhöht. Ballkontrolle und das Erarbeiten bzw. Erspielen von Chancen sind in der Regel von dessen gelungener Besetzung abhängig. Gerade in der Bundesliga, in der es wenige allzwecktaugliche Außenverteidiger gibt. Der Übergang zum Sturm ist häufig fließend. Im immer noch populärer werdenden 4-2-3-1-System setzt sich die offensive Dreierkette häufig aus flexiblen Offensivspielern zusammen, die im Idealfall torgefährlich, kreativ und dribbelstark sein sollen und wenn möglich noch gute Flanken schlagen können.

Bei Borussia Dortmund gibt es solche Spieler ebenfalls. Bezeichnenderweise werden Kevin Großkreutz, Shinji Kagawa und Mohamed Zidan auf der Website des Vereins als Stürmer geführt. Jürgen Klopp und Michael Zorc haben mit Kagawa, Lewandowski und Piszczek drei Spieler verpflichtet, die bevorzugt oder ersatzweise im (erweiterten) Mittelfeld eingesetzt werden können. Der BVB ist in diesem Bereich somit quantitativ sicherlich gut besetzt. Aber wie stark wird die neue Mitte sein? Klopp hat die Spielkontrolle und das schnelle Umschalten auf Offensive als die Punkte erkannt, in denen die Mannschaft noch steigerungsfähig ist.

Es bestehen kaum Zweifel daran, dass das defensive Mittelfeld der Schwarz-Gelben top besetzt ist. Sebastian Kehl und Sven Bender konkurrieren um die defensiver ausgerichtete Position. Bender hat sich in der letzten Saison erstaunlich stabil gezeigt. Kehl muss nach andauernden Verletzungsproblemen wieder zu seiner alten Form finden. Sollte ihm das gelingen, dürfte er als Kapitän und wegen seiner Qualitäten als Impulsgeber vorerst gesetzt sein. Auf die Kombination mit Nuri Sahin kann man sich nur freuen. Nuri wird weiterhin den etwas offensiveren Part spielen und mit seiner Übersicht, dem Auge für den ‚tödlichen Pass‘, extrem wichtig für das Team sein. Die einzige Frage ist, wer ihn im Fall der Fälle ersetzen könnte. Natürlich kann man die Variante mit Kehl UND Bender spielen. Tamas Hajnal hat sich auf dieser Position in der letzten Saison nicht angeboten, auch Kevin Großkreutz wäre eine Notlösung. Bleiben noch die Herren Feulner und Kringe, deren Perspektiven unklar bzw. nicht vorhanden sind. Meiner Meinung nach sollte man mindestens einen von beiden als Back-Up behalten. Weiterlesen „Vor dem Start III: Das Mittelfeld“

Das letzte Heimspiel

Showtime in der Bundesliga. Am Samstag steigt die vorletzte Runde und für 2/3 der Vereine geht es noch um Triumph oder Rettung. Die Spannung wird unermesslich sein, wenn um 15:30 Uhr der Anstoß erfolgt. Landauf, landab werden Fußballfans im Stadion, in Kneipen oder zuhause vor dem Fernseher ein Ohr am Radio oder ein Auge auf dem Handy haben, um nichts Relevantes zu verpassen. Zwar ist für den Fan jedes Spiel spannend, aber die fiebrige Erwartung, die einen kurz vor Saisonende packt, die Eindrücke, die man an den letzten ein oder zwei Spieltagen sammelt, sind immer etwas Besonderes.

Der BVB bestreitet am Samstag sein letztes Saisonspiel im Westfalenstadion gegen den noch amtierenden Meister VFL Wolfsburg. Die Europa League ist den Schwarz-Gelben sicher; die Champions League wird erreicht, wenn alles gemäß folgender Modellrechnung läuft: Wir gewinnen zweimal, Bremen stolpert in Gelsenkirchen und Leverkusen in Gladbach. Das ist nicht völlig unwahrscheinlich, aber natürlich nichts weiter als ein Modell, das sich dem Realitätscheck stellen muss. Was übermorgen für wen spricht, habe ich diese Woche in Übersichtsform zusammengefasst.

Was für Dortmund spricht: Die Statistik gegen Wolfsburg ist deutlich positiv. 13 Siegen stehen nur 6 Niederlagen gegenüber. Der BVB ist letzte Woche auf den Erfolgsweg zurückgekehrt, wenn auch etwas glücklich. Wolfsburg hat dagegen die letzten Chancen auf das Erreichen eines internationalen Wettbewerbs verspielt und könnte die Saison entspannt ausklingen lassen. Nuri Sahin hat in Nürnberg gezeigt, dass die Maskierung ihn in seiner typischen Spielweise nicht behindert. Lucas Barrios traf nach kurzer Flaute gleich dreimal. Demgegenüber ist Wolfsburgs Topstürmer Edin Dzeko leicht angeschlagen, wird aber voraussichtlich spielen können. Zweifelhafter ist das beim ebenso wichtigen Spielmacher Misimovic. Auf jeden Fall fehlen wird Josue, eine der Stützen im defensiven Mittelfeld, nach seiner zehnten gelben Karte.

Was für Wolfsburg spricht: Die letzten beiden Rückrundenspiele gegen Wolfsburg, jeweils kurz vor Saisonende, hat der BVB verloren. Was auf einen möglichen Schwachpunkt hindeutet: Diese Mannschaft hat noch nicht bewiesen, dass sie dem Druck der Alles-oder-nichts-Spiele gewachsen ist. Wolfsburg spielt zwar nur noch um den bedeutungslosen Platz 7, aber der folgende Satz von Trainer Lorenz-Günther Köstner ist nicht von der Hand zu weisen:

Jetzt geht es schließlich auch darum, sich bis zum letzten Spieltag würdig zu erweisen, amtierender Deutscher Meister zu sein.

Sollte Dzeko spielen können, wird er natürlich bestrebt sein, sich noch die Torjägerkanone zu sichern. Dem BVB fehlen in Kehl und Bender gleich zwei defensive Mittelfeldspieler, von denen der eine darüberhinaus im Endspurt als Kapitän eine Vorbildrolle übernehmen könnte. Mögliche Ersatzleute haben auf der Position durchwachsene Leistungen gebracht (Hummels, Hajnal) oder es fehlt ihnen an Spielpraxis (Feulner).

Und wie gehts aus? Einen konkreten Tipp gebe ich öffentlich auch vor diesem Spiel nicht ab. Nach Abwägung der Fakten denke ich aber, dass viel für den BVB spricht. Köstners Wunsch ist das Eine, ob die Motivation wirklich reicht, eine andere Frage.

Mehr gerissene Muskelfasern

Nach Sebastian Kehl hat sich der zweite defensive Mittelfeldspieler des BVB, Sven Bender, einen Muskelfaserriss zugezogen. Kurz vor seinem 21. Geburtstag ist für ihn damit die erste, durchaus erfolgreiche Saison in Dortmund beendet. Für die Schwarz-Gelben ist das natürlich eine Hypothek. Kapitän Kehl wird möglicherweise in Freiburg wieder spielen können, jedoch nicht schon kommenden Samstag. Gegen Wolfsburg sollte unbedingt ein echter Defensivmann im Mittelfeld stehen, aber wer?

Option 1 ist die schon häufiger in dieser Saison erprobte Variante mit Mats Hummels auf der ‚6‘ und Felipe Santana als sein Ersatzmann in der Innenverteidigung. Das hat streckenweise ordentlich, meist jedoch mäßig funktioniert. Hummels kann vorne mit Kopfbällen und Weitschüssen gefährlich werden, beim Spielaufbau ist er jedoch noch zu sehr Verteidiger. Trotzdem wird sich Jürgen Klopp diese Variante überlegen, denn den kopfballstarken und schnellen Santana kann man bedenkenlos in die Abwehr stellen.

Option 2 ist ein Einsatz von Beginn an für Markus Feulner. Wenn der noch mal eine Chance bekommen soll – wann, wenn nicht jetzt? Das defensive Mittelfeld ist seine erklärte Lieblingsposition, unter Jürgen Klopp in Mainz hat er allerdings meistens woanders gespielt. Ob ihm Klopp die Position zutraut? Letztendlich kann das nur er aufgrund der Trainingseindrücke entscheiden. Ich selber finde es immer schade, wenn ein Spieler bei uns so gar keine Chance bekommt. Jetzt ist Feulner gesund und die Lücke in der Mannschaft da.

Option 3 ist verschollen. Man hört ganz wenig von Tinga in diesen Tagen. Vor den Spielen wird er auf der BVB-Homepage als „im Aufbautraining“ befindlich bezeichnet. Aber ist er überhaupt noch in Dortmund oder schon in Brasilien? Habe ich da etwas verpasst? Sicher ist, dass Tinga den Verein am Ende der Saison verlassen wird. Gesund wäre er im Moment aber eine weitere Alternative auf der fraglichen Position.

Gegen Wolfsburg so zu spielen wie in der zweiten Halbzeit in Nürnberg halte ich für riskant. Sahin ist nicht nur aufgrund seiner gebrochenen Nase ebensowenig ein Zweikampf-Spezialist wie Tamas Hajnal. Die beste Lösung wäre, Hajnal endlich auf der ’10‘ beginnen zu lassen und einen neuen Partner für Sahin im defensiven Mittelfeld zu finden. Noch hat Jürgen Klopp vier Tage Zeit zum Tüfteln.

24 Punkte

Es ist keine neue Erkenntnis: Fußball ist furchtbar – oder wunderbar – schnelllebig. Vor zwei Wochen dachten viele noch, Hannover würde sicher absteigen, Hertha sich bestimmt noch retten und Bayer Leverkusen doch den Anschluss an die Spitze verlieren. Heute, kurz vor dem 27. Spieltag, sieht das alles anders aus. Und am Montag? Die Rechnung ist einfach: 8 Spiele, noch 24 Punkte zu vergeben = da kann noch sehr viel passieren.

Bei „Any Given Weekend“ versuche ich, voreilige Schlüsse zu vermeiden, was auch mir bestimmt nicht immer gelingt. Eines war mir aber seit Wochen klar: Die Partie Borussia Dortmund v Bayer Leverkusen an diesem Samstag ist ein verdientes Topspiel, im Gegensatz zu einigen anderen Partien der letzten Wochen. Spielstarke Rheinländer mit Torjäger Kießling zu Gast bei engagierten Westfalen mit Torjäger Barrios. Sicher ist auch das nicht, denn der Einsatz unserer angeschlagenen Nummer 18 ist fraglich und wird sich erst heute oder morgen entscheiden.

Sollte auch die Rückkehr von Sven Bender platzen, der für den fragwürdigerweise gesperrten Nuri Sahin ins Team rücken könnte, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Jürgen Klopp wirklich vorübergehend zum 4-4-2-System zurückkehrt, womöglich mit Großkreutz, Kuba oder Rangelov als zweitem Stürmer neben Zidan. Die Alternative, Markus Feulner direkt nach seiner Verletzung als zweiten defensiven Mittelfeldspieler einzusetzen, wird Klopp eher nicht wählen. Weit sympathischer als diese beiden Lösungen wäre jedoch ein Duo Bender – Kehl auf den 6er-Positionen. Mein Gefühl sagt mir ja, dass sowohl Bender als auch Lucas spielen werden. 😉

Bei Leverkusen kann Papa Heynckes nahezu auf den vollen Kader zurückgreifen, nur der Langzeit-Verletzte Simon Rolfes steht nicht zur Verfügung. Jürgen Klopp stellt die BVB-Fans daher darauf ein, Geduld zu haben:

Wir brauchen keinen offenen Schlagabtausch, auch wenn es für uns ein Heimspiel ist. Ich bin mir sicher, dass unsere Zuschauer gegen solche Teams auch zuerst Ergebnisse sehen wollen.

Da hat Kloppo wie meistens Recht. Ich bin mir sicher, es wird trotzdem ein packendes Spiel.

1. Bundesliga, 14. Spieltag / TSG Hoffenheim 1 BVB 2

Aufgeriebene Nerven.

Die Aufstellung: Weidenfeller – Schmelzer, Hummels, Subotic, Owomoyela – Sahin, Bender – Großkreutz, Zidan (80. Feulner), Kuba (90. Santana) – Barrios. Tore: Kuba, Sahin (FE).

Das ist die wunderbare Welt des Fußballs. Nach einem desillusionierenden Spiel letzte Woche gegen Mainz gelingt dem BVB nun tatsächlich der Auswärtssieg in Sinsheim und aufgrund der übrigen Ergebnisse ist sogar der Anschluss an Platz 5 wiederhergestellt. Es war ein wahrhaft nervenaufreibendes Spiel, vor allem in der zweiten Halbzeit, aber nach dem guten Ausgang weiß man das dann zu schätzen. Sven Bender war wieder einsatzfähig und kehrte ins defensive Mittelfeld zurück, so dass Mats Hummels und Neven Subotic wieder das Erfolgsduo in der Innenverteidigung bilden konnten. Für den verletzten Nelson Valdez kam Kevin Großkreutz zu seinem ersten Einsatz von Beginn an.

Letzte Woche gegen Mainz wartete man über 90 Minuten vergeblich, gestern konnten die BVB-Fans schon nach zwei Minuten jubeln. Nach einem Ballverlust von Salihovic spielt Sahin den Ball auf Barrios, der sehenswert in den Lauf von Kuba weiterleitet. Der war zuletzt eher Chancentod als Vorbereiter oder gar Vollstrecker, aber gestern gelang ihm mit einem souveränen Schuss die Führung. In der Folge war Hoffenheim erwartungsgemäß die spielbestimmende Mannschaft, strahlte aber überraschend wenig Torgefahr aus. Natürlich lag das zu einem großen Teil an der Zweikampfstärke unserer neuen Traum-Innenverteidigung. Mats und Neven trugen erheblich mehr zur defensiven Stabilität bei als die Außenverteidiger Schmelzer und Owomoyela.

Nach vorne war das Spiel der Schwarz-Gelben auch gestern nicht so berühmt. Viele Angriffe werden nach wie vor durch ungenaue Pässe zunichtegemacht, aber das kann noch werden. Wenn das Spiel gestern für Kuba eine Initialzündung war oder wenn Nuri Sahin noch konstanter wird. Es ist aber erstaunlich, wie viele Ausfälle die Mannschaft durch Engagement und Leidenschaft wettmachen kann. Wir haben schließlich gegen ein Hoffenheim in Beinahe-Bestbesetzung gespielt. Diese Einstellung verkörpert der Trainer – das sollte man nach diesem tollen Sieg mal wieder betonen. Weiterlesen „1. Bundesliga, 14. Spieltag / TSG Hoffenheim 1 BVB 2“