An der Anfield Road geht Dortmund nicht mit

Testspiel / FC Liverpool 4 BVB 0

Zum Ende der Saisonvorbereitung ist es für Bundesligisten Usus geworden, sich mit einem womöglich noch glamourösen Topgegner zu messen. Für Borussia Dortmund hat das in der Vergangenheit ergebnistechnisch manchmal funktioniert, manchmal nicht. Heute ist es mal wieder grandios daneben gegangen. Gegen einen FC Liverpool, der sich mit ein, zwei weiteren Verstärkungen in der Premier League durchaus einiges ausrechnen kann, sahen die Schwarz-Gelben beim 0:4 einfach schlecht aus.

Nach vorne fehlte im 4-1-4-1 der ersten Hälfte ebenso die Durchschlagskraft wie im späteren 4-4-2. Von Mkhitaryan und Ramos war ganz wenig zu sehen, vom bisher in der Vorbereitung überzeugenden Aubameyang auch nicht viel mehr. In der Zentrale mühte sich Milos Jojic, doch seine hin und wieder durchaus brauchbaren Pässe brachten letztendlich nichts ein, weil die Gastgeber an der Anfield Road ihren Gästen zeigten, wie eine richtig stabile Viererkette auszusehen hat.

Das, was in den letzten Testspielen noch sehr ordentlich ausgesehen und was ich gerade noch gelobt hatte – die BVB-Defensivabteilung – wurde vom englischen Topgegner teilweise richtig auseinander gespielt. Schnelle Seitenwechsel, kurze, knackige Pässe in die Schnittstellen – all das gelang den Reds und der Borussia nicht. Deutlich sichtbar wurde auch, was sich schon länger als roter Faden durch die Entwicklung der Schwarz-Gelben zieht: Das Flügelspiel stagniert offensiv wie defensiv; häufig sind wir da auch hinten zu offen, und das liegt wesentlich an den Außenverteidigern.

Heute Mittag funktionierte allerdings kaum etwas in der Viererkette, sobald die Reds Ernst machten. War das 0:1 durch Sturridge vor allem eine schöne Kombination der Gäste, fehlte beim 0:2 durch Lovren nach einem Eckball die Zuordnung – Langerak wurde in dieser Situation übrigens nicht gefoult. Das 0:3 verursachte Neuzugang Matthias Ginter gleich doppelt: Erst spielte er einen schlampigen Querpass, dann sah er gegen Coutinho schlecht aus. Das 0:4 war zwar vermutlich doppelt irregulär – zunächst Abseits und dann war scheinbar noch der Ball im Toraus – doch danach ließ sich Marcel Schmelzer zu leicht austanzen.

Von Dortmund kam trotz hohen Ballbesitzanteils fast nichts Zwingendes. Ciro Immobile sah in den zweiten 45 Minuten fast so verloren aus wie Adrian Ramos, brachte aber immerhin noch zwei Torschüsse zustande, von denen der eine halbwegs gefährlich abgefälscht wurde. Letztlich lag es aber weniger an den Stürmern als am viel zitierten letzten Pass, dass die Partie desolat endete.

Bleibt also die Debatte: Wie schlimm ist das jetzt und was sagt uns das? Klar fehlten beim BVB mehr wichtige Spieler als bei Liverpool. Gerade die Abwehr dürfte mit Mats Hummels und Neven Subotic schon bald wieder besser besetzt sein. Doch für mich bleiben Fragen hinter den Außenverteidigern. Dass ich bei Schmelzer keine Entwicklung sehe, habe ich schon öfter anklingen lassen. Und Lukasz Piszczek ist immer noch nicht auf dem Niveau wie vor seiner Verletzung.

Kommen wichtige Leute wie Reus, Gündogan, Kuba und Sahin zurück, muss einem um die Schwarz-Gelben trotzdem nicht bange sein. Doch was ist bis dahin? Die ersten Wochen, das mittelschwere Auftaktprogramm, könnten Punkte kosten. Man muss ja gar nicht immer an die Bayern denken, die bis auf Rafinha keine ernsthaft Verletzten haben. Im ersten Ligaspiel geht es gegen Leverkusen und eine Reihe von anderen Teams hatte ebenfalls eine weit weniger bruchstückhafte Vorbereitung. Viel Arbeit noch für Jürgen Klopp, der dazu vor allem übernächste Woche, nach Supercup und Pokal, noch etwas Zeit haben dürfte.

Eine weitere Meldung aus unserem schwarz-gelben Lieblingsverein besagt, dass Jürgen Klopp Mats Hummels zum neuen Mannschaftskapitän bestimmt hat. Die erwartete Wahl, die richtige Wahl also. Zu seinen Stellvertretern wurden Roman Weidenfeller und Marco Reus gemacht. Wollen wir hoffen, dass sie alle ähnlich lang an Bord bleiben wie der Vorgänger.

Die Aufstellung: Langerak – Piszczek (58. Großkreutz), Sokratis (81. Sarr), Ginter, Schmelzer (81. Knystock) – Kehl (46. Bender) – Aubameyang (71. Bandowski), Jojic (76. Amini), Kirch (46. Hofmann), Mkhitaryan (63. Ji) – Ramos (46. Immobile)

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