Wie wertvoll ist Youssoufa Moukoko?

In Fan-Foren, in sozialen wie in anderen Medien tobt die Debatte über den Wert von Youssoufa Moukoko für Borussia Dortmund sowie über das Verhalten des Spielers und seiner Berater in den laufenden Vertragsverhandlungen. Die Diskussion bedarf der Versachlichung. Einen Beitrag dazu hat Sascha vom Fanzine Schwatzgelb.de geleistet. Aus seinem Text ergibt sich eine klassische Henne-und-Ei-Frage: Was war eigentlich zuerst da, die Unsummen und fragwürdigen Praktiken im Profifußball oder die „Gier“ der Spieler und Spielerberater? Für Sascha ist Moukoko ein Kind seiner Sozialisation ins große Fußball-Geschäft und verhält sich dementsprechend marktkonform. Zudem ist Youssoufa ja auch nicht durch und durch schwarz-gelb – der BVB holte ihn vielmehr im Sommer 2016 aus der Jugend des FC St. Pauli.

Nun sind wir Fans alle Menschen und erwarten wohl deshalb von einem Spieler, der auch ein Mensch ist, etwas Menschliches wie Dankbarkeit. Der Trugschluss dabei ist, dass wir uns von einem Angestellten eines Fußballvereins die gleiche Leidenschaft für seinen Arbeitgeber erhoffen, die wir Fans zu geben bereit sind. Das ist schlicht überzogen. Ein gewisses Maß an Dankbarkeit und Verbundenheit sollte man aber schon voraussetzen können, wenn ein Verein offensichtlich die Karriere eines Spielers gefördert und ihn nicht schlecht behandelt hat.

Die Crux an diesen Debatten über Vertragsverlängerungen, Zu- oder Abgänge ist fast immer, dass die genannten Summen nur Spekulation sind. Wir wissen nicht genau, welches Handgeld und welches Fix-Gehalt Youssoufa Moukoko und sein Berater fordern und wir wissen nicht genau, was die BVB-Verantwortlichen geboten haben. Deswegen können wir auch nicht genau beurteilen, ob die Forderungen von Spielerseite gerechtfertigt sind. Es ist jedoch legitim, sich ein Urteil über einen Spieler aufgrund von aussagekräftigen, unstrittigen Zahlen zu bilden. Daten und Statistiken gehören schließlich genauso zum modernen Profifußball wie Millionengehälter.

Moukoko im Torgefahr-Vergleich

Der wesentliche Faktor, um den es bei einem Stürmer wie Moukoko geht, ist natürlich die Torgefahr. Dabei fallen nicht nur die eigenen Treffer ins Gewicht, sondern auch die Vorlagen für Mitspieler. Ich habe mir also die Zahl der Tore und die der Assists von Youssoufa Moukoko angeschaut. Dabei habe ich mich auf die aktuelle Saison beschränkt, weil der aktuelle und mögliche künftige Leistungsstand wichtiger für die Verhandlungen sind als die Vergangenheit. Die drei praktikabelsten Werte zur Einordnung scheinen mir Minuten pro erzieltem Tor, pro Assist und pro Schuss aufs Tor zu sein. So werden die Leistungsdaten eines Spielers abhängig von seiner Einsatzzeit gemessen. Natürlich ist die Zahl der aufs Tor kommenden Schüsse allein kein Qualitätsmerkmal, denn es könnten ja auch lauter Schüsschen sein. Aber sie stellt einen Kontext her: Wie viele zielgerichtete Abschlüsse eine Mannschaft ihrem Angreifer ermöglicht oder dieser sich selbst erarbeitet, ist ein Indikator dafür, wie eingebunden ins Spiel er ist.

Zum Vergleich habe ich zehn weitere Spieler herangezogen: sechs klassische Stürmer aus der jüngeren Vergangenheit von Borussia Dortmund, inklusive Moukokos aktuellem Mitspieler Anthony Modeste, sowie vier aktuelle Offensivkräfte von Konkurrenzvereinen. Vincenzo Grifo und Sheraldo Becker sind momentan die Top-Torschützen vom SC Freiburg und von Union Berlin. Randal Kolo Muani (Eintracht Frankfurt) und Patrik Schick (Bayer Leverkusen) sind einfach Mittelstürmer mit sportlich klangvollen Namen.

Bei den BVB-Spielern habe ich ihre gesamte Zeit in der ersten Mannschaft von Borussia Dortmund ausgewertet; bei den aktuellen Angreifern aus anderen Vereinen aus Gründen der Vergleichbarkeit nur die laufende Saison (wie bei Moukoko). Selbstverständlich ist meine Spielerauswahl bis zu einem gewissen Grad willkürlich. Auch kann man für diesen Datenvergleich eine andere Methodik verwenden und wird womöglich zu anderen Ergebnissen kommen. Interessant sind die gewählten Daten jedoch allemal.

Quellen: Transfermarkt.de, Fotmob App

Analyse: Mouki kann vorlegen wie treffen

Offensichtlich fördert die Analyse unterschiedliche Aspekte zu Tage. Vergleicht man die Minuten, die Moukoko 2022/23 bis zu einem Torerfolg braucht, mit den Werten früherer BVB-Stürmer, so steht Youssoufa am schlechtesten da. Er benötigte mehr als zwei Spiele, um zu treffen. Wenig überraschend liegt hier Erling Haaland mit 84 Minuten vorne; etwas überraschender ist schon Paco Alcacers zweiter Platz (auch unter allen Verglichenen). Anzumerken ist, dass Moukoko der mit Abstand jüngste Spieler im Vergleich ist. Gegenüber den ausgewählten Offensivkräften anderer Vereine steht er besser da: Nur Vincenzo Grifo trifft mit 151 Minuten pro Tor schneller. Youssoufas aktueller Teamkollege Anthony Modeste ist dagegen Schlusslicht des Vergleichs – mit fast neuneinhalb Stunden bis zum Torerfolg.

Schaut man sich dagegen die direkten Torvorlagen, also die Assists für Mitspieler an, steht Moukoko deutlich besser da. Mit 198 Minuten pro Assist kommt er auf denselben Wert wie bei den eigens erzielten Treffern. Das reicht zu Gesamtplatz 2, hinter Frankfurts WM-Finalist Kolo Muani (155 Minuten). Gegenüber klassischen Mittelstürmern bietet „Mouki“ hier einen deutlichen Mehrwert: Erling Haaland brauchte 314 Minuten für eine Torvorlage, Pierre-Emerick Aubameyang 458 und Leverkusens Patrik Schick hat in dieser Saison noch gar keine vorzuweisen (wobei man bei Letzterem eine allgemeine Formschwäche und aktuell eine Verletzung konstatieren muss).

Potenzial ist Trumpf

Es bleibt festzuhalten: Youssoufa Moukokos Torabschlüsse sind noch ausbaufähig, seine Assists aber auf einem sehr guten Niveau für einen meist zentral eingesetzten Angreifer. Sein Potenzial und seine Teamfähigkeit unterstreicht der Wert in der rechten Spalte: Moukoko benötigt nur 54 Minuten, um einen zielgerichteten Schuss aufs Tor abzugeben. Diese Wertung führt Dortmunds Nummer 18 an; Kollege Modeste liegt auch hier ganz hinten. Die Daten von Ramos und Aubameyang sind in dieser Kategorie nicht vollständig, weil ihr Engagement länger zurückreicht. Der Statistik nach ist Youssoufa Moukoko also gut eingebunden ins BVB-Spiel – auch wenn sich regelmäßige Beobachter/innen natürlich an Szenen erinnern werden, wo er sich mal fest- oder verrennt.

Die Interpretation dieser Daten im Zusammenhang mit der aktuellen Vertrags- und Gehaltsdebatte überlasse ich weitgehend anderen – wie gesagt, mir ist das zu spekulativ. Für mich deuten die Zahlen auf ein Potenzial am oberen Ende der Bundesliga-Skala hin. Was das international für Moukoko bedeutet und welche Leistungsschwankungen noch kommen werden ist natürlich schwer vorherzusehen. Sollte die Borussia den Vertrag mit ihm um jeden Preis verlängern? Nein. Wäre sein Weggang leicht zu kompensieren? Wahrscheinlich nicht und schon gar nicht mit Blick auf sein Entwicklungspotenzial.

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