Schon wieder HSV

1. Bundesliga, 4. Spieltag / Hamburger SV 3 BVB 2

Vor gut einem Jahr verlor Borussia Dortmund zum letzten Mal in der Fußball-Bundesliga, damals mit 1:2 beim HSV. Nun ist es wieder passiert. 2:3, erneut beim HSV, allerdings bei dem aus Hamburg. 2011 wurde dem durchwachsen gestarteten BVB im Anschluss eine Krise eingeredet, die sich, wie wir alle wissen, nicht bestätigte. In diesem Jahr kam die Niederlage deutlich überraschender – schließlich hatte der Gegner bisher 0 Punkte auf dem Konto und lag auf Platz 17.

Ausnahmsweise will ich mich heute mehrmals selbst zitieren. Meinen Vorbericht. Mit der Niederlage habe ich nicht gerechnet, das vorweg. Das Hamburger Stadion habe seinen Schrecken für die Borussia verloren, behauptete ich. Vielleicht war genau das ein Grund für die Lässigkeit, mit der ein paar Spieler in entscheidenden Situationen zu Werke gingen. Jedenfalls ist man die gestern gezeigte Anzahl von Alibi-Aktionen und leichten Fehlpässen von den Schwarz-Gelben nicht gewohnt. Und leider hatten sie auch nicht die Warnung vor dem Zusammenspiel von Rafael van der Vaart und Heung-Min Son verinnerlicht, die sicher nicht nur ich ausgesprochen habe.

Die Gründe für die Niederlage, an die man sich erst mal wieder gewöhnen muss, waren jedenfalls weitestgehend hausgemacht. Das ist kein fehlender Respekt für die Gastgeber – die spielten das angesichts der Ausgangslage gut runter. Wirklich gefährlich wirkte aber fast ausschließlich das, was die schon erwähnten van der Vaart und Son produzierten. Und in der letzten halben Stunde hätte der HSV noch locker zwei oder drei Punkte verlieren können.

Schon bei der gestrigen Aufstellung des BVB darf man ein Fragezeichen setzen. Die Herausnahme von Kuba zugunsten von Ivan Perisic kann man aufgrund der bisher regelmäßigen Einsätze des polnischen und der zwei Tore des kroatischen Nationalspielers rechtfertigen – auch wenn der hart arbeitende und zielstrebige Kuba dem Dortmunder Angriffsspiel in der ersten Hälfte sicher nicht geschadet hätte. Deutlich weniger einleuchtend war die Startelf-Saisonpremiere von Moritz Leitner, der für die zentrale Position neben Kehl einfach (noch) nicht die nötige Zweikampfstärke mitbringt. Hier wäre der Saison-Einstand von Sven Bender vermutlich die bessere Wahl gewesen – es sei denn, es gab Fitness-Gründe, die dagegen sprachen.

Allen drei Gegentoren gingen am Samstag klar ersichtliche Fehler der BVB-Defensive voraus. Einen besonders gebrauchten Tag erwischte Mats Hummels. Klar, beim frühen 0:1 ließ sich die ganze Hintermannschaft von dem Konter des HSV, der guten Flanke van der Vaarts und dem flinken Son düpieren. Doch Hummels nutzloser Versuch, mit dem Bein an den Ball zu kommen, wirkte genau wie eine lässige Alibi-Aktion. In der zweiten Hälfte führte Mats‘ unnötiger Fehlpass zum Sololauf von Son, den dieser mit einem tollen Schuss zum 1:3 vollendete. Reine Spekulation natürlich, aber ohne diesen Fehler hätte vieles für mindestens einen Dortmunder Punkt gesprochen.

Denn die Abwehr des vormaligen Tabellen-17. war natürlich alles andere als unverwundbar. Das zeigte sich beim und vor dem Flankenlupfer von Perisic zum Ausgleich gut 20 Sekunden nach Wiederanpfiff. Und beim Anschlusstreffer zum 2:3, nur wenige Sekunden nach dem dritten HSV-Tor, war die Defensive der Gastgeber noch völlig desorganisiert, blieb nach dem missglückten Versuch, die Schwarz-Gelben abseits zu stellen, einfach stehen. Ivan hatte wenig Probleme, den Ball dann an Adler vorbeizuschieben.

Der Hamburger Torwart sah mit Ausnahme der einen Szene beim 1:1 klar besser aus als sein Gegenüber. Weidenfeller hatte zwar nur einen klaren Patzer dabei, aber auch nicht viel zu tun. Das 1:2 ging auf seine Kappe: Ilicevic konnte ins kurze Eck schießen, obwohl Weide gut platziert schien. Die Distanz war zwar nicht groß, aber etwas mehr als die komische Reaktion mit dem Ellbogen hätte die Dortmunder Nummer 1 schon zeigen können. Nachwirkungen des grippalen Infekts? Auch das ist natürlich reine Spekulation.

Klar ist: Das Dortmunder Spiel ließ viel zu wünschen übrig. Neben vermeidbaren Fehlern vermisste man gerade in der ersten Hälfte extrem ein effizientes Flügelspiel. Immer wieder rannten sich das offensive Mittelfeld und Lewandowski zentral fest, verloren die Bälle, bevor sie zum Abschluss kommen konnten. Auf der rechten Seite kam Reus nicht an die guten Leistungen von Kuba heran. Links gelang Perisic und Schmelzer weniger als die zwei Tore des Kroaten vermuten lassen.

Klar ist aber auch: Das wesentliche Problem war gestern die Chancenverwertung. Die Torschussbilanz (26:6) wurde von Jürgen Klopp schon kurz nach dem Spiel zitiert und es waren eine Menge Hochkaräter dabei. Mehrmals rettete Rene Adler die Hamburger – gegen einen Schuss von Leitner oder einen Freistoß von Perisic etwa. Auch gegen den eingewechselten Julian Schieber war der Keeper auf dem Posten, brauchte dafür allerdings nicht sein ganzes Können abzurufen. Es ist unglücklich für einen Ersatzstürmer, wenn er von der Bank kommt und dann eine Chance verstolpert wie der Ex-Stuttgarter. Doch immerhin war er nicht der einzige Unglückliche: Auch Kuba hätte treffen müssen und ob der Lupfer von Lewandowski kurz vor Schluss die richtige Entscheidung war, ist diskutabel.

Eine unglückliche Niederlage des BVB war es zweifellos. Sie kann im besten Fall wie ein Signal wirken, die fehlenden Prozente Konzentration bis zum nächsten Spiel wieder zu aktivieren. Obwohl das möglicherweise schon wieder zu viel Küchenpsychologie ist. Die Partie wird in jedem Fall gründlich aufgearbeitet werden – daran ließ Jürgen Klopp in seiner nüchternen, ehrlichen Analyse keinen Zweifel. Die Möglichkeit, den Ausrutscher bereits am Dienstag beim verlustpunktfreien Tabellenzweiten Frankfurt wiedergutmachen zu können, dürfte den Spielern nicht unrecht sein. Und den Fans erst recht nicht.

Die Aufstellung: Weidenfeller – Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer – Leitner, Kehl (63. Kuba) – Reus (63. Schieber), Götze, Perisic – Lewandowski. Gelbe Karte: Schmelzer. Tore: Perisic (2)

 

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