Doppel-Marco repariert Aussetzer

1. Bundesliga, 33. Spieltag / VfL Wolfsburg 3 BVB 3

Icon_spielbericht_newMit Nachdruck und der individuellen Klasse von Marco Reus hat Borussia Dortmund die eigenen Aussetzer aus einer schlimmen halben Stunde in der VW-Arena gerade noch so übertüncht und die zweite Saisonniederlage gegen den Autoclub verhindert. Es war abzusehen, dass die Schwarz-Gelben im Warm-Up zum Champions League-Finale am ehesten in dieser Partie schwächeln würden – auch wenn man gehofft hatte, es ließe sich vermeiden.

Der Vergleich mit dem FC Bayern zeigt, dass der Borussia in diesen Dingen noch ein wenig Routine fehlt. In diesen Wochen geht es ja nicht nur darum, sich würdig aus einer Bundesligasaison zu verabschieden, in der es kaum noch etwas Zusätzliches zu erreichen gibt. Ziel der Spieler ist es natürlich auch, körperlich unbeschadet nach Wembley zu kommen. Diese Diskrepanz zu überbrücken gelang den Münchenern gestern trotz eines zunächst ebenfalls mäßigen Spiels besser. Ein Grund dafür ist die höhere Qualität im Kader, die den Akteuren, die nicht regelmäßig spielen, keine Aussetzer erlaubt, wenn sie eine Chance bekommen. Der zweite Grund war natürlich die höhere Qualität im Kader des BVB-Gegners: Mit einem zweiten Sieg über den Meister hätten die Wölfe eine unbefriedigend verlaufene Spielzeit noch ein klein wenig versöhnlicher gestalten und ihre Minimalchance auf einen Europa League-Platz wahren können.

Zunächst war jedoch nicht zu ahnen, welch gruslige Vorstellung die Schwarz-Gelben abliefern würden. Zu Beginn des Spiels schenkten sich beide Seiten nichts und die Gäste wirkten zumindest im Mittelfeld präsent und engagiert. Schon in der 5. Minute lobbte Nuri Sahin einen Freistoß von Reus in den Strafraum und Sven Bender vollendete zu seinem ersten Tor seit 2011 – Robert Lewandowski war erst hinter der Linie ebenfalls noch am Ball. Leider gab dieser Treffer nur den Wölfen einen Schub und Vorbereiter Sahin erlebte für den Rest der Halbzeit einen kleinen Albtraum inklusive schwerer Fehler und verlorener Kreativität.

Natürlich musste König Fußball dafür sorgen, dass ausgerechnet Ivan Perisic seine beiden ersten VfL-Treffer gegen die Borussia erzielte. Schon bei seinem Ausgleich zum 1:1 sah die Deckung schlecht aus. Santana prallte zwar noch mit dem Neu-Wolfsburger zusammen, konnte das Tor jedoch nicht verhindern. Beim 2:1 war etwas Glück dabei, da Ivans Schuss aus etwa 17 Metern noch abgefälscht wurde, doch es war inzwischen ja auch der katastrophale Spielaufbau des BVB, der den Gastgebern die schnelle Wende ermöglichte. Beim 3:1 nach einer Ecke stand Naldo komplett blank. Es benötigte eine Portion Glück, dass es nach 45 Minuten nur 1:3 stand. Zur Halbzeit hätte man nicht nur Großkreutz und Bender herausnehmen können, wie es Jürgen Klopp tat. Neben Sahin wären auch Felipe Santana, Lukasz Piszczek oder Marco Reus Kandidaten gewesen.

Das Gute an der Borussia ist: Wir können Comebacks. Die Hoffnung auf ein solches hätte man höchstens begraben müssen, wenn den Wölfen vor der Pause tatsächlich noch ein viertes Tor gelungen wäre. Es war klar, dass Jürgen Klopp einen solchen Auftritt wie in der ersten Hälfte nicht auf sich und seinem Verein sitzen lassen wollen würde. Die eingewechselten Schieber und Blaszczykowski sorgten für neuen Zug. Der Stürmer behauptete die Bälle gut, doch sein Abschlusspech blieb ihm in der 58. Minute hold, als er mit einem Schuss aus etwa 15 Metern knapp vorbei zielte. Marcel Schmelzer war der Spieler, der Glauben und Willen in der zweiten Halbzeit am meisten verinnerlicht hatte und sich enorm steigerte. Erinnerte ein wenig an das Malaga-Spiel.

In der 77. Minute ersetzte Klopp Santana durch Leitner. Letzterer ist nicht für Effektivität bekannt und kein Favorit von mir, doch der Tausch war möglicherweise wenigstens das richtige Signal an die Mannschaft. Die Schlussoffensive führte allerdings vor allem durch die Qualitäten von Marco Reus zum Erfolg. Der lange enttäuschende Nationalspieler schnappte sich einen tollen Pass von Gündogan und überlupfte Wolfsburgs Keeper Benaglio. Der war erst aus seinem Kasten gekommen und hatte es sich auf halber Strecke anders überlegt. Und in der 88. Minute sorgte Reus wieder mal für späte gute Laune beim BVB – mit guter Ballbehauptung an der Strafraumgrenze und einem trockenen Schuss erneut knapp unter die Latte. Jürgen Klopps geballte Faust zeigte, dass der Punktgewinn dem Trainer viel bedeutete.

Selbstverständlich können der Jubel kurz vor Schluss und die Erleichterung über die vermiedene Blamage – das wäre eine Niederlage nach diesem Auftritt gewesen – nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Schwarz-Gelben zeitweise böse gepatzt haben. Man könnte argumentieren, dass selbst zwei Niederlagen gestern und kommenden Samstag wohl trotzdem Platz 2 bedeuten würden. Und dass sie vergessen wären, wenn der BVB am 25. Mai gewinnt. Andererseits sollte man nicht die Vorzüge eines positiven Laufs hinsichtlich des Selbstbewusstseins unterschätzen.

Es gibt ohnehin genügend Gründe, sich auf das letzte Saisonspiel gegen die TSG Hoffenheim noch mal voll zu konzentrieren. Schon ein Unentschieden würde genügen, um die Hopp-Kicker in die zweite Liga zu schicken. Und man muss nicht mal sonderlich altmodisch sein, um das gut zu finden. Es gilt allerdings, einen intelligenten Weg zu suchen, dem Erstligatreiben der Sinsheimer ein Ende zu setzen, denn dort greift man zu verzweifelten Durchhalteparolen. Sebastian Rudy kündigte gestern nach der Heimniederlage gegen den HSV an, in Dortmund werde es „Krieg geben“.

Die Aufstellung: Weidenfeller – Piszczek, Santana (77. Leitner), Hummels, Schmelzer – Bender (46. Schieber), Sahin – Reus, Gündogan, Großkreutz (46. Blaszczykowski) – Lewandowski. Gelbe Karten: Reus, Gündogan. Tore: Bender, Reus (2)

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