Vor dem Start III: Das Mittelfeld

„Any Given Weekend“ beleuchtet in einer fünfteiligen Serie den Stand der Dinge bei Borussia Dortmund kurz vor dem Saisonstart am 14. August in Burghausen. Ich nehme dafür die verschiedenen Mannschaftsteile unter die Lupe – unter besonderer Berücksichtigung von deren Konkurrenzfähigkeit in der Bundesliga. Daraus leitet sich die Saisonprognose ab, mit der die Serie schließt.

Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive Meisterschaften. Und im Mittelfeld wird auch häufig das Spiel entschieden. Wie will man diese ‚Weisheiten‘ jetzt zusammenbringen? Ohne Zweifel hat sich im modernen Fußball die Bedeutung des Mittelfeldes drastisch erhöht. Ballkontrolle und das Erarbeiten bzw. Erspielen von Chancen sind in der Regel von dessen gelungener Besetzung abhängig. Gerade in der Bundesliga, in der es wenige allzwecktaugliche Außenverteidiger gibt. Der Übergang zum Sturm ist häufig fließend. Im immer noch populärer werdenden 4-2-3-1-System setzt sich die offensive Dreierkette häufig aus flexiblen Offensivspielern zusammen, die im Idealfall torgefährlich, kreativ und dribbelstark sein sollen und wenn möglich noch gute Flanken schlagen können.

Bei Borussia Dortmund gibt es solche Spieler ebenfalls. Bezeichnenderweise werden Kevin Großkreutz, Shinji Kagawa und Mohamed Zidan auf der Website des Vereins als Stürmer geführt. Jürgen Klopp und Michael Zorc haben mit Kagawa, Lewandowski und Piszczek drei Spieler verpflichtet, die bevorzugt oder ersatzweise im (erweiterten) Mittelfeld eingesetzt werden können. Der BVB ist in diesem Bereich somit quantitativ sicherlich gut besetzt. Aber wie stark wird die neue Mitte sein? Klopp hat die Spielkontrolle und das schnelle Umschalten auf Offensive als die Punkte erkannt, in denen die Mannschaft noch steigerungsfähig ist.

Es bestehen kaum Zweifel daran, dass das defensive Mittelfeld der Schwarz-Gelben top besetzt ist. Sebastian Kehl und Sven Bender konkurrieren um die defensiver ausgerichtete Position. Bender hat sich in der letzten Saison erstaunlich stabil gezeigt. Kehl muss nach andauernden Verletzungsproblemen wieder zu seiner alten Form finden. Sollte ihm das gelingen, dürfte er als Kapitän und wegen seiner Qualitäten als Impulsgeber vorerst gesetzt sein. Auf die Kombination mit Nuri Sahin kann man sich nur freuen. Nuri wird weiterhin den etwas offensiveren Part spielen und mit seiner Übersicht, dem Auge für den ‚tödlichen Pass‘, extrem wichtig für das Team sein. Die einzige Frage ist, wer ihn im Fall der Fälle ersetzen könnte. Natürlich kann man die Variante mit Kehl UND Bender spielen. Tamas Hajnal hat sich auf dieser Position in der letzten Saison nicht angeboten, auch Kevin Großkreutz wäre eine Notlösung. Bleiben noch die Herren Feulner und Kringe, deren Perspektiven unklar bzw. nicht vorhanden sind. Meiner Meinung nach sollte man mindestens einen von beiden als Back-Up behalten.

Spannender wird die Besetzung des offensiven Mittelfelds und vor allem die Frage nach dessen Qualität. Bleibt Klopp beim bisherigen Spielsystem, sind drei Positionen zu besetzen, für die jeweils mehrere Spieler in Frage kommen:

Links: Großkreutz, Kagawa, Götze, (Hajnal)
Zentral: Kagawa, Hajnal, Zidan, Götze, Lewandowski
Rechts: Kuba, Großkreutz, Piszczek, (Zidan), (Kagawa)

Der Trainer hat also genügend Auswahl, muss aber die beste Variante erst mal finden. Nach den sehr guten Eindrücken aus den Testspielen könnte Shinji Kagawa zu Beginn eine feste Größe sein – links oder, noch besser, zentral. Die gleichen Positionen kann auch der noch jüngere Mario Götze spielen, dessen Durchbruch noch überraschender wäre, aber nicht mehr ausgeschlossen scheint. Robert Lewandowski wäre für die offensive Mittelfeldzentrale vor allem dann eine Option, wenn sich das System zwischen 4-2-3-1 und 4-4-2 bewegt, er also einen sehr offensiven 10er geben könnte, der fast wie ein zweiter Stürmer agiert. Diese Variante ist vor allem gegen Defensiven denkbar, die anfällig gegen lange Pässe von Sahin und Kehl oder Flanken von Kuba und den Außenverteidigern sind. Mohamed Zidan wird nach seiner hoffentlich baldigen Rückkehr und Genesung eine weitere Option für die ’10‘ sein.

Links und in der Zentrale hat der BVB mehrere interessante Möglichkeiten. Rechts hat Jürgen Klopp bisher vor allem Kuba und Großkreutz getestet, Piszczek kam verletzungsbedingt auf dieser Position noch nicht richtig zum Zug. Deshalb steht für mich auf dieser Seite das größte Fragezeichen. Bei Kuba deutet sich zwar eine erhöhte Dynamik an und der Wille, öfter aufs Tor zu schießen, war in den von mir verfolgten Testspielen zu sehen. Wie das jedoch in den Pflichtspielen aussehen wird, muss man abwarten. Großkreutz wird links oder rechts seine Spiele machen – ob weiterhin als Stammspieler, ist aber auch noch nicht sicher.

Ich bin mächtig gespannt auf das BVB-Mittelfeld 2010/11. Es hat das Potenzial, das große Plus des Teams zu werden, wenn wir von Verletzungen verschont bleiben und die Spieler annähernd ihr Können abrufen. In diesem Fall sehe ich es unter den Top 5 der Liga.

3 Kommentare zu „Vor dem Start III: Das Mittelfeld

  1. Von vielen Leuten muss jetzt einfach der nächste Schritt kommen.. Großkreutz kann sich nicht nur auf seine Pferdelunge verlassen und muss seinen Abschluß und die Technik verbessern.. Kuba muss endlich mal beweisen warum er damals in Polen „kleiner Figo“ genannt wurde.. Haynal sollte schleunigst mal zu alter Stärke zurückfinden und bei Markus Feulner fühl ich mich immer wieder an Federico erinnert.. Top in der 2.Liga, viele Tore plus Torvorlagen, ablösefrei zum BVB, doch leider ist dann die Luft raus..

    Wichtig wird werden die hohen Ballbesitzzeiten auch in konstruktive Aktionen umzusetzen und sich nicht stundenlang den Ball vorm Strafraum hin und her zu schieben.. Dafür bedarf es natürlich auch ein gewisses Maß an Spielintelligenz das durchaus bei einigen wie Sahin und Kagawa vorhanden ist..

    Bin morgen erstmal gespannt ob einige von unseren Jungs es schaffen den Traum von der U21 EM weiterleben zu lassen.. Hauptsache alle bleiben verletzungsfrei..

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  2. Gerade im Mittelfeld ist das Gute in dieser Saison, dass wir die Alternativen haben. Sowohl für Großkreutz, dem ich schon zutraue, wieder eine Menge von Spielen zu machen, als auch für Kuba, der sich wirklich steigern muss.

    Der Unterschied zwischen Feulner und Federico ist, dass Federico viel mehr Einsatzzeiten hatte. Feulners bevorzugte Position ist eben das Zentrum, was anderes traut ihm Klopp offenbar nicht zu. Er sollte es wissen, er sieht ihn regelmäßig im Training. Und im defensiven Mittelfeld hat Feulner extrem starke Konkurrenz – deswegen hat er noch keine echte Chance bekommen. Ist schon unglücklich für ihn gelaufen. Ich wünsche mir natürlich nicht, dass sich jemand verletzt, aber mich würde schon interessieren, was Feulner wirklich drauf hat.

    Wäre schön, wenn es was nützt, dass wir die vier für die U21 abstellen. Es sind ja nicht nur die vier, sondern insgesamt 13 Dortmunder, die zu irgendwelchen Länderspielen fahren. Bei den Bayern sind es nach deren lautstarken Beschwerden nur insgesamt sieben.

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